Bildende Kunst:Arbeiten wie im Atelier

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Im Projekt "Kinder treffen Künstler" entstehen in der Schule an der Klenzestraße 320 Ausstellungsstücke. Das fördert Selbständigkeit und Kreativität

Von Melanie Staudinger

Die einen beschäftigen sich mit Fossilien und erstellen Gipsabdrücke, die anderen basteln Mandalas mit Naturmaterialien. Eine dritte Klasse hat ein Daumenkino gestaltet. Wieder andere Schüler haben sich in Schwimmbewegungen abzeichnen lassen und das ganze zu einem lebensgroßen Poster zusammengebaut. Wer heute in die Klenzeschule im Herzen Münchens kommt, der sieht sogleich, dass hier alles im Zeichen der Kunst steht: Die Schüler basteln, malen und zeichnen fünf Tage lang mit echten Künstlern. Entstehen werden 320 Ausstellungsstücke. "Wir sind stolz über das Projekt, bei dem die ganze Schule mitmacht", sagt Organisatorin und Mutter Monique Kaiser.

Das Projekt heißt "Kinder treffen Künstler", verantwortlich dafür ist der Berufsverband Bildender Künstler München und Oberbayern. Je ein Künstler geht in eine Klasse und arbeitet mit den Kindern zu einem Thema. Vier Tage finden die Workshops im Klassenzimmer statt, an einem Tag besuchen die Mädchen und Jungen den Kreativen in seinem Atelier oder schauen sich mit dem Experten zusammen eine Ausstellung an, etwa im Lenbachhaus. "Die Kinder sollen die Lebenswelt der Künstler kennenlernen", sagt Rektor Martin Schmid. Und am 14. Juli werden sie selbst zu Profis: Die Schüler präsentieren auf dem Sommerfest ihre Werke. Dazu sind auch die Nachbarn eingeladen.

So verschieden kann Kunst sein: Die 2c geht strukturiert vor und ordnet natürliche Materialien symmetrisch zu Mandalas an. (Foto: Stephan Rumpf)

"Kinder treffen Künstler" gibt es seit 20 Jahren, jährlich findet das Projekt an drei bis vier Schulen statt. Im Juli wird der Berufsverband eine offizielle Kooperation mit dem Kultusministerium abschließen, er ist also fest etabliert in der Bildungslandschaft, die pädagogische Qualität ist unumstritten. Und doch ist jede Veranstaltungsreihe wieder eine große Herausforderung, die nicht jede Schule ohne weiteres meistern kann.

Problematisch ist die Künstlersuche, wie Sabine Ruchlinski, Geschäftsführerin des Berufsverbands, sagt. 650 Euro brutto erhielten diese für fünf Tage. "Das macht man nur aus Idealismus", sagt Ruchlinski. Von irgendetwas müssten die Maler, Bildhauer und Gestalter aber leben. Schwierig sei auch die Lehrerausstattung. "Wir wollen Hand in Hand mit der Schule arbeiten", sagt Ruchlinski. Aber Lehrer seien heute oftmals mit Vertretungsstunden, Elterngesprächen und anderen Aufgaben so eingespannt, dass sie kaum mehr Nerven für Sonderprojekte hätten.

320 Schüler, 15 Lehrer, 15 Künstler - ein Kunstprojekt mit diesen Dimensionen kostet zudem viel Geld. Fast 15 000 Euro, wie Kaiser berechnet hat. Den Betrag mussten die Eltern in Eigenregie auftreiben. Das Kultusministerium übernahm 7000 Euro, der Bezirksausschuss und der Förderverein der Schule steuerten jeweils weitere 15 Prozent bei. Die Eltern bezahlten zehn Euro pro Kind. Wer das nicht aufbringen kann, dem hilft der Elternbeirat. "Wir wissen ungefähr, welche Kinder Unterstützung brauchen", sagt Konrektorin Birgit Weiß. Die würden keine Rechnung bekommen, so würde niemand bloßgestellt.

In der Klasse 2a der Klenzeschule malen die Kinder völlig frei was ihnen gerade einfällt. Diese Unbeschwertheit und Fantasie könnten sich viele Erwachsene zum Vorbild nehmen. (Foto: Stephan Rumpf)

"Wir sind kein sozialer Brennpunkt", sagt Kaiser. Anders als in sozial schwächeren Vierteln könnten sich die meisten Familien im Glockenbachviertel den Betrag leisten. "Hier haben wir eher das Problem, dass den Eltern die Zeit fehlt und die Kinder daher keinen Zugang zu Kunst haben", erklärt Kaiser. Dabei ist kreative Arbeit sehr wichtig für die kindlichen Entwicklung. Kinder lernten, wie sie selbständig arbeiten, dass es nicht auf das Ziel, sondern auf den Weg ankomme, dass auch mehrere Lösungen in Frage kommen. "Wenn Kinder zusammen etwas erleben, stärkt das ihr Gemeinschaftsgefühl in der Klasse", sagt Ruchlinski. Allerdings musste das Projekt an der Klenzeschule warten, bis die Übertrittszeugnisse in den vierten Klassen verteilt waren. So wichtig künstlerische Betätigung ist: In den gehobenen Vierteln Münchens achten die Eltern streng darauf, dass ihr Kind es aufs Gymnasium schafft.

© SZ vom 03.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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