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Bilanz: Zahl der Körperverletzungen steigt:Mehr Gewalt und Vandalismus

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In Zügen und auf Bahnhöfen steigt die Zahl der Körperverletzungen - die Täter sind meist jung und hochaggressiv. Das Bundespolizeiamt München zieht Bilanz für 2006.

Christa Eder

Im vergangenen Jahr hatte das Bundespolizeiamt München neben den alljährlichen Großereignissen Münchner Sicherheitskonferenz und Oktoberfest zwei zusätzliche Sondereinsätze zu bewältigen: die Fußballweltmeisterschaft und den Papstbesuch.

Sie erforderten zwar eine erheblich größere Polizeipräsenz, dennoch führten die beiden Events nicht zu einem signifikanten Anstieg der Straftaten. Während der vierwöchigen WM kam es sogar nur zu 87 "Fußballeinsätzen".

Der stellvertretende Leiter des Bundespolizeiamtes, Polizeidirektor Jürgen Mause, führte das gute Ergebnis auf die "uniformierte Präsenz an den Schwerpunkten" zurück: "Der präventive Einsatz vermittelte ein Sicherheitsgefühl bei der Bevölkerung und schreckte zugleich die meisten potentiellen Straftäter ab."

Relativ gering, etwa sechs Prozent, sei die Gesamtzahl der Straftaten das ganze Jahr über angestiegen. Bei den Ordnungswidrigkeiten waren es sogar nur vier Prozent mehr. Mause führt dies auf den "konsequent hohen polizeilichen Fahndungsdruck" zurück.

Das Bundespolizeiamt entspricht dem früheren Bundesgrenzschutz und ist vor allem für die Sicherheit von Flug- und Bahnreisenden verantwortlich. Die Beamten sind für das etwa 2500 Kilometer lange Streckennetz der Deutschen Bahn in Südostbayern und das 458 Kilometer lange S-Bahn-Netz im Großraum München mit insgesamt 300 Bahnhöfen und 220 Haltepunkten zuständig.

Die Bilanz auf der Schiene ist allerdings nicht ganz so rosig. Zwar seien leichte Sachbeschädigungen durch Sprayen und Kratzen sowie Schwarzfahrdelikte zurückgegangen, allerdings hätten die Vandalismusfälle zugenommen. Sie stiegen um fast ein Viertel auf 5100 an. Die Zerstörungswut richtete sich vor allem gegen das Mobiliar auf Bahnhöfen wie Fahrplankästen oder Bahnhofsuhren.

Banale Anlässe, hohe Aggressivität

Auch die Fälle von Gewaltdelikten in Zügen und Bahnhöfen seien erheblich angestiegen. Allein im vergangenen Jahr wurden im Raum München, Augsburg, Rosenheim, Kempten, Freilassing und Weilheim 430 Körperverletzungen registriert, 22 Prozent mehr als im Vorjahr. Besonders beunruhigend sei das junge Alter der Straftäter. Meist hätten die Auseinandersetzungen banale Anlässe bei hoher Aggressivität gehabt.

Allein 90-mal wurden Bundespolizisten angegriffen, 24 Prozent mehr als im Vorjahr. Die meisten Fälle ereigneten sich am Münchner Haupt- und Ostbahnhof sowie auf der S-Bahn-Stammstrecke. Die beiden spektakulärsten Fälle auf der Schiene waren die Sicherstellung eines Koffers mit fünf Kilogramm Heroin in einen Eurocity zwischen Kufstein und Rosenheim und die Festnahme eines mit internationalem Haftbefehl gesuchten Mordverdächtigen.

Etwa 270 gefährliche Eingriffe in den Bahnverkehr und mehr als 20 Störungen öffentlicher Betriebe bearbeiteten die Beamten im vergangenen Jahr. Häufig handelte es sich dabei um das "leichtsinnige, aber lebensgefährliche Bereiten von Hindernissen", wie abgelegte Steine auf Gleisen oder auch Menschen, die sich im Gleisbereich aufhielten. 138 Unfälle wurden auf Bahnanlagen gezählt, darunter 92 Todesopfer und 60 Verletzte.

Deutlich zugenommen haben auch die Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz: 67 Prozent mehr als im Vorjahr. Dies sei vor allem auf die stetig steigenden Passagierzahlen am Flughafen zurückzuführen, heißt es in der Bilanz. 30,8 Millionen Reisende flogen 2006 von oder nach München, das bedeutete durchschnittlich etwa 30000 Kontrollen täglich. Insgesamt wurden 500 Einreisende zurückgewiesen, 47 Prozent mehr als im Vorjahr.

Einen nicht unerheblichen finanziellen Beitrag, mehr als 350000 Euro, konnte die Bundespolizei den Gerichtskassen zuführen. Die Summe stammt aus Sicherheitsleistungen (Kautionen) sowie Buß- und Verwarnungsgeldern.

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Quelle:
SZ vom 23.2.2007
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