Bierkrug-Ausstellung:Wegwerfware wird Kulturgut

Bierkrug-Ausstellung: Kuratorin Margot Staffa präsentiert die Nachbildung eines ursprünglichen Keferlohers.

Kuratorin Margot Staffa präsentiert die Nachbildung eines ursprünglichen Keferlohers.

(Foto: Robert Haas)

Unhandlich, schwer - und heute Liebhaberstücke? Eine Ausstellung im Bier- und Oktoberfestmuseum zeigt die schönsten Keferloher.

Von Andreas Schubert

Einer Ausstellung einen Namen zu geben, der richtig rockt, ist nicht immer so einfach. Wie soll man zum Beispiel eine nennen, die sich mit Bierkrügen befasst, speziell mit grauen aus Steinzeug? Das Bier- und Oktoberfestmuseum hat sich einen griffigen Titel für seine neueste Ausstellung einfallen lassen: "Der Keferloher - ungebrochen cool", heißt die Sonderschau über traditionellen Bierkrug. Klingt vielleicht zunächst ein bisschen albern, denkt man sich. Kommt demnächst dann eine Sonderschau mit dem Titel "Der Zapfhahn - laufend sexy"?

Aber eigentlich trifft "ungebrochen cool" die Sache ganz gut. Denn der Keferloher ist ziemlich robust, hält das Bier länger frisch und fühlt sich in der Hand und am Mund besser an als ein Krug aus Glas. Florian Dering, der die Ausstellung zusammen mit Margot Staffa konzipiert und gestaltet hat, sieht darin auch einen möglichen Grund für den Erfolg der Oidn Wiesn, auf der er seit ihrer Gründung 2010 bis vergangenes Jahr engagiert war. In den Zelten dort gibt es Bier ausschließlich in Keferlohern.

Bierkrug-Ausstellung: Krüge im Miniaturformat sind derzeit im Bier- und Oktoberfestmuseum zu sehen..

Krüge im Miniaturformat sind derzeit im Bier- und Oktoberfestmuseum zu sehen..

(Foto: Robert Haas)

Dering bezeichnet es als "vollkommen irre Entwicklung", dass der Steinkrug jetzt wieder eine Renaissance erlebt. In den 1960er Jahren war er von der Wiesn und aus Biergärten verschwunden und durch den Glaskrug ersetzt worden, weil die Gäste sehen wollten, ob ihr Bier gut oder schlecht eingeschenkt ist.

Deshalb also die Ausstellung, in der etwa 100 verschiedene Krüge und diverse andere Exponate zu sehen sind. Sie gibt einen guten Einblick in die Geschichte des Kruges und des Trinkens an sich. So erfahren die Besucher, dass der original Keferloher eigentlich etwas anderes war als die Krüge, die man heutzutage so bezeichnet.

In der Ortschaft Keferloh bei Grasbrunn gab es früher einen großen Viehmarkt, zu dem bis zu 30 000 Besucher kamen. "Und da wurde wahnsinnig viel Bier getrunken", erzählt Dering. Im 19. Jahrhundert schuf man deshalb eigens einen Krug aus Münchner Ton, der billig sein sollte und deshalb nur innen glasiert und entsprechend instabil war. "Das war eines der ersten Einwegprodukte", sagt Dering.

Nicht stabil, nicht griffig - aber individuell

Deshalb ist heute auch kein Original erhalten. Im Jahr 2000 stießen Archäologen bei einer Grabung bei Grasbrunn auf unzählige Scherben, anhand derer der originale Keferloher rekonstruiert wurde. Der fasste übrigens eine bayerische Mass, die bis zur Einführung des metrischen Systems und der Vereinheitlichung der Hohlmaße mit der Reichsgründung 1871 genau 1069 Kubikzentimeter fasste.

Danach bekam die Mass das Ein-Liter-Maß. Von Mitte des 19. Jahrhunderts an setzte sich der Name Keferloher für den stabileren Steinzeugkrug durch, der traditionell im Westerwald gefertigt wird. Dort gab und gibt es reiche Tonvorkommen.

Die ausgestellten alten Krüge haben seltsam kleine Griffe, die ganz oben befestigt waren und durch die nur zwei Finger passten. Richtig griffig waren sie nicht. Der handgezogene große Griff etablierte sich erst später. Die Krüge erzählen einiges über das traditionelle Handwerk der Krugherstellung. Früher wurden sie noch von Hand getöpfert, was man gut an den Spuren an der Unterseite des Keferlohers sehen kann. Und weil viele Bayern aus hygienischen Gründen einen eigenen Krug hatten und individuell gestaltet haben wollten, ließen sie ihren Keferloher mit einem Zinndeckel vom örtlichen Zinngießer verzieren.

Von Bierheiligen und Schnauzbartträgern

Im Museum sind unterschiedlichste Bilder auf den Deckeln zu sehen. Vom Bierheiligen Gambrinus bis hin zu Fischerei- oder Jagdmotiven. Von Flohmärkten und Trödlern hat das Museum auch einige alte Brauereikrüge zusammengetragen, die aus der noch heute bestehenden Steinzeug-Manufaktur Schilz im Westerwald stammen. Darüber hinaus sind auch vergrößerte Postkarten und Fotografien ausgestellt, die Münchner Biertrinker zeigen - und damals das Klischee vom dickbäuchigen, rotbackigen Schnauzbartträger mit Gamsbarthut festigten.

Der Keferloher ist für die Macher der Ausstellung Teil der bayerischen Kulturgeschichte - auch wenn so manche Darstellung aus humoristischen Gründen ein wenig übertrieben ist. Auf einem "Gruß vom Oktoberfest" aus dem Jahr 1902 etwa sieht man einen von Dutzenden Masskrügen umringten Trinker, der staunend von Auswärtigen begafft wird. Interessant sind auch Bilder wie ein Foto von Krugwäscherinnen auf dem Nockherberg aus dem Jahr 1951. Damals säuberten sie die Krüge noch per Hand in großen Bottichen, den sogenannten Brenten - Hygienekontrolleuren des KVR würde es heute bei so einem Anblick schlecht.

Touristen, vor allem aus den USA, lieben den "Stein" als Souvenir. Die allermeisten Steinzeug-Krüge, die es heute zu kaufen gibt, stammen allerdings aus Fernost, vor allem aus China. Doch noch immer gibt es etwa mit der Firma Schilz oder der Firma Ströder im Westerwald auch deutsche Hersteller. Ströder etwa fertigt die Wiesnkrüge der Festwirte und den offiziellen städtischen Wiesnkrug. Schilz-Krüge gibt es zum Beispiel im Hofbräuhaus.

Die Ausstellung "Der Keferloher - ungebrochen cool" im Bier- und Oktoberfestmuseum (Sterneckerstraße 2) ist bis 20. Februar 2016 zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag, 13 bis 18 Uhr.

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