Bezirkstagswahl:Was Bezirksräte antreibt

Sie arbeiten im Schatten der Landespolitik. Doch für die Münchner ist ihr Engagement oftmals viel wichtiger. Ein Überblick über die Themen des Bezirkstags.

Protokolle von Melanie Staudinger

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Museumsforum

Bezirkstag, Bezirksräte CSU vor Zentrale in der Prinzregentenstraße 14

Quelle: Florian Peljak

Barbara Kuhn (CSU), Historikerin: "Mir ist die Förderung von Kultur-, Heimat-, Volksmusik- und Denkmalpflege besonders wichtig. In den vergangenen fünfzehn Jahren habe ich mich vor allem für die Einrichtung eines Museums für Arbeiter- und Industriekultur in Oberbayern eingesetzt. Wir haben einen interfraktionellen Arbeitskreis gegründet und sehr lange nach einem geeigneten Standort für unser Vorhaben gesucht. Jetzt haben wir einen gefunden: Auf dem Areal der ehemaligen MD-Papierfabrik in Dachau könnte ein ganzes Museumsforum entstehen, in dem auch unser Vorschlag Platz finden würde. Derzeit gibt es schon eine Wanderausstellung ,Hartes Brot - Gutes Leben?', die unter meiner Federführung ehrenamtlich erstellt wurde. Es freut mich sehr, dass es ein dauerhaftes Museum geben wird."

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Jugendpsychiatrie

Bezirkstag, Bezirksräte CSU vor Zentrale in der Prinzregentenstraße 14

Quelle: Florian Peljak

Rainer Großmann (CSU), Medizinphysiker in Rente: "Die Umstrukturierung der Bezirkskrankenhäuser und ihre Anbindung an somatische Krankenhäuser habe ich vom ersten Tag an unterstützt. Ich bin stolz, wie gut sich die Heckscher Klinik, also unsere Kinder- und Jugendpsychiatrie, entwickelt hat. Die Klinik hat besonders in den vergangenen Jahren enorm viel geleistet und sich zu einem Leuchtturmprojekt entwickelt. Die Einrichtung hat sich sehr verdient gemacht bei der Aufnahme und Betreuung unbegleiteter, minderjähriger Flüchtlinge mit Gewalterfahrung. Alle, die Hilfe benötigt haben, konnten aufgenommen werden. Kein einziges deutsches Kind musste dabei hinten anstehen. Ich setzte mich auch weiter dafür ein, dass die Klinik die benötigten Betten und Plätze bekommt, damit sie ihre Aufgaben erfüllen kann."

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Dialektförderung

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Quelle: privat

Christina Hörl (SPD), Verwaltungsangestellte: "Mir ist es ein Anliegen, den bayerischen Dialekt zu fördern. Das ist auf dem Land weniger ein Problem, in München aber muss man befürchten, dass der Dialekt irgendwann in Vergessenheit gerät. Natürlich sollen die Kinder weiter hochdeutsch lernen, aber es wäre schön, wenn sie in der Schule traditionelle Volksmusiklieder singen. Dafür wollen wir vom Bezirk uns einsetzen. Wichtig ist gerade in München auch, dass wir mehr Wohnraum für psychisch Kranke schaffen. Der Wohnungsmarkt ist so angespannt und diese Menschen tun sich doppelt schwer bei der Suche. Wenn sie nichts finden, müssen sie weiter in einer Betreuungseinrichtung bleiben, obwohl sie eigentlich selbstbestimmt wohnen könnten. Gleichzeitig belegen sie einen Platz, den jemand anders benötigen würde."

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Popkultur

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Quelle: privat

Sylvio Bohr (Grüne), Jugendreferent: "Mein Steckenpferd ist die Kulturpolitik. Vor einigen Jahren ist es uns gelungen, einen Popbeauftragten für ganz Oberbayern zu installieren, der in München sitzt. Er kümmert sich um Bandübungsräume und um die Weiterbildung junger Musiker. Er berät Künstler bei Veranstaltungen, beim Booking, bei der Organisation oder wie sie mit einfachen Mitteln professionell Musik aufnehmen können. Als Grüne haben wir zudem im vergangenen Jahr vorgeschlagen, dass die Spider Murphy Gang zu ihrem 40-jährigen Band-Bestehen mit dem oberbayerischen Kulturpreis ausgezeichnet worden. Das haben die anderen Parteien mitgetragen - und genau das zeichnet den Bezirkstag aus: Es geht um Sachthemen, nicht um Parteipolitik. Wir arbeiten trotz aller Diskussionen sehr kooperativ zusammen."

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Bürokratieabbau

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Quelle: privat

Barbara von Baudissin-Schmidt (FDP), Osteopathin: "Pflege ist aus meiner Sicht ein entscheidendes Thema für die zukünftige Entwicklung des Zusammenhalts unserer Gesellschaft. Bei der Übernahme der Hilfe zur ambulanten Pflege durch die Bezirke möchte ich erreichen, dass das Zuständigkeitsgewirr und die damit verbundene Bürokratie nicht länger auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen wird, sondern der Bürger als Berechtigter nur noch einen Ansprechpartner hat. Gerade in München mit seinen enormen Lebenshaltungskosten ist es eine schwierige Zeit für Pflegebedürftige, ein Leben in gewohnter Umgebung vollenden zu können. Hier sehe ich die Gefahr, dass eine Abbildung der Gesellschaft auch mit seinen Pflegebedürftigen nicht mehr ohne weiteres umgesetzt werden kann. Dafür möchte ich mich jedoch einsetzen."

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Pflege

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Quelle: Sabine Reidinger/oh

Beate Meyer (CSU), Juristin: "Ich sitze unter anderem im Sozial- und Gesundheitsausschuss des Bezirkstags. Der Bezirk muss das Bundesteilhabegesetz umsetzen, das heißt, dass neben den Hilfen zur stationären Pflege auch die Hilfen für die ambulante Pflege vom Bezirk übernommen werden. Was also vorher bei den Landkreisen und kreisfreien Städten, also im Fall der Stadt München beim Sozialreferat angesiedelt war, liegt nun in der Verantwortung des Bezirks. Dadurch haben die Betroffenen den Vorteil, dass sie nur noch einen Ansprechpartner haben und müssen nicht mehr bei mehreren Ämtern Anträge stellen. Diese ,Pflege aus einer Hand' wird durch regionale Pflegestützpunkte mit Beratung - unterstützt durch Beteiligung der Krankenkassen, Kommunen oder Träger der Wohlfahrtspflege - und einer Pflegebörse realisiert."

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Inklusion

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Quelle: privat

Helga Hügenell (SPD), Projektleitung internationaler Kinderzirkus Trau dich: "Mein Hauptthema ist die Inklusion in allen Lebenslagen. Das beginnt bei Eingliederungshilfen des Bezirks, geht aber für mich weiter. Wir brauchen mehr Sonderpädagogen in den Regelschulen und mehr inklusive Angebote in der Jugendarbeit. Das Ziel ist es Bedingungen zu schaffen, welche es ermöglichen Menschen mit Einschränkungen direkt für den ersten Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Neben mehr bezahlbarem Wohnraum, brauchen wir auch mehr barrierefreien Wohnraum. Hier müssen auch private Bauträger gesetzlich in die Pflicht genommen werden. Barrierefreiheit in der Wohnung ist nicht nur für Menschen mit Einschränkungen notwendig, sondern kann durch Unfall oder im Alter für uns alle lebensentscheidend werden."

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Krisenhotline

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Quelle: privat

Friederike Steinberger (CSU), stellvertretende Bezirkstagspräsidentin: "Wir haben im vergangenen Jahr in Oberbayern als erster Bezirk einen Krisendienst eingerichtet. Menschen, die sich in einer Krise befinden, können bei der Hotline unbürokratisch anrufen. Eine Fachkraft berät und vermittelt den Anrufer weiter an unser mobiles Team, in eine stationäre Unterbringung oder zu einem anderen Hilfsangebot. Das Angebot wird sehr gut angenommen, weil es sehr niedrigschwellig ist. Vor zwei Wochen hat der Bezirkstag beschlossen, das Projekt auszuweiten. Die Leitstelle wird künftig 24 Stunden besetzt sein. So wollen wir Menschen in Krisensituationen und deren Angehörigen noch besser helfen. Bisher mussten die sich nachts vor allem an die Polizei oder den Rettungsdienst wenden - das stellte eine hohe Hürde für viele da."

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Krankenhäuser

Bezirkstag, Bezirksräte CSU vor Zentrale in der Prinzregentenstraße 14

Quelle: Florian Peljak

Ingeborg Linder (CSU), Diplom-Verwaltungswirtin: "Mir war extrem wichtig, dass wir die Bezirkskrankenhäuser in Kommunalunternehmen umgewandelt haben. Das haben wir als CSU damals, als wir noch die absolute Mehrheit im Bezirkstag hatten, gegen große Widerstände durchgesetzt. Es hat sich gezeigt, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben. Die Krankenhäuser laufen gut, seit zehn Jahren schreiben sie schwarze Zahlen. Früher war es eine Stigmatisierung, wenn jemand ins Bezirkskrankenhaus Haar musste. Jeder wusste, dass derjenige eine psychiatrische Erkrankung hat und hat bestimmt den ein oder anderen abgehalten, sich Unterstützung zu holen. Heute werden die Leute wie andere Kranke auch in Kreiskrankenhäusern behandelt. Das senkt die Schwelle, sich Hilfe zu suchen, enorm."

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Teilhabe

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Quelle: Lukas Barth/oh

Petra Tuttas (Grüne), Ethnologin: "Vor allem die Versorgung von Menschen mit Behinderung wird uns herausfordern. Wir setzen gerade das Bundesteilhabegesetz um. Viele Menschen haben Angst, dass sich durch die gesetzlichen Veränderungen ihre Situation verschlechtert. Das müssen wir verhindern. Zum Bespiel stellt sich die Frage, wie wir mit pauschalen Beträgen umgehen, die Menschen mit Behinderung zur Erleichterung ihres Lebens bekommen. Erhalten sie das Geld einfach, wofür wir sind, oder müssen sie jede Ausgabe einzeln mit einem Kassenzettel nachweisen? Das macht für die Betroffenen einen Unterschied. Ich setze mich außerdem dafür ein, dass Menschen mit Behinderung Zugang zur Kultur haben. Wir brauchen mehr Bücher in leichter Sprache. Diese Menschen wollen nicht ein Leben lang Kinderbücher lesen."

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Kinderklinik

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Quelle: privat

Birgit Hainz (CSU), Krankenschwester: "Als wichtig empfinde ich die Regionalisierung der Kliniken und Einrichtungen der Kliniken des Bezirks Oberbayern (kbo). Das sieht man gut am Kinderzentrum in Großhadern. Eine Sanierung und ein Neubau, der bereits in der Planungsphase aufgestockt werden musste, sind notwendig. Im Bezirksausschuss gab es allerdings dagegen Bedenken. Es hat mir geholfen, dass ich sowohl im Bezirkstag als auch im Bezirksausschuss Hadern Mitglied bin. Ich konnte vermitteln und den anderen Stadtteilpolitikern zeigen, wie wichtig das Projekt ist. Heute arbeiten dort die Technische Universität und die Ludwig-Maximilians-Universität in Forschungsprojekten zusammen. Alle stehen auf einer Stufe: die Patienten, ihre Eltern, die Pflege, die Therapeuten, die Ärzte, die Forschung und die Geldgeber."

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Demokratiebildung

Bezirkstag, Bezirksräte CSU vor Zentrale in der Prinzregentenstraße 14

Quelle: Florian Peljak

Sabine Wohlrab (CSU), Juristin: "Mir liegt die Kinder- und Jugendarbeit des Bezirks am Herzen. Wir wollen junge Menschen in ihrer Entwicklung unterstützen. Ein wichtiger Bestandteil ist die Demokratiebildung, wie sie etwa der Bezirksjugendring mit dem Bezirk Oberbayern in den Kitas und Schulen anbietet. Dazu gehört, dass gerade vor Wahlen verstärkt Projekte für Kinder und Jugendliche angeboten werden, wie zum Beispiel die U18-Wahl, bei der Kinder und Jugendliche wie bei der echten Wahl ihre Stimme abgeben dürfen. Ein weiterer Schwerpunkt der Projekte liegt auf dem Umgang mit den neuen Medien. Für die Zukunft planen wir die Einrichtung einer Demokratiewerkstatt, die mit dem Museum für Arbeiter- und Industriekultur auf dem MD-Gelände in Dachau entstehen soll."

© SZ vom 10.10.2018/bica
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