Bewerbung für Winterspiele 2022:Olympischer Wahlkampf

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Nie waren Münchens Chancen für Olympia so gut wie jetzt - doch die Politik ist uneins, ob sie die Bevölkerung über eine Bewerbung für die Winterspiele 2022 abstimmen lassen soll. Die Argumentation der SPD: Wenn ein Bürgerentscheid verloren gehe, sei die Bewerbung tot - nicht nur für das Jahr 2022.

Silke Lode

Die CSU drängt, die FDP auch, aber die SPD will die Münchner vorerst nicht über Olympia abstimmen lassen. Ein Bürgerentscheid sei erst sinnvoll, so die Linie der Sozialdemokraten, wenn klar ist, ob der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) eine Münchner Bewerbung für die Winterspiele 2022 überhaupt unterstützt.

"Es ist schwierig, die Befürworter mit einer Vielleicht-Bewerbung zu mobilisieren", sagt der Chef der SPD-Rathaus-Fraktion, Alexander Reissl. Den Gegnern würde das in die Hände spielen: "Es gibt viele Leute, für die sind Olympia und das IOC so etwas wie die dritte Startbahn." Wenn der Bürgerentscheid verloren gehe, sei die Bewerbung tot - nicht nur für das Jahr 2022.

Dabei sind die Chancen, dass München den Zuschlag bekommt, diesmal eigentlich so gut wie lange nicht mehr. Denn vier Jahre vor möglichen Spielen in Bayern wird in Asien um Edelmetall gekämpft; zudem haben die USA kein Interesse, 2022 Gastgeber zu sein - es läge also in der olympischen Logik, dass die Winterspiele 2022 in Europa ausgetragen werden. München gilt als Favorit, weil die Bewerbung für 2018 beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) positiv aufgefallen ist.

Doch einem erneuten Anlauf fehlt derzeit eine entscheidende Zutat: ein gemeinsamer olympischer Geist - vor allem in der Münchner Politik, aber auch zwischen München und dem DOSB. Während die Bewerbung für 2018 von den Sportverbänden und allen Parteien außer den Grünen mitgetragen wurde, werden sämtliche Ambitionen auf die Winterspiele 2022 in den Mühlen mehrerer Wahlkämpfe zerrieben.

Schon beim ersten Versuch, die Winterspiele nach München zu holen, galten die persönlichen Ambitionen von Thomas Bach, dem Präsidenten des DOSB, als Hindernis. Da Bach IOC-Präsident werden will, wurde gemunkelt, er wolle zwar eine gute, aber keine erfolgreiche deutsche Olympiabewerbung, da die Delegierten ihn wohl kaum zum IOC-Chef küren dürften, wenn Deutschland auch noch die Spiele bekommt.

Über die Neubesetzung der IOC-Spitze wird im September 2013 entschieden - so lange will der DOSB auch kein Bekenntnis zu einer Münchner Bewerbung abgeben. Danach bleibt aber kaum noch Zeit: Bis zum 14. November 2013 müsste der DOSB München beim IOC als Bewerber für 2022 nominieren.

Zusätzlich ist nun in München ein Streit über die Frage entbrannt, wann die Bürger in München und Garmisch-Partenkirchen über eine Bewerbung befragt werden sollen. Konsens war bisher, dass dies erst geschehen soll, wenn der DOSB sein Okay für eine Bewerbung gibt.

Die CSU hatte zwar im Münchner Stadtrat ein Ratsbegehren beantragt, das eine baldige Befragung der Bürger zum Ziel hatte. Als der Vorstoß im Juli gescheitert war, blieb zunächst alles ruhig. Vergangene Woche kündigte jedoch CSU-Stadtrat Mario Schmidbauer ein Bürgerbegehren über eine weitere Olympiabewerbung an - als Privatperson, wie er betont: "Ich kann das nur als Privatmann machen, denn wenn die Politik so ihre Ziele durchsetzen würde, wäre das der Missbrauch eines Bürgerbegehrens", sagt Schmidbauer.

CSU-Fraktionschef Josef Schmid weicht bislang allen Fragen nach einer Unterstützung des Bürgerbegehrens durch seine Partei aus - und dies, obwohl er damit Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) in die Ecke treiben könnte: Denn Ude lehnt eine Bürgerbefragung zum jetzigen Zeitpunkt strikt ab.

Ein Haudegen wie Ludwig Spaenle, zugleich Münchner CSU-Chef und bayerischer Sportminister, ist da weniger zurückhaltend. Er hat nichts dagegen, die Bürger mitten im Landtagswahlkampf zu Olympia zu befragen. Denn es lässt sich kaum ein besseres Thema finden, um einen Keil zwischen den SPD-Spitzenkandidaten Ude und die Grünen zu treiben, die Udes wichtigster Partner sind. Einen Tag, nachdem Schmidbauer mit seiner Initiative ins Rampenlicht trat, teilte Spaenle mit, er begrüße den Vorstoß. "Zweifler und Zauderer gibt es genug", fügte er süffisant hinzu.

Einen weiteren Tag später legte die FDP nach: "Ude muss Farbe bekennen - für oder gegen Olympische Spiele in München", forderte Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch.

Und was sagt der DOSB dazu? Thomas Bach erklärt lediglich, dass er sich über das Interesse an Olympia freue und ein Bürgerbegehren befürworte. Den genauen Zeitpunkt festzulegen - das sei aber Sache der Stadtpolitik.

© SZ vom 13.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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