Bevölkerungswachstum in München:Viel mehr als mehr

  • Laut Prognose des Planungsreferats sollen im Jahr 2030 1,65 Millionen Menschen in der Landshauptstadt leben. Das sind knapp 200.000 mehr als 2013.
  • Das stellt die Stadt in Zukunft vor Probleme, denn es fehlt an Wohnungen und Bildungseinrichtungen. Auch mit dem Ausbau der Infrastruktur hinkt die Stadt hinterher.

Von Thomas Anlauf

Große Zahlen gehen den Münchner Politikern locker von den Lippen. In den vergangenen Wochen war immer wieder von einer magischen Zahl die Rede: 1,65 Millionen. So viele Menschen werden im Jahr 2030 in der Landeshauptstadt leben, prognostiziert das Planungsreferat. Das sind knapp 200 000 mehr als Ende 2013. Was nach rasantem Wachstum klingt, könnte allerdings eine äußerst vorsichtige Prognose sein. Denn allein in den vergangenen vier Jahren stieg die Zahl der Münchner um 100 000 von 1,382 auf 1,484 Millionen im September 2014. Spätestens im kommenden Sommer soll die Marke von 1,5 Millionen Menschen erreicht sein. Wenn die Kurve weiterhin so ungebremst ansteigt, ist die Zahl 1,65 Millionen nicht erst 2030, sondern bereits im Jahr 2020 erreicht.

Die Stadt würde das vor schier unlösbare Probleme stellen. Denn schon jetzt hinken die Planer an vielen Stellen den Zielvorgaben hinterher. Es werden viel zu wenige Wohnungen gebaut, die Mietpreise für Neubauwohnungen liegen schon jetzt laut Wohnungsmarktbarometer des Planungsreferats bei 18,65 Euro pro Quadratmeter - eine Steigerung von 16,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der öffentliche Nahverkehr stößt längst an seine Grenzen. Aber anstatt die bestehende Infrastruktur massiv auszubauen, denkt die schwarz-rote Koalition über eine neue U-Bahntrasse parallel zur Stammstrecke und Kabinenbahnen nach.

Mehr Schulen und Seniorenheime

Die Stadt verzeichnet regelmäßig Rekorde bei den Geburten, das bedeutet, es braucht deutlich mehr Plätze in Kindertagesstätten und Schulen. Gleichzeitig werden die Münchner immer älter, dann müssen mehr Klinikbetten und Seniorenheime geschaffen werden. All das fehlt bereits jetzt, bei knapp 1,49 Millionen Menschen. Und es gibt Berechnungen des Planungsreferats, wonach die Zahl der Münchner bis ins Jahr 2030 nicht auf 1,65 Millionen, sondern sogar auf knapp 1,77 Millionen steigt.

Zwar hält Stadtbaurätin Elisabeth Merk, die für den Demografiebericht verantwortlich zeichnet, die Prognose von 1,65 Millionen Menschen für die "wahrscheinlichste Entwicklung". Doch es könnte auch ganz anders kommen. In einem internen Bericht des Sozialreferats heißt es, dass die vom Planungsreferat angenommene jährliche Wachstumsrate von 1,03 Prozent bis ins Jahr 2020 mit derzeit 1,5 Prozent weit übertroffen wird. Das bedeutet, dass in fünf Jahren die Bevölkerung um knapp 50 Prozent stärker zunimmt, als bislang angenommen: Das wären statt 1,576 Millionen Menschen 1,646 Millionen - ein Unterschied von 70 000 Menschen.

80 Prozent der Zuzügler sind aus dem Ausland

Im Planungsreferat ist man sich solcher Unwägbarkeiten bewusst. Gerade der enorme Zuzug aus dem Ausland, insbesondere aus den südlichen EU-Staaten, könnte die Prognose stark beeinflussen. So sind nach SZ-Informationen von den 10 600 Zuzüglern im ersten Halbjahr 2014 etwa 80 Prozent aus dem Ausland gekommen. Auch die innerdeutschen Wanderungsbewegungen sind offenbar nicht einfach vorherzusagen. So könne es sein, dass der eigentlich bis 2030 erwartete Zuzug aus anderen deutschen Städten bereits in den kommenden Jahren stattfindet und sich dann deutlich abschwächt, heißt es im Planungsreferat. Möglicherweise müsse man die Zahlen demnächst nach oben korrigieren, so Referatssprecherin Karla Schilde. Die nächste Bevölkerungsprognose wird Stadtbaurätin Merk im Frühjahr vorstellen.

Irritierend ist allerdings eine andere Prognose. Soeben hat das Statistische Landesamt seine neuen Zahlen für München herausgegeben. Und die liegen wiederum deutlich unter denen des Planungsreferats. Demnach wächst die Stadt bis 2030 nur auf 1,57 Millionen Menschen, weit weniger als in der städtischen Prognose. Doch das hat seinen Grund: Die Statistiker vom Landesamt schreiben die amtlichen Bevölkerungszahlen fort, das Planungsreferat stützt sich auf das Melderegister der Stadt. Relativ nah beisammen sind die Prognosen aber in relativen Zahlen. Die Stadt rechnet mit einem Bevölkerungszuwachs von 19 Prozent, das Landesamt geht von 16 Prozent mehr aus. Es wird also eng in München.

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