Betreiber unter Druck:Backstage geht in den Untergund

Bis Mitte 2013 muss das Backstage einen Großteil seines Geländes räumen, weil dort Bürogebäude entstehen sollen. Der Betreiber klagt, die Existenz des Kulturzentrums sei gefährdet. Doch es gibt schon einen Plan, wie das Backstage künftig aussehen könnte.

Sonja Niesmann

Abend für Abend pilgern überwiegend junge Musikfans und Feiersüchtige ins "Backstage". Die wenigstens wissen, dass backstage, hinter der Bühne also, heftig um die Zukunft des beliebten Veranstaltungs- und Kulturzentrums gerungen wird.

Betreiber unter Druck: Auf 2700 Quadratmeter muss das Backstage an der Friedenheimer Brücke sich zurückziehen, um Platz für eine Grünfläche (im Vordergrund) zu machen.

Auf 2700 Quadratmeter muss das Backstage an der Friedenheimer Brücke sich zurückziehen, um Platz für eine Grünfläche (im Vordergrund) zu machen.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Bis Ende dieses Jahres müssten eigentlich große Teile des Geländes geräumt sein. Der Grundbesitzer, die Aurelis Real Estate, und die städtische Lokalbaukommission gewähren jetzt noch einmal Aufschub - einen großzügigen aus ihrer Sicht - bis Mitte 2013. Backstage-Geschäftsführer Hans-Georg Stocker hingegen zürnt, man setze ihn unter Druck und gefährde die Existenz des Unternehmens.

Auch eine Unterstützerinitiative, gegründet unter anderem von Junger Union und Jusos in Neuhausen, wendet sich gegen "unrealistische Zeitschienen" und erhielt dafür vor einigen Tagen große Unterstützung bei der Neuhauser Bürgerversammlung.

2008 ist das Backstage von der West- auf die Ostseite der Friedenheimer Brücke gezogen. Das ist nach Anfängen in einer Fürstenrieder Turnhalle und einem Umzug an die Donnersbergerbrücke (im heutigen Stadtquartier "Arnulfpark") bereits der vierte Standort - und es ist ein vor allem bei Nacht sehr stimmungsvoller Kosmos aus Bühnen und Bars, Biertischen und Begonienkästen, Betten und Badezimmern für auswärtige Bands, ein verschachteltes System aus einstigen Industriebauten, Fertigbauteilen, Gitterstegen, Treppen und Balkonen.

Dass die Backstage-Welt aber auch an der Reitknechtstraße nicht auf lange Zeit bleiben kann, wie sie ist, war schon 2008 klar. Denn auf dieser Seite der Brücke sind noch zwei große Bürogebäude geplant, die zum Neubaugebiet "am Hirschgarten" gehören, außerdem eine größere öffentliche Grünfläche.

Schon Ende 2010 hätte sich das Backstage von einigen Flächen zurückziehen müssen, doch dann verlängerte die Aurelis die Mietverträge bis Ende 2011, die Stadt verlängerte parallel dazu die Nutzungserlaubnis.

Seit vergangenem Jahr gehört dem Backstage die östliche Hälfte des Geländes. Auf diesen 2700 Quadratmetern soll das Veranstaltungszentrum ein neues und endgültiges Zuhause finden. "Wenn man nur noch die Hälfte des Platzes zur Verfügung hat, muss man eben stapeln", beschreibt Stocker das Grundprinzip der Planung. Einen ersten Entwurf für ein sechsstöckiges Gebäude hat die Lokalbaukommision (LBK) jedoch abgelehnt.

Besucherparkplatz gesucht

Seit einigen Wochen liegt nun ein genehmigter Vorbescheid für einen neuen Entwurf vor. Er sieht vor, alle Veranstaltungshallen, also das "Werk", den "Club", die kleine "Halle" und die "Werkstatt", auf zwei Ebenen in den Untergrund zu versenken - mit großem Lichthof in der Mitte, "damit man sich nicht wie im Keller fühlt", erklärt Stocker begeistert.

Backstage in München, 2010

Vor allem die Konzerte im "Werk" bringen Geld in die Kasse. Deshalb würde Backstage-Geschäftsführer Hans-Georg Stocker diese Halle am liebsten erst schließen, wenn die neue fertig ist.

(Foto: Robert Haas)

Im Erdgeschoss werden die Parkplätze untergebracht, darüber auf verschiedenen, wo möglich begrünten Ebenen Gastronomie und Biergarten, Bandquartiere, Büros und Lagerräume, Räume für Seminare, Workshops und private Feste. Den Umbau und Umzug wollen Stocker und sein Architekt bei laufendem Veranstaltungsbetrieb in fünf Stufen bewältigen, bis zum Jahr 2017.

Die Musikbühnen in den Untergrund zu verlagern, sei "eine Spitzenidee, schon wegen des Schallschutzes", lobt Gudrun Piesczek, die bei der Aurelis das Hirschgarten-Quartier entwickelt. Überhaupt fällt auf, dass alle Beteiligten ausgesprochen freundlich und anerkennend übereinander sprechen und bedauern, dass der Konflikt sich zuspitzt.

Aber bis 2017? "Auf keinen Fall!", sagt Piesczek kategorisch. Der Kompromissvorschlag von Aurelis und LBK, zu dem das Backstage bis Anfang Dezember Stellung nehmen soll, sieht so aus: Bis Mitte 2012 muss das Backstage seinen Parkplatz und einen Geländestreifen mit Containern räumen. Das "Werk", das erheblich zum wirtschaftlichen Erfolg beiträgt, kann bis Mitte 2013 bespielt werden - vorausgesetzt allerdings, es findet sich ein neuer Besucherparkplatz in der Nähe. Halle und Club könnten bis Mitte 2014 offenbleiben.

Bis zum Baubeginn für ein neues Werk blieben dem Backstage so anderthalb Jahre, erklärt Karin Becker von der LBK, um die nächsten Schritte zu bewältigen: die genehmigungsreife Planung und Finanzierung.

Die Aurelis könnte dann endlich, so Piesczek, ihr Baufeld, auf dem jetzt der Parkplatz liegt, vermarkten. Und sie könne ihre vertraglichen Verpflichtungen der Stadt gegenüber erfüllen, nämlich die Grünanlage entlang des neuen Radwegs anlegen (auf der dafür vorgesehenen Fläche steht zu zwei Dritteln das Werk) sowie einen Gehweg samt Grünstreifen an der Reitknechtstraße bauen.

Die Backstage-Unterstützer nennen das "sinnbefreit": Was soll es, fragen sie, zuerst aufwendig einen Gehweg anzulegen, wenn anschließend dort zwei große Baustellen - das neue Backstage und das von der Stadt geplante Citylogistikzentrum gleich nebenan - eingerichtet werden?

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