Süddeutsche Zeitung

Bestseller:Weintrinken für Anfänger

Der Münchner Autor Jens Priewe hat seinen Bestseller "Grundkurs Wein" auf den neuesten Stand gebracht.

Von Franz Kotteder

Jens Priewe ist der löblichen Ansicht: Es gibt keine dummen Fragen, es gibt nur dumme Antworten. Und deshalb leitet er die Neuausgabe seines Buches "Grundkurs Wein" (ZS Verlag, 19,99 Euro) mit 20 Fragen ein. Eine davon lautet: "Warum tun die Winzer so viel Alkohol in ihren Wein?" Das erinnert an das schöne "Lied vom Rausch" des bayerischen Liedermachers Fredl Fesl mit seiner programmatischen Zeile: "Mia hams ins Bier an Rausch nei do" und gibt Gelegenheit zu erklären, dass der Alkohol nicht zugesetzt wird, sondern durch Gärung der Trauben entsteht.

Man hat es also mit einem "Buch für Einsteiger" zu tun, sagt der Münchner Autor bei der Präsentation in der Weinhandlung Garibaldi an der Burgstraße, "ein Buch für die, die keine oder wenig Ahnung von Wein haben". Davon gibt es offenbar jede Menge, denn Priewe, einer der renommiertesten Weinautoren Deutschlands, hat sein Grundlagenwerk bereits 1991 das erste Mal veröffentlicht, damals noch mit dem Titel "Wein - Die kleine Schule". Seitdem erlebte das Buch zahlreiche Neuauflagen, insgesamt wurden mehr als 700 000 Exemplare verkauft. Auch der Umfang wuchs, denn mit jeder Überarbeitung kamen neue Seiten hinzu. Ursprünglich waren es 98, der aktuelle Stand beträgt 184 Seiten.

Daraus kann man schon erschließen, dass der Grundkurs dann doch noch sehr in die Tiefe geht und der Untertitel: "Alles, was man über Wein wissen sollte" nicht zu viel verspricht. Priewe behandelt nicht nur neue Entwicklungen auf dem Weinmarkt wie den naturbelassenen "Orange Wine", sondern auch den "Ur-Champagner" Pet Nat, der zurzeit recht in Mode kommt. Alle Weinanbaugebiete werden nach Ländern vorgestellt, nichts wird ausgelassen, auf die übliche Sommelierslyrik verzichtet Priewe weitgehend, was der Lesbarkeit sehr nützt.

Schade nur, dass Bücher noch nicht multimedial funktionieren. Denn Priewe live ist noch einmal ein besonderes Erlebnis. Bei der Buchvorstellung in der Weinhandlung spielt er sich während der Verkostung einiger ausgewählter Weine mit dem Garibaldi-Chef Eberhard Spangenberg die Bälle zu. Er lästert ein bisschen über den Modewein Primitivo, von dem Spangenberg aber Gott sei Dank ein besseres Exemplar ausschenken lässt, und gibt schon mal zu, dass er auch nicht alles kennen kann: "Die wenigen chinesischen Weine, die ich probiert habe, waren nicht so zum Niederknien." Damit hebt er sich sehr angenehm ab von all jenen Weinstrebern, die lieber mit ihren Kenntnissen prahlen als zu informieren. Und am Ende des Abends erkennt selbst der blutigste Anfänger: Wissen ist schön, aber ein richtig guter Wein ist noch schöner.

Hinweis: In einer früheren Fassung war von einem Ur-Champagner "Pre Nat" die Rede. Dieser moderne Schaumwein heißt in Wirklichkeit "Pet Nat", was sich vom französischen "Pétillant Naturel" herleitet und soviel bedeutet wie 'natürliches Prickeln'. Es beruht darauf, dass angegorener Traubenmost im Unterschied zu Champagner ungefiltert in Flaschen gefüllt wird und dort ohne Zusatz von Zucker und Hefe vergoren wird. Das Resultat mit den Worten jenes SZ-Lesers, der uns auf den Fehler aufmerksam gemacht hat: "Geschmackssache, eine Art Weißbier aus Trauben. Champagner bleibt Champagner."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4682393
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 15.11.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.