"Bestform. Sport kennt kein Alter":Sicherer auf den Beinen

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Martin Halle, 57, Professor und Ärztlicher Direktor des Instituts für Sportmedizin und Sportkardiologie der TU München, hält ausreichend Bewegung für einen der wichtigen Faktoren für ein langes Leben. (Foto: Peter von Felbert)

Sportkardiologie Martin Halle will Ältere mobil halten

Interview von Sabine Buchwald

"Wer mobil ist, fühlt sich unabhängig und damit besser", sagt Martin Halle, TU-Professor und Initiator der Studie "Bestform. Sport kennt kein Alter". Sechs Monate ließen er und sein Team in zwei Senioreneinrichtungen für ein Pilotprojekt knapp 80 Senioren, Frauen und Männer, an Geräten trainieren. Dabei bestätigte sich: Wer seine Muskulatur im Alter stärkt, kommt sicherer durch den Alltag.

SZ: Herr Halle, ist man nicht irgendwann zu alt für ein Fitnesstraining an Geräten?

Martin Halle: Nein, für Bewegung jeglicher Art ist man grundsätzlich nie zu alt. Mit den Übungen soll man ja nicht unbedingt Muskeln aufbauen, sondern dem Muskelschwund entgegenwirken und vor allem die Mobilität erhalten. Das ist mein Fokus.

Wie schnell hat man im Alter erste Trainingserfolge?

Schon nach drei, vier Wochen merkt man, dass die Koordination besser wird, aber auch die Kraft zunimmt. Das liegt mit daran, dass viele Senioren über Jahre keinen Sport gemacht haben. Eine Veränderung ist deshalb schneller spürbar.

Wie oft sollte man trainieren?

Am besten jeden Tag einen kleinen Trainingsreiz setzen.

Aber man kann doch nicht täglich in den Fitnessraum gehen.

Aber ein paar Übungen zu Hause machen.

Auf was kommt es dabei an?

Das ist von der Konstitution des einzelnen abhängig: Der eine hat ein Defizit in der Kraft, der andere in der Koordination, der nächste in der Ausdauer, der vierte in allem. Ich rücke vor allem die Koordination in den Vordergrund. Zum Beispiel diese Übung kann man in den Alltag integrieren: auf einem Bein stehen, erst mit einer Hand an der Wand abstützen, dann nur mit zwei Fingern oder gar nicht mehr. Zuletzt die Augen schließen. Das trainiert die Bein- und Gesäßmuskulatur und das Gleichgewicht.

Dürfen ältere Menschen bis zu ihrer Schmerzgrenze trainieren?

Erfolgreiches Training und Anpassung finden immer dann statt, wenn es auch ein Reiz ist für den Körper. Und Reiz hat manchmal auch etwas mit Schmerz am nächsten Tag zu tun. Also nur zu.

Viele Senioren gehen gerne spazieren. Ist das nicht genug?

Frische Luft tut der Psyche gut und steigert die Abwehrkräfte. Aber wenn Kraft und Ausdauer fehlen, steigt die Gefahr für Stürze. Ist das Pflaster irgendwo uneben, dann liegt man schnell auf der Nase und verletzt sich. Da ist es mir am Ende lieber, ein unsicherer älterer Mensch setzt sich auf ein Fahrradergometer. Dann kann er nicht fallen. Gezieltes, regelmäßiges Krafttraining mit Koordinationsübungen hilft dann wiederum, Stürzen vorzubeugen.

Ist Krafttraining auch bei Osteoporose sinnvoll?

Ja, denn nur wenn der Knochen Druck und Zug bekommt, kann er wieder Kalk einlagern. Kalziumzufuhr allein hilft nicht viel.

Ab wann sollte man mit Training anfangen, um gesund und mobil zu bleiben?

So früh wie möglich. Ab dem 45. Lebensjahr nimmt die Muskulatur sehr dramatisch ab, bei Männern noch mehr als bei Frauen. Und ab dem 65. Lebensjahr steigt statistisch gesehen die Sturzgefahr.

© SZ vom 16.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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