Süddeutsche Zeitung

Besonderes Netzwerk:Münchner Ärzte wollen Schlaganfälle mit Videobrille erkennen

  • Weil es gerade in ländlichen Gebieten häufig an Experten bei Schlaganfällen mangelt, gibt es ein Netzwerk, um Kliniken per Videokonferenz zu unterstützen.
  • Teilweise reicht die Technik aber nicht aus um eine sichere Diagnose zu stellen.
  • Deshalb sollen Videobrillen nun helfen.

Von Christina Hertel

Es klingt nach dem Jahr 2047: Mit einer Videobrille diagnostizieren Ärzte in München einen Schlaganfall bei Patienten, die hunderte Kilometer weit weg in ein Krankenhaus gebracht wurden. Doch bis so eine Brille zum Einsatz kommt, dauert es keine Jahrzehnte mehr, sondern höchstens Monate.

Bei den meisten Schlaganfällen werden Gehirnzellen nicht mehr mit genug Sauerstoff versorgt. Je nach dem, wie lange der Zustand anhält, können sie absterben. Das heißt: Mit welchen Behinderungen Patienten einmal zu kämpfen haben, hängt davon ab, wie schnell sie versorgt werden. Doch gerade auf dem Land gibt es nicht immer genug Experten. Von München und Regensburg aus wurde deshalb vor 14 Jahren ein Netzwerk aufgebaut, das Kliniken in Südostbayern bei der Behandlung unterstützen soll. Per Videokonferenz diagnostizieren Ärzte des Klinikums München zum Beispiel Patienten, die in Rosenheim ins Krankenhaus gebracht werden. Das Ziel der Videobrille ist, die Diagnose zu verbessern.

Eigentlich, sagt Arzt Gordian Hubert, der das Netzwerk in München leitet, habe das mit der Untersuchung per Videoschalte die vergangenen Jahre recht gut funktioniert. Nur eine Schwachstelle gebe es: Wenn Patienten keine Symptome außer Schwindel aufweisen. Ärzte führen in so einem Fall drei Tests durch. Sie überprüfen, wie sich die Augen verhalten, wenn der Patient den Kopf bewegt. Wenn zum Beispiel ein Auge höher steht als das andere, ist das kein gutes Zeichen.

Per Videokonferenz konnten Ärzte diese Tests aber nicht durchführen. Die Folge: Unsicherheit bei der Diagnose. Viele Patienten wurden deshalb an Geräte angeschlossen, obwohl es nicht notwendig gewesen wäre. Mit der Videobrille soll das anders werden. Eine Kamera in der Brille soll die Augen der Patienten filmen und den Arzt in München warnen, wenn sie etwas Ungewöhnliches wahrnimmt. So soll der Arzt schnell über die weitere Behandlung entscheiden können.

Eine ähnliche Brille gibt es schon seit ein paar Jahren. Doch sie ist nur für einen der drei notwendigen Augentests geeignet. Und außerdem war sie auch nicht für Videokonferenzen ausreichend. In München suchten Ärzte und Programmierer zwei Jahre lang eine Lösung für diese Probleme und sie haben sie inzwischen gefunden: Bereits Ende des Jahres sollen die neuen Videobrillen in 21 Krankenhäusern zum Einsatz kommen.

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Quelle:
SZ vom 24.08.2017/axi
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