Besondere Stadtführung:Als das Isarmärchen entstand

Karl Valentin, Liesl Karlstadt, Bally Prell: Namen, die untrennbar mit München verbunden sind. Ein Stadtspaziergang gibt unterhaltsame Einblicke in die Zeit der Volkskünstler.

S. Breimaier

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Karl Valentin, Liesl Karlstadt, Bally Prell: Namen, die eng mit München verbunden sind. Eine Stadtführung gibt Einblicke in die Zeit der Volkskünstler.München gegen Ende des 19. Jahrhunderts: Die Menschen zogen vom Land in die Städte und lernten dort etwas kennen, das es bei der Arbeit auf dem Land so nicht gab: Freizeit. Tagsüber arbeitete man hart und abends suchte man Zerstreuung und Abwechslung in den zahlreichen Gasthäusern der Stadt.In diesem Umfeld entstand die Volkssängerunterhaltung - und damit, wenn man so will, die erste populäre Massenunterhaltung. Männer und Frauen traten in Gasthäusern, Theatern und Hotels auf und unterhielten mit Liedern und kleinen Szenen das Publikum. Der bekannteste von ihnen ist wohl Karl Valentin, dessen berühmte Aussprüche und Zitate in München heute noch allgegenwärtig sind.Volkskundler Andreas Koll führt beim Stadtspaziergang "Tempel des Vergnügens" an eben jene Vergnügungsorte und erzählt Fakten und Anekdoten über die Lokale, die auftretenden Persönlichkeiten und vom Wesen der volkstümlichen Unterhaltung in München. sueddeutsche.de ist mitgelaufen.Foto: Silke Breimaier Texte: Silke Breimaier

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Koll ist Kurator der Ausstellung "Volkskünstlerinnen: Liesl Karlstadt, Erni Singerl, Bally Prell", die noch bis zum 15. Mai in der Monacensia zu sehen ist. Da erscheint es nur logisch, dass auch der Stadtspaziergang einen Fokus auf die drei Damen legt. Doch auch Karl Valentin kommt nicht zu kurz - ist sein Wirken in München doch vielfältig und unvergessen.Der Stadtspaziergang führt vom Karlstor über den Hauptbahnhof und die Sonnenstraße, wo Karl Valentin sein "Panoptikum" hatte, zum Viktualienmarkt und weiter zum Platzl. Dort stand noch bis 1991 eine Volksbühne. Immer wieder bleibt die Gruppe kurz stehen und Koll erzählt, was in diesem oder jenem Gebäude früher beheimatet war und wie die Volkssängerinnen und Volkssänger mit diesem Ort verbunden sind.Foto: Silke Breimaier

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So stoppen wir am Hauptbahnhof, um einen Blick auf das heutige Karstadt-Gebäude zu werfen, wo Liesl Karlstadt als Verkäuferin im dortigen Kaufhaus Tietz arbeitete. Karlstadt, die mit bürgerlichem Namen Elisabeht Wellano hieß, wuchs in Schwabing auf und wurde als Partnerin von Karl Valentin bekannt.Liesl Karlstadt war Valentins Koautorin, Koregisseurin, Organisatorin, Souffleuse und auch Psychiaterin. Er machte sich ihr Improvisationstalent zunutze und erhielt von ihr viele Anregungen zu seinen Stücken. Über 25 Jahre blieb sie seine Partnerin, rund 400 Sketche und Komödien stammen aus dieser Zusammenarbeit. Ihr Künstlername entstand als Hommage an einen anderen Münchner Volkskünstler - Karl Maxstadt.Foto: Monacensia/oh

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Die Volkssängerinnen und Volkssänger wollten mit ihren Sketchen die Lebenswirklichkeit der Menschen humoristisch darstellen. Sie schufen Figuren, die einem bestimmten Klischee entsprachen und immer wieder auftauchten. Das Publikum konnte sich mit den Rollen identifizieren - oder sich bewusst von ihnen abgrenzen.Liesl Karlstadt wurde von ihrem Bruder zu einem Unterhaltungsabend in den "Bamberger Hof" eingeladen. Dort wuchs in ihr der Wunsch, selbst Volkssängerin zu werden. In der dortigen Gaststätte traten fast jeden Abend Unterhaltungskünstler auf. Der "Bamberger Hof" lag zentral in der Kaufinger Straße, heute befindet sich dort ein Schuhgeschäft. 1911 lernte Lies Karlstadt Karl Valentin kennen, der schon bald kurze Szenen für sie schrieb, wir hier die Figur des böhmischen Komikers Ladislaus (Foto).Foto: Monacensia/oh

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Gaby Loser ist zum Stadtspaziergang gekommen, um sich fortzubilden. Sie ist Gästeführerin in München und hat sich auf Karl Valentin und die Volkssänger spezialisiert. "Das Thema ist sehr münchnerisch", findet sie, "es gehört zur Stadt dazu." Neben dem beruflichen Interesse findet sie das Thema auch persönlich spannend und lacht herzlich, wenn Knoll Valentin-Sketche rezitiert.Foto: Silke Breimaier

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Zum Stadtspaziergang haben sich an diesem Nachmittag hauptsächlich ältere Damen und Herren eingefunden. Sie können sich teilweise noch gut an die Auftritte von Liesl Karlstadt oder Karl Valentin erinnern und bekommen ein Leuchten in den Augen, wenn Koll von längst nicht mehr existierenden Kaufhäusern oder Gaststätten wie dem "Frankfuter Hof" in der Schillerstraße erzählt, wo Valentin und Karlstadt sich kennengelernt hatten. Zur Untermalung seiner Berichte hat er historische Fotos von München und den Künstlern mitgebracht.Foto: Silke Breimaier

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Auch die "Schönheitskönigin von Schneizlreuth" haben einige Teilnehmer beim Stadtspaziergang noch live erlebt. Es war die Paraderolle von Bally Prell, die mit Auftritten am Platzl berühmt wurde. Sie karikierte mit ihrer fülligen Figur und dem rustikalen Auftreten den aufkommenden Schönheitswahn Anfang der Fünfziger Jahre. Jahrelang spielte sie die Rolle wieder und wieder - einfach weil die Leute sie darin sehen wollten.Ihr Kostüm, das blumige Rüschenkleid, der Sonnenschirm, die Halbhandschuhe, das gezackte Krönlein und die weiß-blaue Schärpe mit dem Aufdruck "Miss Schneizlreuthn" werden zur Erinnerung im Original im Münchner Stadtmuseum aufbewahrt.Foto: Monacensia/oh

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Prell wurde 1922 in Schwabing in der Leopoldstraße geboren und wohnte dort ihr ganzes Leben lang. Ihr Vater war Musiker und wollte, dass eines seiner Kinder ein Unterhaltungsstar wird. Als ihr Bruder früh verstarb, übernahm Prell die dem Bruder zugedachte Rolle, weshalb sie auch ihre Stimme tieferstellte. Ihr Vater komponierte für sie das "Isarmärchen", bis heute heimliche Hymne der "Stadt am Isarstrand".Foto: Monacensia/oh

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Eine Mischung aus privaten und beruflichen Interessen führt Josef Zapf zum Stadtspaziergang: Er kommt aus der Altstadt und interessiert sich für die Geschichte seiner Heimat. Außerdem ist er Musiker und stellt in letzter Zeit ein Wiederaufkommen der Unterhaltungsmusik in Gaststätten fest. "Die Leute sind wieder aufgeschlossener für diese Art der Unterhaltung", so seine Erfahrung. Immer öfter erklären sich auch Wirte bereit, eine lose Gruppe von Musikern ohne große Werbung in ihren Lokalen spielen zu lassen. Musiker die sich zu spontanen Jam-Sessions zusammenfinden treten damit in die Fußstapfen der Volkskünstler.Foto: Silke Breimaier

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Diese Dame dürfte auch dem ein oder anderen jüngeren Semester noch bekannt sein, war sie doch die abergläubische Haushälterin Frau Eichinger in "Meister Eder und sein Pumuckl": Erni Singerl wurde entdeckt, als sie sich am Platzl auf eine "Nachwuchskräfte gesucht" -Anzeige bewarb. Sie verkörperte mit Charme und Durchsetzungsvermögen die resolut grantelnde aber herzliche Münchner "Dame".Foto: Monacensia/oh

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Ihren großen Durchbruch hatte Singerl mit dem aufkommenden Fernsehen. Über 50 Rollen spielte sie im Bayerischen Komödienstadl. Deutschlandweit bekannt wurde sie in den Achtziger Jahren, zum Beispiel durch ihre Rollen in "Monaco Franze" oder "Kir Royal". Bis ins hohe Alter stand Erni Singerl auf der Bühne. Sie starb 2005 im Alter von 82 Jahren.Foto: Monacensia/oh

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Auf dem Viktualienmarkt wird den Münchner Volkssängern an zentraler Stelle gedacht. Neben dem Karl-Valentin-Brunnen kann man hier auch Statuen von Liesl Karlstadt und anderen Volkssängerinnen besuchen.Fast zweieinhalb Stunden dauert der Stadtspaziergang. Danach schmerzen einem zwar die Füße, aber man hat das Gefühl, eine Menge über die Zeit der Volkskünstler und die sie prägenden Personen gelernt zu haben. Der Stadtspaziergang findet ein weiteres Mal am 6. Mai statt. Treffpunkt ist um 17 Uhr am Karlstor. Weitere Informationen gibt es hier.Foto: Silke Breimaier

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