Beschluss des Kabinetts:Spaenle soll bis Dezember Plan für Konzertsaal vorlegen

  • Das bayerische Kabinett hat Kultusminister Ludwig Spaenle beauftragt, bis Anfang Dezember einen konkreten Plan für den Bau eines neuen Konzertsaals für München zu erstellen.
  • Sowohl ein Standort als auch ein Modell sollen dann vorliegen.
  • Zunächst will der Freistaat nur mit zwei privaten Partnern verhandeln. Es geht dabei um das Werksviertel und die Paketposthalle.

Von Christian Krügel und Wolfgang Wittl

Horst Seehofer pressiert es: "Ich möchte Tempo machen", sagt der Ministerpräsident zur SZ. Und deshalb soll es nach mehr als 15 Jahren Debatte beim Projekt Konzertsaal nun ganz schnell gehen: Seehofers Kabinett hat am Dienstag Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) beauftragt, schon bis Anfang Dezember "einen Vorschlag für einen Standort und ein Modell zur Errichtung des neuen Konzertsaals" im Kabinett einzubringen.

Verhandelt werden soll wie erwartet mit zwei privaten Investoren: zum einen mit Werner Eckart, dem Besitzer eines Areals im Werksviertel, zum anderen mit einer Investorengruppe, welche die Paketposthalle zum Musikzentrum entwickeln möchte. "Bis 2018 wollen wir unumkehrbar einen neuen Konzertsaal in München auf den Weg bringen", so Spaenle.

Das Datum ist doppelt bedeutsam: Zum einen ist schon für 2020 die Schließung der Philharmonie am Gasteig vorgesehen; zum anderen hatte Ministerpräsident Horst Seehofer einen neuen Konzertsaal in der Regierungserklärung zu seiner zweiten Amtszeit versprochen - für ihn ist das Projekt eine Art persönliches kulturelles Vermächtnis für Bayern. Deshalb ist der Regierungschef nach der Kabinettsentscheidung offenbar sehr mit sich im Reinen: "Nach dem Durcheinander der letzten Jahre, das nicht von der Politik verursacht wurde, bin ich heute sehr zufrieden."

Wie Seehofer bekehrt wurde

Dabei hatte der Ministerpräsident selbst im Februar mit seiner Entscheidung, das Projekt zugunsten einer aufwendigen Gasteig-Sanierung auf Eis zu legen, einen Proteststurm der Klassikfans ausgelöst. Die Idee scheiterte im April. Ein halbes Jahr später ist sich der Ministerpräsident umso sicherer: "Wir haben eine objektivierte Untersuchung, die Argumente sind transparent."

Seehofers Sicherheit stützt sich auf das Ergebnis eines Gutachtens, das die Staatsregierung beim Architekturbüro Albert Speer und Partner (AS & P) beauftragt hatte. Die Experten sollten fünf Areale in München stadtplanerisch untersuchen und den idealen Konzertsaal-Standort küren. Ergebnis der Studie: der derzeit am besten geeignete Standort sei das Werksviertel am Ostbahnhof; das Gelände sei zwar nicht als Umgebung für klassische Musik bekannt, böte aber die besten Entwicklungschancen, die wenigsten Konflikte und die Möglichkeit, vielleicht schon Ende 2021 ein Konzerthaus dort zu eröffnen.

Mit relativ großem Abstand folgt die Paketposthalle. Dort gibt es Bedenken, weil die Post erst ihr Briefverteilzentrum verlagern müsste. Trotzdem soll nun mit beiden Anbietern verhandelt werden. "Wenn man Verhandlungen führt, ist es klug, dass man die eigene Verhandlungsposition stärkt", sagte Spaenle der SZ. Ein dritter Standort solle vorerst "nicht weiter untersucht werden", heißt es in der Kabinettsentscheidung.

Welche Chance andere Standorte haben

Damit sind die Standorte Finanzgarten, Apothekerhof in der Residenz und Olympiapark (zumindest vorerst) aus dem Rennen. Sie alle hatten von den AS&P-Gutachtern schlechtere Bewertungen erhalten. Eine Einschränkung gibt es: "Sollten die Gespräche mit beiden Eigentümern im Ergebnis nicht zielführend sein, sollte man sich aus strategischen Gründen gegebenenfalls eine weitere Option offenhalten", heißt es in Spaenles Kabinettsvorlage.

Die Konditionen soll nun die Immobilien Freistaat Bayern (IMBY) mit den Grundstücksbesitzern aushandeln. Der Staatsbetrieb verwaltet alle landeseigenen Immobilien. Zudem soll Spaenle eine Lenkungsgruppe "Neuer Konzertsaal" einrichten, in der auch Vertreter des Finanz- und Innenministeriums den raschen Fortgang des Projektes garantieren sollen.

Finanzminister Markus Söder, letztlich oberster Chef der IMBY, glaubt an einen raschen Durchbruch: "Der Weg ist jetzt schlüssig. Das Ziel muss es sein, so kostenbewusst wie möglich zu bauen, aber keinen Konzertsaal zweiter Klasse, sondern einen, der dem kulturellen Niveau Münchens als Weltstadt angemessen ist." Gleichwohl gebe es noch viele Fragen zu klären, so Söder: "Was sind die Partner bereit, zu bringen? Wer baut? Wer betreibt?"

Wie es um die Finanzierung steht

Und nicht zuletzt die Frage: Was wird das Projekt kosten? Experten halten eine Summe zwischen 150 bis 250 Millionen Euro für realistisch. Wenn es nach Spaenle und der Staatsregierung geht, soll nicht nur der Freistaat allein die Summe schultern. Eine "breite Beteiligung der Bürgerschaft" ist ebenso gewünscht wie das Engagement privater Investoren und des Bayerischen Rundfunks. Dessen Orchester werden von dem neuen Haus am meisten profitieren. BR-Intendant Ulrich Wilhelm hatte aber mit Verweis auf gebühren- und wettbewerbsrechtliche Fragen immer nur einen Vorschuss auf Miet- und Technikkosten in Aussicht gestellt.

Spaenle und das Kabinett erwarten nun rasche Antworten auf Finanzierungs- und Betreiberfragen, sagte Staatskanzleichef Marcel Huber nach der Ministerratssitzung: "Wir werden ganz heftig an dem Thema arbeiten." Wichtig ist das auch mit Blick auf die CSU-Landtagsfraktion, in der Abgeordnete vom Land das Münchner Projekt kritisch beäugen. Die grundsätzliche Zustimmung der Fraktion scheint aber sicher zu sein. Fraktionschef Thomas Kreuzer zur SZ: "Über Geld wurde noch nicht gesprochen, das ist die Aufgabe für die kommenden Monate. Jetzt hat man aber eine gute Grundlage für Verhandlungen."

Die Reaktionen auf die Entscheidung fielen weitgehend positiv aus: Der BR zeigte sich erfreut, insbesondere dass nun Immobilien-Experten die Detailverhandlungen über die Grundstücke führen. Der Verein der Konzertsaalfreunde hofft, dass nun "der neue Konzertsaal noch vor dem Beginn der Gasteig-Sanierung zur Verfügung steht, und somit eine kostenträchtige Interimslösung entbehrlich wird". Michael Piazolo (Freie Wähler) sieht auch eine Niederlage der Staatsregierung, weil alle staatlichen Standorte gescheitert seien. "Deshalb bin ich sehr froh, dass private Investoren ins Rennen gegangen sind", so Piazolo. Die SPD-Landtagsfraktion befürwortet das Projekt, verlangt aber ein kulturpolitisches Paket: "Die Staatsregierung muss ein Konzept zur Stärkung der bayerischen Kulturlandschaft und eine Prioritätenliste vorlegen", fordert Isabell Zacharias.

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