Beschädigtes Signalkabel:S-Bahn im Dauerstau

Münchner S-Bahn am Stachus.

Eine S-Bahn fährt am Stachus ein.

(Foto: dpa)

Eine Baustellenpanne legt die Stammstrecke lahm und zeigt, wie anfällig das Münchner S-Bahn-System ist. Doch bis zum Bau eines zweiten Tunnels kann es noch dauern, sagt Verkehrsminister Herrmann. Und nun warten womöglich wieder volle Züge auf die Pendler.

Von Marco Völklein

Seit Monaten rücken in den Abendstunden Bauarbeiter auf der S-Bahn-Stammstrecke an, um die Bahnhöfe zu sanieren und mit Brandschutztechnik auszustatten. Bislang lief alles ohne größere Probleme. Doch am Mittwochabend gegen 23.30 Uhr beschädigten Arbeiter ein wichtiges Signalkabel am S-Bahnhof Marienplatz. Die Folge: ein riesiges Durcheinander im gesamten S-Bahn-Netz.

Laut Bahn hatten die Arbeiter ein neben dem Gleis verbuddeltes Kabel für die "Linienzugbeeinflussung", abgekürzt LZB, durchtrennt. Die Technik sorgt dafür, dass die Züge dicht an dicht durch den Innenstadttunnel geführt werden können. Fällt die LZB aus, müssen die Bahnen einen größeren Abstand einhalten - das bringt, insbesondere im Berufsverkehr, das gesamte Gefüge durcheinander.

Am Donnerstag waren daher Verspätungen von 30 oder mehr Minuten keine Seltenheit. Züge endeten vorzeitig oder fielen ganz aus. Auf den Bahnsteigen bildeten sich Menschentrauben, in den Waggons drängten sich die Passagiere noch mehr als im Normalbetrieb schon. Denn obwohl die Bahn das Problem relativ rasch zumindest notdürftig behoben hatte, musste der Konzern den ganzen Tag über die Verstärkerzüge ausfallen lassen, die auf einigen Linien für einen Zehn-Minuten-Takt im Berufsverkehr sorgen. Viele Fahrgäste beschwerten sich zudem über falsche oder irreführende Ansagen.

Fahrgäste sollten am Freitag auf Ansagen im Radio achten

In der Nacht nun sollten Techniker den Schaden mit einer provisorischen Überbrückung beheben, damit von Freitagmorgen an auch die Verstärkerzüge wieder rollen können. Allerdings läge das Kabel an einer ziemlich unzugänglichen Stelle unter dem Bahnsteig, sagte ein Bahnsprecher am Donnerstagabend. Ob die Reparatur klappt, "können wir deshalb derzeit nicht abschätzen". Fahrgäste sollten am heutigen Freitag auf Ansagen im Radio achten; außerdem will die Bahn die Kunden über ihren E-Mail-Service, den sogenannten "Streckenagenten", informieren.

"Die Summe der Störungen im S-Bahn-Bereich ist einfach zu hoch", kritisierte Andreas Nagel von der "Aktion Münchner Fahrgäste" den Konzern. In letzter Zeit seien immer wieder Probleme aufgetreten - sei es durch "Personen im Gleis", Notarzteinsätze oder eben technische Störungen. Abhilfe könnte aus seiner Sicht unter anderem der geplante Bahnhof an der Poccistraße bringen. Bei einer Störung könnten die S-Bahnen über den Bahn-Südring geleitet werden; an der Poccistraße könnte man auf die U-Bahn umsteigen.

Zudem drängt Nagel immer wieder, das im Mai 2012 von der Staatsregierung beschlossene 13-Punkte-Sofortprogramm umzusetzen. Darin hatte der Freistaat eine Reihe von Maßnahmen aufgelistet, um das S-Bahn-System zu stabilisieren. Doch statt diese zu bauen, seien die Politiker und die Bahn viel zu sehr damit beschäftigt, den geplanten zweiten S-Bahn-Tunnel als Lösung anzupreisen, kritisieren auch andere Fahrgastverbände.

Und in der Tat steckt das Großprojekt nach wie vor fest: So rechnet der neue Verkehrsminister Joachim Herrmann erst im kommenden Jahr mit den endgültigen Baugenehmigungen. Und erst wenn diese vorlägen, könne man die Baukosten seriös abschätzen, sagte der CSU-Politiker der SZ. Erst dann "können wir eine endgültige Entscheidung treffen". Parallel dazu sollen Fachleute der Obersten Baubehörde die Kostenprognose der Bahn überprüfen.

Auch Münchens Stadtbaurätin Elisabeth Merk ist von der Endlos-Debatte um den zweiten Tunnel genervt. Sie forderte von der neuen Bundesregierung, deutlich mehr Geld für den Ausbau des Nahverkehrs nach München zu lenken. "Tangentialverbindungen, zweite Stammstrecke, Stadt-Umland-Bahn - wir brauchen all das, um das Wachstum der Region zu meistern", sagte Merk.

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