Süddeutsche Zeitung

Berufsausbildung:Wie ein Metzgermeister über Facebook einen Azubi fand

Steffen Schütze ist mit seiner Image-Kampagne zum Facebook-Star geworden - und er hat das wichtigste Ziel seiner Aktion erreicht.

Von Christian Gschwendtner, Freising

Es war schon mal leichter, als Fleischermeister einen Lehrling zu finden. Steffen Schütze, 35, Inhaber der Metzgerei Hack in Freising, musste erst Facebook-Star werden, damit sich der Nachwuchs wieder für sein Gewerbe interessiert. Davor suchte er jahrelang vergeblich, die Lehrstelle blieb unbesetzt. Also ging der Metzgermeister aufs Ganze: Im März schrieb er seine Azubi-Stelle auf Facebook aus - und machte daraus gleich eine ordentliche Image-Kampagne. "Ich musste investieren, sonst wäre ich wieder leer ausgegangen", sagt Schütze heute.

2500 Euro hat er sich die Aktion kosten lassen. Die Nachbarin hat gemodelt, ein Bekannter fotografiert. Entstanden ist so ein viraler Hit.

An anderer Stelle der Facebook-Seite der Metzgerei Hack empfahl man den Schulabgängern recht unverblümt, "irgendwas mit Tieren" zu machen. Auf dem dazugehörigen Foto streichelt eine Metzgereifachverkäuferin einen Mett-Igel.

Die Sprüche haben ihre Wirkung nicht verfehlt. Steffen Schütze wird mittlerweile als "coolster Metzger Deutschlands" gehandelt. Fernsehteams haben in seinem Laden gedreht, über den "Highway to Hack" berichtet, und sich in ihren Beiträgen mit Wortspielen fast überschlagen. Doch viel wichtiger: Steffen Schütze hat Bewerbungen erhalten, sieben Stück. Eine kam aus Berlin, eine aus Hamburg, ein Interessent meldete sich sogar von der Insel Borkum. Bekommen hat die Stelle aber ein alter Bekannter: Philipp Westermeier wohnt nur zwei Minuten von der Metzgerei Hack entfernt. Bei ihm hat der Chef ein "richtig gutes Gefühl". Womöglich, weil der 17-Jährige den Betrieb schon aus einem Schülerpraktikum kennt. Damals hat dem Realschüler die Arbeit ziemlich gut gefallen, als dann aber das Übernahmeangebot kam, zögerte er noch. Der junge Mann hatte eigentlich andere Pläne, wollte nach der Schule ein Freiwilliges Soziales Jahr einlegen.

Der neue Glamourfaktor der Metzgerei mag ein bisschen bei der Entscheidung geholfen haben, ausschlaggebend war er für Westermeier nicht. "Die Arbeit muss einem schon taugen, nur wegen dem ganzen Trubel würde ich nicht anfangen", sagt er. Ebenso wenig beeindruckt ihn das iPhone, mit dem alle Lehrlinge der Metzgerei Hack ausgestattet werden, Flatrate inklusive. Für den Neu-Azubi ist etwas anderes wichtiger: Das Team muss passen, die Arbeit vielseitig sein.

Womit man automatisch wieder bei der Facebook-Kampagne wäre: Die ist nämlich dazu gedacht, dem Metzgerhandwerk neuen Glanz zu verleihen. Zum Ärger mancher Vegetarier. Steffen Schütze jedenfalls will zeigen, dass es heutzutage um mehr als das pure Schlachten geht. Firmencatering, Kochkurse, Dry-Age-Fleischprodukte, die passende Dekoration - all das verspricht er potenziellen Azubis.

Und weil er mit seinem Marketing so erfolgreich ist, darf Schütze auf der "Social-Media Recruiting Conference 2016" in Hamburg einen Vortrag halten. Man lässt den Fleischer aus Freising extra dafür einfliegen. Angesichts des Rummels muss Schütze ein wenig schmunzeln: "Es ist verrückt, was das alles nach sich gezogen hat". Er hofft aber, dass sich sein Investment dauerhaft auszahlt, die jungen Leute die Metzgerei Hack nicht vergessen. Denn im nächsten Jahr will er wieder einen Azubi einstellen.

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SZ vom 01.09.2016/vewo
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