Ausstellung:Dialog der Formen

Ausstellung: Gute Gestaltung braucht den Dialog: In Ko-Kuration mit internationalen Kolleginnen und Kollegen zeigt Bernd Kuchenbeiser, einer der renommiertesten deutschen Buch- und Schallplattendesigner, in der Villa Stuck, worauf es ankommt.

Gute Gestaltung braucht den Dialog: In Ko-Kuration mit internationalen Kolleginnen und Kollegen zeigt Bernd Kuchenbeiser, einer der renommiertesten deutschen Buch- und Schallplattendesigner, in der Villa Stuck, worauf es ankommt.

(Foto: Bernd Kuchenbeiser)

Bernd Kuchenbeiser zeigt in der Münchner Villa Stuck schöne Bücher und Schallplatten.

Von Jürgen Moises

Was macht gutes Design aus? Dass es einen einzigartigen Stil hat, den man sofort wiedererkennt? Oder sollte es stattdessen hinter die Funktion zurücktreten? Für Bernd Kuchenbeiser, einen der renommiertesten deutschen Buch- und Schallplattendesigner, ist das Entwerfen in erster Linie soziales Handeln. Gute Gestaltung braucht den Dialog, das In-Beziehung-Treten. Es ist kein individueller Ausdruck einer einzelnen Person. Sich in den Vordergrund zu drängen, ist deshalb nicht das Ding des Münchner Designers, wie man nun auch in einer Ausstellung in der Villa Stuck erleben kann. Die nennt sich großspurig "A Big Announcement", klingt im Untertitel aber dann doch wieder bescheiden. "Bernd Kuchenbeiser zeigt Bücher und Schallplatten", heißt es da. Und genau das ist es auch, was in der Ausstellung passiert.

Darunter sind welche, die der 1969 geborene Designer selbst entworfen hat. Wie etwa "Facing You" von Keith Jarrett und "We Are On The Age" von The Art Ensemble Of Chicago, zwei von zahlreichen Schallplatten, die Kuchenbeiser für ECM-Records und Erased Tape Records gestaltet hat. Dann sind da zahlreiche Kunstbücher wie der "Allmanach" von José Antonio Suárez Londoo oder ein Bildband über "Neues Bauen in den Alpen". Der größte Teil der mehr als 400 Objekte stammt aber von anderen Designern, die Kuchenbeiser schätzt, die er verehrt, deren Werke er sammelt oder die "Vaterfiguren" für ihn waren (Frauen und Mütter gibt es in der Tat nur wenige). Sehen kann man das in Form von Originalobjekten, die meist auf mit Fäden an der Wand angebrachten, kniehohen Papptischen liegen.

Der überwiegende Teil ist aber nur als Schwarzweißfotografie vorhanden, ergänzt durch Angaben wie Name des Designers und Entstehungsjahr. Gedruckt sind die Fotos auf weißen oder monochromen Papierbahnen, die dicht an dicht die Wände bedecken. Damit hat Bernd Kuchenbeiser, der in Heidelberg und Mannheim Musik und Kommunikationsdesign studiert hat, bewusst ein Material gewählt, das sich recyceln lässt. Und das vor allem für die Platten- und Buchgestaltung elementar ist. Die Anordnung ist von "Prima Facie: Marilyn's Dress" beeinflusst. Einem Buch von John Baldessari, der darin 16 Farben mit deren von den Herstellern gegebenen Namen kombiniert und daraus ein "konkretes Gedicht" macht.

Eine Neigung zum Minimalismus

"Atmosphere", "Calm" oder "Creative Thinker" heißen diese Namen, die nun auch an den Wänden stehen und denen die Werke assoziativ zugeordnet sind. Deleuze und Guattari würden von einem "Rhizom" sprechen. Kuchenbeiser selbst nennt es ein "Kaleidoskop" und meint das durchaus im Wortsinne von "schöne Formen sehen". Davon gibt es reichlich, alle geschaffen in den vergangenen 120 Jahren. Einzelne herauszugreifen, ist da schwierig. Tatsächlich hat das aber der Designer schon selbst getan. So hängen etwa Sampler mit Musik von Duke Elington oder Memphis Slim von der Decke, die Christoph Ehbets in der DDR gestaltet hat. Ebenfalls exponiert sind Arbeiten des Italieners AG Fronzoni oder die Buchprojekte, die Kuchenbeiser mit der auch an der Szenografie beteiligten Katharina Gaenssler gemacht hat.

Was viele Objekte vereint, das ist eine erkennbare Neigung zum Minimalismus, eine Tendenz zum Wesentlichen. Auch Schrift spielt eine große Rolle. Zum Extrem hat Kuchenbeiser das selbst getrieben, beim Katalog "Rudolf Bott - Enduro", den er 2018 für die Villa Stuck gestaltet hat. Dafür wurden Botts weiße Schmuckobjekte vor weißem Hintergrund fotografiert. Mit diesem Katalog fing auch die Zusammenarbeit mit dem Museum an, wo der Designer übrigens die nächsten drei Monate im ehemaligen Atelier von Franz von Stuck verbringt und die Publikation zur Ausstellung erstellt. Dort steht auch eine Musikanlage, darauf werden Platten gespielt. Es wird Gespräche mit Gästen geben, Konzerte sind ebenfalls geplant. Damit bekommt dieser visuell anregende Parcours auch sein akustisches Moment. Womit als einziges Manko bleibt: Man kann und darf all die schönen Dinge nicht anfassen.

A Big Announcement. Bernd Kuchenbeiser zeigt Bücher und Schallplatten, bis 15. Jan., Villa Stuck, Prinzregentenstr. 60, www.villastuck.de

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