Bericht des Kämmerers:Zustand des städtischen Klinikums: weiter kritisch

Bericht des Kämmerers: Seit zweieinhalb Jahren leitet Axel Fischer den städtischen Klinik-Konzern. Seine Aufgabe: ihn vor der Pleite zu bewahren.

Seit zweieinhalb Jahren leitet Axel Fischer den städtischen Klinik-Konzern. Seine Aufgabe: ihn vor der Pleite zu bewahren.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Kämmerer Ernst Wolowicz hat Auskunft über die Sanierung des städtischen Klinikums gegeben.
  • Erstmals seit vielen Jahren schreibt der Konzern in diesem Jahr keine roten Zahlen: Für das Jahr 2016 wird mit einem operativen Gewinn von 5,4 Millionen Euro gerechnet.
  • Obwohl der Kämmerer angesichts der Zahlen positiv gestimmt ist, gibt es Kritik.

Von Heiner Effern

Kämmerer Ernst Wolowicz hat keine Scheu vor drastischen Mitteln, wenn er Gefahren für die städtischen Finanzen sieht. Vor einem Jahr zum Beispiel zog er den Haushaltsentwurf für 2016 völlig überraschend zurück, weil ihm die Stadträte und Referate viel zu viel Geld ausgaben. Nun hat Wolowicz in einem internen Zwischenbericht an den Finanzausschuss des Stadtrats die Erfolge und Risiken bei der Sanierung des maroden städtischen Klinikums geschildert.

Einen Bedarf an drastischen Mitteln sieht der Kämmerer derzeit nicht: Auch wenn längst nicht alle Probleme der Krankenhäuser gelöst seien, entwickle sich die Sanierung grundsätzlich positiv. Ganz anders reagiert die Opposition. Sie hält den Bericht für alarmierend und stellt den Erfolg des Sparkurses infrage.

Für das Jahr 2016 rechnen die städtischen Kliniken mit einem operativen Gewinn von 5,4 Millionen Euro. Erstmals seit vielen Jahren also keine roten Zahlen; seit 2010 machte das Klinikum stets einen Verlust von fünf (2014) bis zu 79 Millionen Euro (2012). Allerdings kommt das positive Betriebsergebnis heuer nur zustande, weil einmalige Sondererlöse durch Immobiliengeschäfte in Höhe von 21 Millionen Euro erzielt werden. Die Geschäftsführung wollte für 2016 eigentlich einen operativen Gewinn von 13,4 Millionen Euro erwirtschaften.

Dieses Ziel verfehlt sie nun um 7,5 Millionen Euro - wie manch andere Zielmarke. Der geringere Gewinn lässt sich mit dem Scheitern der Verhandlungen über einen Sanierungstarifvertrag erklären, der acht Millionen Euro einsparen sollte. Ob es überhaupt noch zu erfolgreichen Gesprächen mit den Gewerkschaften kommt, daran äußert Wolowicz leise Zweifel.

Die größten Sorgen bereiten ihm nicht die operativen Zahlen, im Gegenteil: "Die machen mir Mut." Schon früher hatte er gesagt, dass die "sehr ambitionierten Ziele" von Klinik-Geschäftsführer Axel Fischer schwer zu erreichen seien. Auch dass die Opposition darin eine große Gefahr sieht, schreckt Wolowicz nicht. Zahlen ließen sich immer so oder so auslegen. "Für die einen ist das Glas Wasser halb voll, für die anderen halb leer", sagt Wolowicz, dem die Stadt die politische Verantwortung für das Klinikum übertragen hat.

"Die Dinge bewegen sich in die richtige Richtung"

Entscheidend für die Sanierung werde vielmehr sein, wie viel die geplanten Klinik-Neubauten in Schwabing, Bogenhausen oder Harlaching tatsächlich kosten. Und wann sie fertiggestellt sind. Im Bericht der Kämmerei an den Stadtrat werden diese Risiken als "bestandsgefährdend" eingestuft. Als negatives Beispiel ist das Klinikum Bogenhausen zu nennen, das drei Jahre später fertig wird als ursprünglich geplant. Bis 2022 müssen die betroffenen Abteilungen aus Schwabing warten, erst dann können sie dorthin umziehen.

Je schneller die Abteilungen in neue Gebäude einziehen könnten, desto besser gelinge die Sanierung, sagt auch Geschäftsführer Axel Fischer. Bei den Baukosten gelte es aber zu differenzieren, was tatsächlich an der Stadt hängen bleibe und was vom Freistaat zum Beispiel gefördert werde. Die Sanierung will er sich nicht kaputt reden lassen. "Die Dinge bewegen sich in die richtige Richtung." Das würdigen auch der CSU-Finanzexperte Michael Kuffer und Klinik-Verwaltungsbeirat Horst Lischka (SPD) für die Stadtregierung.

Sorgen bereitet allen Beteiligten die Personalnot in der Pflege. Das städtische Klinikum muss in diesem Jahr wohl 5,9 Millionen Euro mehr als gedacht für Leiharbeiter ausgeben, weil es Stellen anders nicht besetzen kann. Trauriger Spitzenreiter ist dabei das Krankenhaus in Harlaching. Im Mai war dort jedes sechste Bett leer, weil die Versorgung der Patienten nicht gewährleistet war. Von Januar bis Juni konnten dort laut Wolowicz' Bericht 2400 Patienten weniger behandelt werden.

Viel Last für die Steuerzahler

All diese Zahlen stimmen den FDP-Stadtrat Wolfgang Heubisch in der Gesamtschau "sehr, sehr negativ". Der Steuerzahler werde letztlich eine Milliarde in die Kliniken einzahlen, alleine weil Zusperren keine Alternative sei. Die Misere lastet er aber nicht dem jetzigen Geschäftsführer Fischer an, sondern der früheren rot-grünen Stadtregierung. "Da ist brutal viel schief gelaufen, das holst du in ein paar Jahren nicht auf." Fischer müsse hart und konsequent weiter sparen.

Die Grünen wiederum üben natürlicherweise mehr Kritik am Sanierungskonzept. "Man muss sich fragen, ob das in die richtige Richtung geht und irgendwie vorankommt", sagt Fraktionsvize Katrin Habenschaden. Das gelte gerade für die Neubauten. "Darauf basiert alles." Wie die Verzögerungen aufgefangen werden sollen, dafür gebe es noch keine Lösung. Noch brachialer fällt die Abrechnung der Bayernpartei aus. "Das Sanierungskonzept wird nicht funktionieren", sagt Stadträtin Eva Caim. Man müsse sich fragen, ob man diesen Dampfer so weiter laufen lasse oder die Kliniken in Einzelgesellschaften trenne. "Momentan sind wir nicht konkurrenzfähig."

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