Berg am Laim:Zoff im Viertel

Bezirksausschuss streitet über Patentrezept für das frühere Temmler-Gelände

Von Renate Winkler-Schlang, Berg am Laim

Tausendundein Stellplatz in einer zweistöckigen Tiefgarage: Die Mehrheit im Bezirksausschuss (BA) Berg am Laim war entsetzt über das Bauvorhaben "Berg-am-Laim-Straße 115 Nordwest" in einem Teilbereich der früheren Pharma-Firma Temmler. Büros, ein Hotel und Läden sollen dort entstehen. Für den Bezirksausschuss-Vorsitzenden Robert Kulzer (SPD) läuft die Entwicklung in die falsche Richtung: Man müsste mit rund 2000 Fahrten am Tag rechnen, was einer Verkehrsmehrung von zehn Prozent auf der Berg-am-Laim-Straße gleichkäme und diese nicht verkraften werde.

Für das Gewerbegebiet Neumarkter Straße, zu dem die Temmler-Fläche gehört, plädiert Kulzer seit Langem für eine Umstrukturierung: weg vom teilweise wenig hochwertigen Gewerbe, hin zum dringend nötigen Wohnungsbau. Gleich nach dem Verkauf hatte Kulzer mit den neuen Eigentümern des Temmler-Geländes, Art-Invest Real Estate und Accumulata Immobilien, gesprochen und Wohlwollen gespürt für seine Wohnungsbau-Vision. Und als im Juli die ersten Pläne in der Stadtgestaltungskommission vorlagen, schien es noch, als habe Kulzer auch Stadtbaurätin Elisabeth Merk von der Notwendigkeit eines neuen Konzeptes überzeugen können. Nun will der Investor offenbar nicht länger warten und Fakten schaffen.

Mehrheitlich lehnt der Bezirksausschuss das Vorhaben ab, seine Anträge und Stellungnahmen seien noch nicht bearbeitet. Das versprochene neue Strukturkonzept stehe aus, ebenso das Gewerbeflächenentwicklungsprogramm, in dem das Gebiet aufgeführt werde. Doch die CSU im Bezirksausschuss scherte aus: Johann Kott erklärte, seine Fraktion sehe eine Entwicklung hin zum Wohngebiet immer noch positiv, doch die Stadt habe wohl keine Kapazitäten, solche Konzepte voranzutreiben. Also müsse man zur Kenntnis nehmen, dass Temmler Baurecht und damit das Recht darauf hat, dass seine konkreten Pläne beurteilt werden. "Wir haben hier eine klare Aufgabe", sagte Kott.

Das Bauvorhaben für sich betrachtet weist in seinen Augen positive Aspekte auf: So seien die Start-ups im digitalen Bereich, die sich dort ansiedeln sollen, zukunftsträchtig und willkommen. Die Baudichte sei entlang der Hauptverkehrsachse und angesichts der Nähe zu den Ten Towers und zum Turm des Baureferates "vertretbar". Als Ausgleich zur Versiegelung empfiehlt die CSU begrünte Dächer.

Kulzer schluckte: Schade, dass die CSU diesen Standpunkt nicht bereits im Unterausschuss kundgetan habe: "Wir müssen doch nicht bereits im Vorhinein umknicken", erklärte er mit Blick auf die CSU. Auch SPD-Sprecher Thorsten Bötzow befand, der BA dürfe nicht alles aus der Hand geben, müsse bei jeder Gelegenheit versuchen, die Lage in seinem Sinne zu ändern. Brigitte Schulz (Grüne) pflichtete bei: Aus diesem Grund müsse man auch alle für das Gelände bereits beantragten Baumfällungen konsequenterweise ablehnen. Am Ende wurde der Investorenantrag mit neun zu sieben Stimmen abgelehnt.

Art Invest und Accumulata haben inzwischen einen ersten Architektenwettbewerb für ihr Vorhaben abgeschlossen und wollen Ende Januar Näheres vorstellen. Kulzer, der in der Jury vertreten war, respektiert das, beschreibt den Jury-Beschluss aber als "sehr knapp". Er selbst hatte dagegen gestimmt, da der Siegerentwurf "wirklich grauenvoll" sei.

Planungsreferats-Sprecher Ingo Trömer kündigte an, dass bald ein neues Gewerbeflächenstrukturkonzept vorgestellt werden soll; für das Temmler-Gelände jedoch gelte ein bestehender älterer Bebauungsplan. Die Stadt erwartet von den Neubauten auf dem Temmler-Gelände "positive Impulse" für das Gebiet Neumarkter Straße.

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