Berg am Laim:Neuer Geist in alten Fässern

Seit Jahren will die Stadt das aufgelassene Gelände der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein kaufen, doch die Verhandlungen mit dem Bund stocken. Vorerst lagert die Feuerwehr auf dem Areal Notfall-Vorräte

Von Lea Kramer, Berg am Laim

Details aus den Münchner Katastrophenschutzplänen sind nicht grundsätzlich geheim. Wo wichtige Vorräte für die Gesundheitsversorgung lagern, wird dennoch zurückhaltend kommuniziert. Selbst wenn es sich um ein jahrelang brach liegendes Gelände wie den früheren Sitz der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein (BfB) am Leuchtenbergring handelt, das wieder neu genutzt wird.

Seit dem vergangenen Sommer lagert die Münchner Berufsfeuerwehr an der Neumarkter Straße 1 Desinfektionsmittel für die Notfallversorgung medizinischer Einrichtungen. "Anfangs waren das mehrere 100 000 Liter, für die wir eine geeignete Fläche suchten. Da es sich um ein Gefahrgut handelt, muss die natürlich auch unseren eigenen Brandschutzvorrichtungen entsprechen", sagt Max Berthold, der für die Branddirektion Konzepte für den Katastrophenschutz entwickelt. Der Sitz der alten Fabrik habe sich angeboten, da dort die meisten Einrichtungen zur Lagerung von Alkohol noch vorhanden seien. Zudem habe die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), der die Fläche gehört, das Areal der Feuerwehr mietfrei zur Verfügung gestellt. "Wir mussten das Gelände etwas ertüchtigen, bezahlen die Betriebskosten und haben einen Bewachungsdienst eingestellt", sagt Berthold. Bis Ende des Jahres läuft der Mietvertrag.

Berg am Laim: Freiraum für die Subkultur auf knapp zwei Hektar könnte in der ehemaligen staatlichen Branntweinfabrik an der Neumarkter Straße entstehen.

Freiraum für die Subkultur auf knapp zwei Hektar könnte in der ehemaligen staatlichen Branntweinfabrik an der Neumarkter Straße entstehen.

(Foto: Gino Dambrowski)

Das knapp zwei Hektar große Grundstück im Dreieck zwischen der Bahnanlage, dem Gewerbegebiet an der Neumarkter Straße sowie der Dingolfinger Straße auf der anderen Seite des Mittleren Rings steht seit mehreren Jahren leer. Ursprünglich wurde in der Fabrik Cognac hergestellt, in jüngerer Vergangenheit hatte das Bundesmonopol für Branntwein dort eine Niederlassung. Die Bundesbehörde war dafür zuständig, den Agraralkohol aus kleinen und mittelständischen Brennereien aufzubereiten und zu verwerten. In Berg am Laim wurde der Alkohol destilliert und als sogenannter Neutralalkohol an Spirituosen- und Arzneimittelhersteller oder Kosmetikfirmen verkauft. Da das Bundesmonopol nicht mit den EU-Wettbewerbsregeln vereinbar war, wurde es bis Ende 2018 schrittweise aufgelöst. An der Neumarkter Straße übernahm die private Deutsche Agraralkohol AG bereits 2014 den Betrieb. Zwei Jahre später meldete das Unternehmen Insolvenz an. Seither wird um eine sinnvolle Nutzung des Geländes gerungen.

Berg am Laim: Die Stadt will mit dem Bau einer Berufsschule für Medien, Druck und Gestaltung beginnen.

Die Stadt will mit dem Bau einer Berufsschule für Medien, Druck und Gestaltung beginnen.

(Foto: Gino Dambrowski)

Ginge es nach der Stadt, könnte auf dem früheren Betriebsgelände und einem angrenzenden, derzeit vermieteten Grundstück eine Berufsschule für Medien, Druck und Gestaltung entstehen. Ein städtisches Verwaltungsgebäude ist ebenfalls geplant. In Vorbereitung dafür hat der Stadtrat 2017 den Flächennutzungsplan geändert und einen neuen Bebauungsplan aufgestellt. Damit es mit dem Bauen losgehen kann, müsste die Stadt das Gelände allerdings erst einmal vom Bund kaufen.

München, Berg-am-Laim, Brennerei AgrAlko,

Die Feuerwehr lagert in der Fabrik bis Jahresende Desinfektionsmittel für die Notfallversorgung medizinischer Einrichtungen.

(Foto: Angelika Bardehle)

Seit mehr als drei Jahren verhandelt das Kommunalreferat mit der Bima. Zum Abschluss eines Kaufvertrags ist es bislang nicht gekommen. An welcher Vertragspartei das liegt, ist schwer auszumachen. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben in Bonn verweist auf ein "Wertgutachten", das der Gutachterausschuss der Stadt München vor den Preisverhandlungen erstellen müsse. "Ein Termin für die Fertigstellung des Gutachtens ist derzeit nicht bekannt", sagt Bima-Sprecher Thorsten Grützner. Die Bewertung ist nicht die erste: Dem Bezirksausschuss (BA) Berg am Laim sei mitgeteilt worden, dass die Bima ein älteres Gutachten aufgrund "höherer Preisvorstellungen" nicht akzeptiert habe, sagt der stellvertretende BA-Vorsitzende Hubert Kragler (Grüne).

Der damit befasste Gutachterausschuss München - ein unabhängiges Gremium aus Immobiliensachverständigen - sei "mittendrin" in der Erstellung. Wegen der Coronakrise könne sich die Bewertung aber noch hinziehen, sagt der Vorsitzende Albert Fittkau. Bis ein Ergebnis vorliegt, könne es noch ein paar Monate dauern. Die Verantwortlichen im Kommunalreferat sind ebenfalls dieser Meinung. Das neue Verkehrswertgutachten für das Areal sei für die erste Jahreshälfte 2021 "anvisiert". Derweil würde das Grundstück auf Kampfmittel und Altlasten untersucht. "Sofern sodann Einigkeit über den Kaufpreis erzielt werden kann, kann der Erwerb dem Münchner Stadtrat zur Entscheidung vorgelegt werden", sagt Referatssprecherin Maren Kowitz.

Über welche Summen verhandelt wird, will das Kommunalreferat aus "Datenschutzgründen" nicht preisgeben. Der Gutachterausschussvorsitzende Fittkau verweist auf die unterschiedlichen Parameter, die in eine derartige Wertermittlung einfließen. "Wenn ich den Verkehrswert zum jetzigen Zeitpunkt wüsste, würde ich ihn nennen", sagt er.

Das Areal dürfte einen zweistelligen Millionenbetrag wert sein. Das legt ein Papier aus der Stadtkämmerei nahe. So ist in der Finanz- und Investitionsplanung "größerer Vorhaben 2020 bis 2024" ein Betrag von 85 Millionen Euro für "Grunderwerb Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima)" vorgemerkt. Demnach ist das Geld für den Kauf des Virginia-Depots an der Schleißheimer Straße sowie für das Gelände an der Neumarkter Straße vorgesehen, Realisierungszeitraum 2021.

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