Süddeutsche Zeitung

München:Erste Musik-Kita Münchens geplant

Die Zauberflöte in der Kita aufführen: Davon träumen zwei junge Gründerinnen. Auch gehörlose Kinder sollen integriert werden. Nur einen Träger suchen sie noch.

Von Daniel Sippel, Berg am Laim

München soll seine erste integrative Musik-Kita bekommen - mitten im Werksviertel, in unmittelbarer Nähe zum neuen Konzertsaal. Hörende und gehörlose Kinder bis zu zehn Jahren sollen dort künftig Instrumente lernen, Kostüme basteln, Mozarts "Zauberflöte" studieren und aufführen - und natürlich miteinander spielen, möglichst an der frischen Luft.

So jedenfalls wünschen es sich die Gründerinnen Shantala Vallentin und Maria Schäfer, beide 26 Jahre alt. Die Idee zur Kultur- und Musik-Kita entwickelten sie im vergangenen Jahr während ihres Kulturmanagement-Studiums an der Münchner Hochschule für Musik. In ihrer Masterarbeit träumten sie - noch theoretisch - von einer Kita, die sie selbst gerne besucht hätten: mit Instrumenten zum Ausprobieren in jedem Kita-Raum, mit Zeit zum Malen, Singen und engem Kontakt zu den assozierten Künstlern.

16 besonders qualifizierte Erzieher sollen die Kinder eines Tages betreuen; eine der Voraussetzungen ist das Beherrschen der Gebärdensprache, um die gehörlosen Kinder in das Programm einbinden zu können; zudem sollen sie grundsätzlich der Musik zugetan sein. Vorgesehen für die Erzieher ist auch kostenloser Instrumentalunterricht nach Dienstschluss.

Die Idee von Shantala Vallentin und Maria Schäfer kam, wie sich schnell zeigte, gut an. Das wurde klar, als die beiden mehr als 60 Eltern nach möglichen Verbesserungen fragten: "Wir mussten lange suchen, um einen zu finden, der das Ganze nicht gut fand", freut sich Vallentin, "und wenn das Konzept so gut akzeptiert wird, scheint es ja auch einen Markt zu geben". Also beschlossen sie, das Projekt von der Master-Arbeit in die reale Welt zu tragen - sie rechneten die Finanzierung durch, sprachen mit städtischen Behörden, kontaktierten Kooperationspartner im Kultur-Sektor.

Denn Vallentin und Schäfer planen, Workshops mit Profi-Musikern und Künstlern zu organisieren. So sollen die Kinder frühzeitig Kontakt zu Künstlern knüpfen, inspiriert werden und von den Profis lernen. Immer wieder betonen die Gründerinnen ihre Motivation: "Wenn Kinder Musik hören, dann gehen sie einfach ab - fast schon ein Ur-Instinkt; das zu fördern, ist wichtig."

Das bestätigt Martina Taubenberger, die Leiterin der "Whitebox", ein Kunst- und Kulturzentrum im Werksviertel. Auch ihre Vorstellung ist es, "bei Kindern das Grundbedürfnis zu erzeugen, sich mit Kunst und Kultur auseinanderzusetzen." Deshalb fand Taubenberger das Kita-Konzept "einfach großartig". Schnell entschied sie sich, die Idee zu unterstützen und stellt sich vor, ihre Künstlerateliers Kindern zugänglich zu machen.

Auch Vertreter der beiden anderen avisierten Partner, das Münchner Kammerorchester und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, schließen sich dem Lob an. Für Nikolaus Pont, Manager des Orchesters des Bayerischen Rundfunks, ist die Musik-Kita eine tolle Initiative: "Wir stehen einer Kooperation sehr, sehr positiv gegenüber." Auch Florian Ganslmeier vom Münchner Kammerorchester konstatiert: "Ich bin sehr begeistert, die Idee steht dem ganzen Orchester nahe."

Konkrete Unterstützung können sie allerdings nicht zusagen, was an einem noch nicht gelösten Problem liegt: Für den Betrieb einer Kita brauchen Shantala Vallentin und Maria Schäfer einen geeigneten Träger, was sich als Herausforderung erweist. Denn ein möglicher Träger muss nicht nur das pädagogische Konzept mittragen, sondern auch die soziale Ausrichtung - die Musik-Kita soll kein exklusives Angebot für Kinder aus reichen Familien sein. Zwar habe frühe musikalische Förderung "den Anstrich des Elitären - aber wir wollen die Kinder nicht zu kleinen Mozarts erziehen", so Vallentin.

Trotzdem wird die Musik-Kita teurer als eine "normale" städtische Einrichtung werden, der Betreuungsaufwand sei einfach höher. Momentan suchen die beiden jungen Frauen nach Wegen, die Preiskalkulationen zu drücken. Die Stadt will die Kita unterstützen, sobald ein Antrag zum Betrieb vorliegt, so das Referat für Bildung und Sport. Wie hoch diese Unterstützung ausfallen wird, ist jedoch unklar: Die Förderhöhe richtet sich nach unterschiedliche Indikatoren.

Für die Gründerinnen minimiert das die Sicherheit bei Planung und Finanzierung. Maurice Lausberg, Professor für Kulturmanagement und ehemaliger Unternehmensberater, vertraut den beiden Gründerinnen trotzdem. Er betreute ihr Projekt an der Hochschule und attestiert: "Der Business-Plan ist exzellent recherchiert und detailliert ausgearbeitet". Daher bleibt er optimistisch: "Die Kombination aus Motivation, Willen und einem durchdachten Konzept ist schon mal nicht schlecht. Ich kann mir gut vorstellen, dass die beiden das hinbekommen."

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Quelle:
SZ vom 05.11.2016/dsip
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