Birgit Bergmann:Je gleicher, desto besser

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"Wer als Führungskraft respektiert werden will, muss damit leben können, nicht von jedem gemocht zu werden", sagt Birgit Bergmann. (Foto: Nela Dorner)

Birgit Bergmann berät Managerinnen und empfiehlt ihnen, Netzwerke zu pflegen - die allerdings nur unter bestimmten Bedingungen gut funktionieren.

Interview von Birgit Kruse

Birgit Bergmann ist Münchnerin und arbeitet seit gut 15 Jahren selbständig als Managementberaterin und Coach. Sie hat unter anderem Betriebswirtschaftslehre studiert und darin promoviert sowie zehn Jahre in leitenden Positionen für mehrere Unternehmen gearbeitet.

SZ: Frauen in Führungspositionen stehen meist unter besonderer Beobachtung. Gibt es einen Rat, den Sie ihnen mit auf den Weg geben können?

Birgit Bergmann: Sich gut zu rüsten und den Humor nicht zu verlieren. Denn es ist wichtig, auch mal über schwierige Situationen zu schmunzeln und Prozesse aus einer gewissen Distanz zu beobachten. Frauen in Führungspositionen werden noch immer stärker beobachtet als ihre männlichen Kollegen. Im Zweifel werden Frauen auch mehr kritisiert. Für Frauen ist es also eine besondere Kunst, mit Schüssen aus dem Hinterhalt umzugehen.

Und um das zu lernen, ist wiederum ein Coaching sinnvoll?

Stimmt. Im Coaching können sich Frauen persönlich weiterentwickeln und Strategien lernen.

Andere Strategien als Männer?

Darum geht es mir weniger. Wenn ich coache, konzentriere ich mich lieber auf die Frage: Wie verschafft man sich Respekt? Das heißt letztlich nichts anderes, als dass die Frau in ihrer Aufgabe und Rolle akzeptiert wird. Dabei muss man sich auch bewusst machen: Wer als Führungskraft respektiert werden will, muss auch damit leben können, nicht von jedem gemocht zu werden. Gerade bei Frauen erlebe ich, dass dieser Wunsch stärker ausgeprägt ist als bei Männern. Hilfreich ist es, solche Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Alltag dann auch in geeigneten Netzwerken zu spiegeln und sich dort weitere Inspirationen zu holen.

Und wie findet frau das richtige Netzwerk?

Die Kriterien für das richtige Netzwerk sind natürlich individuell. So muss sich jede Frau erst einmal fragen, was für sie "richtig" überhaupt bedeutet. Also: Was will ich? Welchen Austausch will sie mit anderen Frauen? Sucht sie als Führungskraft das Gespräch mit anderen Führungskräften? Welches Thema beschäftigt sie? Danach unterscheiden sich auch die Netzwerke - von bunten und offenen bis hin zu gleichartigen und geschlossenen, in die man nur über persönliche Empfehlungen kommt. Wichtig ist immer, sich die Strukturen und Personen der Netzwerke genau anzusehen und sich zu fragen, ob man sich in dem Umfeld wohlfühlt und dort die Frauen trifft, die auch weiterhelfen können.

Die meisten Führungskräfte sind nach wie vor Männer. Doch immer mehr Frauen finden sich in Netzwerken zusammen, die nur für Frauen sind. Sind gemischte Netzwerke nicht viel effizienter?

Nein. Die Mischung macht's. Es ist sinnvoll, in beiden Netzwerken unterwegs zu sein. Denn die Ausrichtungen sind meist unterschiedlich. Frauennetzwerke dienen dazu, sich gegenseitig Rat zu geben, sich zu unterstützen und zu ermutigen. Und auch dazu, Erfolge zu feiern. Viele erfolgreiche Frauen sind zudem in gemischten Netzwerken unterwegs, vor allem, um die Kontakte zu anderen Entscheidern zu nutzen.

Wie erleben Sie Frauen in Frauennetzwerken?

Als sehr kooperativ und hilfsbereit. Von dem gerne unterstellten neidischen Verhalten kann ich jedenfalls nicht berichten.

Woran liegt's?

Die Struktur des Netzwerkes spielt dabei sicher eine wichtige Rolle. Meine Erfahrung ist: Umso mehr sich Frauen unter Gleichen fühlen, umso besser funktioniert es. Wenn das Netzwerk zu bunt ist, kommt es schneller zu Problemen. Je gleicher das Netzwerk ist, desto höher ist das Verständnis für die Probleme und Themen der anderen.

Meist haben Frauen, die sich in den Netzwerken zusammenfinden, schon Karriere gemacht. Was ist aber mit denen, die noch am Anfang stehen, die noch nicht in den Führungsetagen angekommen sind?

Auch hier empfehle ich immer das persönliche Gespräch. Doch zunächst sollten sich diese Frauen fragen, welche Frauen sie in ihrem beruflichen Umfeld interessant finden und an denen sie sich auch orientieren können. Von welchen Frauen sie also gerne erfahren würden, wie sie geworden sind, was sie sind. Sobald sie mit diesen Frauen ins Gespräch kommen, sie nach ihren Erfahrungen und Ratschlägen fragen, beginnen sie schon zu netzwerken.

Einige Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern auch Mentoring-Programme an.

Auch das kann ein guter Anfang sein, um sich unterstützen zu lassen und ein Netzwerk aufzubauen - und ein weiterer Baustein neben Coaching und den eben beschriebenen Netzwerken.

Welchen Vorteil hat ein Mentor im Vergleich zu einem Netzwerk?

Letztlich ist ein Mentoring eine weitere Möglichkeit, in Austausch zu gehen. Der Vorteil daran ist, dass das Unternehmen beispielsweise seiner Mitarbeiterin einen Paten aus dem eigenen Unternehmen oder extern zur Seite stellt, der meist direkt aus dem Geschäft kommt und dessen Gesetze und Eigendynamiken gut kennt. Diese Person hilft dabei, regelmäßig Feedback zu bekommen, aber auch neue Kontakte innerhalb oder außerhalb des Unternehmens zu erschließen.

Gerade Jüngere verbringen viel Zeit mit dem Aufbau und der Pflege virtueller Netzwerke. Welche Rolle spielen Facebook, Xing oder Linkedin überhaupt?

Sie ersetzen natürlich nicht das persönliche Netzwerk, können aber durchaus der Auftakt dazu sein. Denn Netzwerke wie Xing, Linkedin, Facebook oder ähnliche sind gute Such- und Kontaktplattformen. Sie erleichtern es auch, bereits bestehende Kontakte zu pflegen. Doch wie gesagt: Ich bin ein Fan des persönlichen Gesprächs.

© SZ vom 25.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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