Beratergremien:Fluchen und Segen der Expertise

Die Staatsregierung berief schon einmal ein Gremium ein, wie es sich OB Reiter vorstellt - und machte zwiespätige Erfahrungen

Von Frank Müller

Einen eigenen Zukunftsrat zu haben, das klingt nach Unabhängigkeit, Blick nach vorne, auch nach Souveränität. In der Praxis jedoch kann einem ein solches Gremium auch jede Menge Ärger einhandeln, wie Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) nur zu gut weiß. Der Regierungschef hatte in seiner ersten Amtszeit einen Zukunftsrat, der mit hochrangigen Experten aus Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft besetzt war. Doch als das Gremium dann Empfehlungen vorlegte, Bayern solle bei der Landesentwicklung für einen Teil des Freistaats alle Hoffnung fahren lassen, war der Ärger groß. Unter dem Vorsitz des Unternehmensberaters Herbert Henzler hatte der Rat ein Konzept entwickelt, das für Teile Frankens, der Oberpfalz und Niederbayerns empfahl, sich von ehrgeizigen wirtschaftlichen Ambitionen zu verabschieden. Stattdessen solle man die Ballungszentren stärken, vor allem natürlich den Großraum München. Für Teile Ostbayerns empfahl der Zukunftsrat, sie sollten sich eher Richtung Österreich orientieren.

Für die Opposition war das ein gefundenes Fressen, sie bescheinigte der CSU, eine Zwei-Klassen-Entwicklung anzustreben. Seehofer war das alles eher peinlich, denn es war so etwa das Gegenteil von dem, was ihm eigentlich vorgeschwebt hatte, als er den Zukunftsrat etablierte, um, wie es hieß, Bayern zukunftsfähig zu machen. Richtig warm geworden ist der Regierungschef seitdem nicht mehr mit einer solchen Institution, obwohl es solche Gremien auch auf anderer Ebene gibt, etwa bei der bayerischen Wirtschaft. Deren Zukunftsrat kümmert sich vor allem um Fragen der Digitalisierung und will Rezepte für den Umgang mit der Datenflut entwickeln. Seehofer jedoch macht sich seitdem seine Zukunft lieber selbst. Wenn der Ministerpräsident seine eigenen Konzepte entwickelt, stellt er sie gern unter das Motto: "Bayern. Die Zukunft".

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