Süddeutsche Zeitung

Benimm in der Ballsaison:Männer müssen "Ja" Sagen

Wär´ das Leben doch ein Ball! Dann dürften Männer niemals "Nein" sagen. Das erklärt Thomas Schäfer-Elmayer, der es wissen muss: Er leitet die Eröffnung des Wiener Opernballs.

Claudia Wessel

SZ: Wie kann man sich auf einem Ball daneben benehmen? Einmal als Mann, einmal als Frau.

Schäfer-Elmayer: Für beide Seiten ist erst einmal Pünktlichkeit sehr wichtig. Denn wenn man gestresst in einen Ball hineinhastet, ist das schon mal ein sehr sehr schlechter Start.

SZ: Wer sollte auf wen warten? Sollte der Mann zuerst da sein?

Schäfer-Elmayer: Am besten ist es natürlich, er holt sie ab und sie fahren gemeinsam zum Ball und zwar so, das ist zumindest in Wien sehr zu empfehlen, dass man gleich nach dem Einlass da ist, das ist meistens eine Stunde vor Balleröffnung. Dann kann man in Ruhe seinen Mantel abgeben und seinen Platz suchen.

Wichtig ist natürlich auch, in der richtigen Kleidung zu erscheinen. Die Veranstalter bitten ja um festliche Kleidung. Das ist teilweise ausschließlich Frack, teilweise ist auch Smoking zugelassen. Je weniger festlich die Kleidung ist, desto weniger festlich ist automatisch der Ball. Weil die Kleidung eben ganz stark das Niveau und das Ambiente des Balls bestimmt, sollte man sich auch an diese Vorgaben halten.

SZ: Ist Frack auch in München angesagt?

Schäfer-Elmayer: In München kommen viele im Frack! Der Präsident der Österreichisch-Bayerischen Gesellschaft Carl Paul Wieland zum Beispiel kommt im Frack, ich komme im Frack... Es gibt eine sehr starke Tendenz hin zum Frack. Der Grund dafür ist ganz einfach: Die Herren möchten sich vom Ober unterscheiden!

SZ: Und als Frau? Kann man da mit der Kleidung etwas falsch machen?

Schäfer-Elmayer: Natürlich. Bei der Kleidung für eine Frau ist es wichtig, etwas zu haben, das ihr auch gut steht. Und was natürlich auch diesen Ballvorgaben entspricht.

SZ: Mit einem langen Kleid kann man nichts falsch machen, oder?

Schäfer-Elmayer: Nein, das auf jeden Fall. Kurze Cocktailkleider sind bei manchen Bällen nicht gerne gesehen, zumindest in Wien. Wie das hier in München genau gehandhabt wird, weiß ich nicht genau. Beim Kaiserball ist ein langes Kleid jedenfalls Pflicht.

SZ: Was kann man noch alles falsch machen auf einem Ball? Schäfer-Elmayer: Da gibt es natürlich unzählige Möglichkeiten. Zum Beispiel, wenn ein Herr aufgefordert wird zum Tanz von einer Dame bei Damenwahl, darf er nicht ablehnen. Das wissen anscheinend heute die Männer nicht mehr. Das ist sehr unhöflich. Umgekehrt: Eine Dame darf jederzeit ablehnen und muss das auch nicht begründen.

SZ: In Ihrem Buch schreiben Sie, dass eine Aufforderung einer Dame auch schon durch die Blume verstanden werden muss. Wenn sie etwa zu einem Herrn sagt ,,Tanzen Sie gar nicht?'' sollte er das bereits als Aufforderung verstehen.

Schäfer-Elmayer: Es gibt ja die strenge Regel, dass nur die Herren auffordern dürfen, solange nicht ausdrücklich eine Damenwahl angesagt ist. In dem Fall ist es natürlich für eine Dame nur so möglich, einen Herrn zum Tanzen zu animieren. In der Praxis geht das natürlich sowieso sehr häufig von den Damen aus, denn diese sind viel tanzfreudiger als die Männer.

SZ: Es ist aber immer noch so, dass offiziell eine Dame nicht auffordern darf?

Schäfer-Elmayer: Es sei denn, bei einem Ball wird es ausdrücklich gesagt, dass Damen- und Herrenwahl ist.

SZ: Kann man das nicht mal moderniesieren?

Schäfer-Elmayer: (lacht) Kann man schon! Das Problem mit dem Modernisieren ist nur so eine Sache. Ich habe gerade letzte Woche von einer Dame gehört, die ,,Knigge neu'' vorgestellt hat. Die junge Dame hat von allen möglichen Regeln behauptet, die wären nicht mehr in Kraft, etwa stünden die Damen heute auch immer auf bei der Begrüßung. Das ist jedoch glatter Unfug. Diese junge Dame kann das genauso wenig bestimmen wie irgendein Kommitee oder sonstwer. Da gibt es ganz klare alte Regeln und Traditionen und die kann nicht irgendjemand, weil es ihm nicht mehr passt, verändern.

SZ: Wer könnte sie verändern?

Schäfer-Elmayer: Das ist eine gute Frage. Dinge verändern sich eben. Beispiel Handschuhe. Wenn mir jemand auf der Straße begegnet und er hat Handschuhe an, wird er höchstwahrscheinlich seinen Handschuh ausziehen und ich meinen auch - obwohl sich das eigentlich streng genommen nicht gehört. Diese Regel kennt kein Mensch mehr. Man behält die Handschuhe an. Das hat sich eben im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte geändert. Der arme George Bush ist da ja in Bratislava furchtbar ins Fettnäpfchen gestiegen, weil er seinen Handschuh anbehalten hat.

SZ: Also wie ist es jetzt richtig?

Schäfer-Elmayer: Gerade beim Ball, dort sind wir ja , wird der Handschuh der Dame nur beim Essen ausgezogen. Ansonsten behält sie ihn an. Das war eben früher im Freien auch so, wird aber heute von niemandem mehr verstanden. Ein typischer Fall, wo eine Regel praktisch tot ist. Eine Regel, die niemand mehr versteht, ist wie eine tote Sprache.

SZ: Und wenn die Damen nicht verstehen, warum sie die Männer nicht auffordern dürfen?

Schäfer-Elmayer: Das Verbot hat insofern seine Berechtigung, als ein Mann ja nicht ablehnen darf. Wenn die Männer nun auch ablehnen dürften, kann man auch sagen, es ist Gleichberechtigung, sie darf ruhig auffordern.

SZ: Das tun die Männer doch munter.

Schäfer-Elmayer: Das dürfen sie überhaupt nicht!

SZ: Das Jackett bleibt immer an. Ist das noch aktuell?

Schäfer-Elmayer: Das ist absolut richtig. Wenn ein Herr sein Jackett auszieht, das zerstört das gesamte Bild.

SZ: Liebespaare sollten keine Zärtlichkeiten austauschen...

Schäfer-Elmayer: Keine zu intimen! Ich finde es nett, wenn man sich ein kurzes Küsschen gibt und sich am Händchen hält. Aber wenn die Dame beim Herrn auf dem Schoß sitzt und intensiv herumschmust - das seh ich ja immer wieder gerade bei sehr jungen Paaren - das gehört sich natürlich nicht.

SZ: Und beim Tanzen sollte man auch Haltung bewahren?

Schäfer-Elmayer: Die Tanzhaltung hat ja auch den Sinn, dass man die Technik besser beherrscht. Man tut sich einfach leichter mit der korrekten Tanzhaltung. Dazu kommt natürlich auch: Man ist in der Öffentlichkeit und nicht im Schlafzimmer.

SZ: Wer zahlt?

Schäfer-Elmayer: Grundsätzlich bezahlt der Herr, in jedem Lokal, beim Ball und überall. Wenn es nicht anders vereinbart ist. Ein Kellner muss im Grunde gar nicht fragen, ob zusammen oder getrennt. Eigentlich kann er davon ausgehen, dass der Herr zahlt.

SZ: Noch eine Unsitte, die Sie hassen?

Schäfer-Elmayer: Ja. Ich erlebe manchmal, dass Leute Gläser oder Zigaretten mit auf die Tanzfläche nehmen. Das ist natürlich absolut ungehörig. Heuer ist allerdings in Österreich erstmals bei allen Bällen absolutes Rauchverbot. Im vorigen Jahr war es schon beim Opernball. Es haben sich aber nicht viele daran gehalten.

Thomas Schäfer-Elmayer hat einige Bücher zum Thema Etikette geschrieben, unter anderem ,"Früh übt sich - und es ist nie zu spät".

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Quelle:
SZ vom 15.1.2007
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