Behördenfehler:Waffenschein für Schwerverbrecher

Was nützen die schärfsten Waffengesetze, wenn die Behörden, die Waffenscheine ausstellen, offensichtlich überfordert sind? Einem Mann ist trotz seiner Verurteilung wegen versuchten Mordes der Besitz von Pistolen und Gewehren erlaubt worden.

Andreas Salch

Das Landratsamt München hat Anfang Februar einem 1988 wegen versuchten Mordes und schwerer räuberischer Erpressung zu fünfzehn Jahren Gefängnis verurteilten Mann aus dem Landkreis München nicht nur eine Waffenbesitzkarte erteilt, am selben Tag trug die Behörde in das Dokument gleich auch noch eine Waffe ein, die der 47-Jährige erst neu erworben hatte. Ein Beamter des Landratsamts sprach am Mittwoch vor dem Verwaltungsgericht München von einem "bedauerlichen Fehler".

Auch im Kreisverwaltungsreferat war niemandem der fatale Lapsus aufgefallen. Dass ausgerechnet ein rechtskräftig verurteilter Räuber eine Waffenbesitzkarte und einen Jagdschein bekommen hatte, die ihn dazu berechtigten, Waffen zu kaufen, bemerkten erst Beamte der Polizeidirektion München.

Sie informierten die Behörden. Folge: Dem 47-Jährigen, der jetzt auch noch als Personenschützer arbeiten möchte, wurden beide Dokumente abgenommen. Gegen die Entscheidung klagte er am Mittwoch vor dem Verwaltungsgericht.

Ein "bedauerlicher Fehler" in diesem bislang einzigartigen Fall war aber nicht nur dem Landratsamt München unterlaufen. Bereits 2006 hatte das Landratsamt Starnberg dem 47-Jährigen erstmals eine Waffenbesitzkarte erteilt, weil er damals für ein Sicherheitsunternehmen im Landkreis Starnberg arbeitete. Die Erteilung der Waffenbesitzkarte sei "rechtswidrig" gewesen, empörte sich eine Landesanwältin als Vertreterin des Freistaates Bayern in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht.

Denn nach seiner vorzeitigen Entlassung aus dem Gefängnis war der 47-jährige Kläger erneut mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Und zwar wegen Betruges und Amtsanmaßung. 2004 soll er sich gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern als Polizist ausgegeben und sie mit einer Kelle zum Anhalten genötigt haben. Das Verfahren wurde später gegen Geldauflage eingestellt.

Der Beamte, der seinerzeit am Landratsamt Starnberg dafür verantwortlich war, dass der 47-Jährige die Erlaubnis erhalten hatte, großkalibrige Waffen zu führen, erklärte, er könne sich an den Vorgang nicht mehr im Detail erinnern. Bei der Durchsicht der alten Akten musste er aber einräumen, dass sich darin damals bereits Hinweise auf die neuerlichen Verfahren wegen Betruges und Amtsanmaßung befanden.

Der Anwalt des Klägers meinte, der Resozialisierungsgedanke müsse auch in waffenrechtlichen Angelegenheiten gelten. Schließlich habe sein Mandant über den Jagdschein Anschluss in der Jägerschaft gefunden. Das Gericht wies die Klage des 47-Jährigen aber zurück. Die von ihm begangenen Taten zeigten, dass er kein "positives Verhältnis zum Rechtsstaat" habe und lassen Zweifel an seiner Zuverlässigkeit im Umgang mit Waffen aufkommen, so die Urteilsbegründung.

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