Before zieht Halbjahresbilanz:Rechte Gewalt nimmt zu

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Anders als die bayerische Staatsregierung verzeichnen Beratungsstellen für Opfer höhere Fallzahlen

Von Sven Loerzer

Vor kurzem erst meldete Bayerns Innenminister Joachim Herrmann für das erste Halbjahr 2018 einen Rückgang rechtsextremistischer Straf- und Gewalttaten. In der Arbeit der Beratungsstelle "Before", die Opfer von Diskriminierung, Rassismus und rechter Gewalt in München berät und unterstützt, spiegelt sich dieser Trend nicht wider. Im Gegenteil: "Im Vergleich zum Vorjahr zeichnet sich für Before in den beiden Fachbereichen Antidiskriminierungsberatung und Betroffenenberatung bei rechter, rassistischer Gewalt im Vergleich zum Vorjahr insgesamt eine merkliche Steigerung des Fallaufkommens ab", erklärt Damian Groten, Pressesprecher von Before. "Die Fallzahlen im ersten Halbjahr 2018 liegen deutlich oberhalb des Wertes für die erste Jahreshälfte 2017."

In Absprache mit der Nürnberger Beratungsstelle "Beratung, Unterstützung, Dokumentation" (B.U.D.), die Betroffene von rechter Gewalt im übrigen Freistaat begleitet, will Groten aber noch keine Zahlen nennen. Steffen Huber von B.U.D. kann ebenso keine Entspannung erkennen. Die Fallzahlen blieben wie 2017 auf einem hohen Wert, sagt er, ohne diesen genau zu beziffern.

Nach Beobachtungen der Beratungsstelle würden Geflüchtete und Muslime besonders häufig zum Ziel rechter Angriffe. Zurzeit seien die Berater in mehr als einem Dutzend Fällen aktiv, in denen Täter Gewalt anwendeten, zudem seien mehrere Anfragen noch offen. "Der Blick auf die Praxis der Beratungsstellen in Bayern zeigt, dass von einer abnehmenden Intensität im Bereich rechter und rassistischer Gewalt in der ersten Jahreshälfte 2018 nicht die Rede sein kann", betont Steffen Huber.

Anfeindungen, Diskriminierungen und Gewalt mit rechtem und menschenfeindlichem Hintergrund seien in der ersten Jahreshälfte 2018 in Bayern leider unverändert an der Tagesordnung. Dem vom Verfassungsschutz in seiner Halbjahresbilanz gezeichneten Bild einer sich entspannenden Lage jedenfalls widersprächen eindeutig die Erfahrungen aus der Beratungspraxis beider Stellen.

Aus deren Sicht sollte das zum Anlass genommen werden, die behördlichen Erfassungskriterien zu überprüfen. "Die Dunkelziffer bei rechten Angriffen in Bayern ist offensichtlich hoch", erklärt Damian Groten. "Die behördliche Erfassung muss verbessert werden, damit das Ausmaß rechter Gewalt angemessen registriert werden kann und Betroffene, die Hilfe erhalten, die sie benötigen", sagt er.

© SZ vom 20.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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