Süddeutsche Zeitung

Vorkaufsrecht:Ein Veto, das der CSU schadet

Bayerns Bauministerin Schreyer verhindert ein starkes politisches Signal der Bundesländer für mehr Mieterschutz. Das ist nicht nur unsensibel, sondern auch politisch unklug.

Kommentar von Sebastian Krass

Da sitzen 16 Länderministerinnen und -minister zusammen, alle zuständig für das Thema Wohnen und Bauen. Sie kommen aus unterschiedlichen Parteien und haben naturgemäß ganz unterschiedliche Perspektiven auf das Thema Wohnungsnot. Aber in einem sind sich 15 von ihnen einig: dass der Bundestag schleunigst das Baugesetzbuch anpassen muss, um eines der wichtigsten Instrumente von Kommunen für den Schutz von Mietern zu stärken. Es geht um das Vorkaufsrecht in Gebieten mit Erhaltungssatzung, das nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts womöglich nur noch in wenigen Fällen gelten dürfte. Eine Ministerin aber verhindert einen entsprechenden Beschluss der Runde - es ist die Ministerin, in deren Bundesland der angespannteste aller deutschen Wohnungsmärkte liegt: München.

Das Verhalten der bayerischen Bauministerin Kerstin Schreyer (CSU) in der Länderrunde zeugt von mangelnder Sensibilität gegenüber den Mieterinnen und Mietern in München und anderen bayerischen Städten, die angesichts galoppierender Mietpreise um ihr Dach über den Kopf fürchten - oder erst gar keines finden. Und es ist politisch unklug.

Schreyers Begründung für das Veto lautet, man müsse erst die Urteilsbegründung prüfen. Das steht zwar so ähnlich auch im Ampel-Koalitionsvertrag. Aber bei der Länderrunde ging es darum, ein starkes Zeichen zu senden, dem die neue Bundesregierung sich nur schwer widersetzen kann. Dass Schreyer das verhindert hat, macht ihre Partei beim Thema Wohnungspolitik in Großstädten noch angreifbarer.

Schon bisher war die CSU im Stadtrat in diesem Punkt ständig in der Defensive, etwa wenn die grün-rote Koalition ihr vorhielt, dass der Freistaat die Umsetzung des von der CSU im Bundestag mitbeschlossenen Baulandmobilisierungsgesetzes teilweise verhindere. Schreyer hat fünf Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes immer noch keine Verordnung erlassen, in der München zu einer Kommune mit angespanntem Wohnungsmarkt erklärt wird - eine Voraussetzung, damit neue Regelungen zum Mieterschutz in Kraft treten können. Man müsse den Erlass der Verordnung bayernweit prüfen, das laufe noch, heißt es aus dem Ministerium. Besonders eilig scheint man es dort nicht zu haben.

In knapp zwei Jahren wählt Bayern einen neuen Landtag. Die CSU wird sich schwer tun, Zuspruch zu finden bei Wählerinnen und Wählern, die das Thema Wohnungsnot umtreibt.

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