Manchmal ballt sich in diesem Kulturstaat alles auf sehr erstaunliche Weise. So am vergangenen Wochenende. Da war Markus Söder (CSU) am Sonntag nicht persönlich beim Festakt 500-Jahre Bayerisches Staatsorchester in der Oper, hat aber bleibenden Eindruck per Videobotschaft hinterlassen. Die brachte ihm Buhs, "Peinlich"-Rufe und Beifall ein. Letzteren an exakt jener Stelle, die Söder eher für einen Lacher vorgesehen hatte: Politiker und Ministerpräsidenten seien austauschbar im Vergleich zu einer Kulturinstitution wie der gefeierten. Ja mei.
Das Publikum war groß, das Nationaltheater voll besetzt mit rund 2000 Zuschauern, viele verdiente Bürger, geladen zum anschließenden Staatsakt, so auch Staatsministerin Claudia Roth (Grüne), Vorstandsmitglieder der börsennotierten Münchner Konzerne, Generaldirektoren der staatlichen Museen, Komponisten, aktuelle und ehemalige Staatsintendanten. Zudem wurde der Festakt im Radio übertragen.

Jubiläum des Bayerischen Staatsorchesters:Söders unpassender Fußballvergleich
Das Bayerische Staatsorchester feiert seinen 500. Geburtstag - und der Ministerpräsident blamiert sich mit einer Video-Grußbotschaft.
Doch wo war Söder zu dieser Zeit eigentlich stattdessen live und in Farbe?
Wenige Stunden zuvor, am Samstagabend, war Söder noch im Münchner Künstlerhaus, das fünf Laufminuten von der Oper entfernt liegt. Da feierte er - gemeinsam mit Innenminister Joachim Herrmann, Ilse Aigner und Kunstminister Markus Blume (alle CSU), Ex-Bundespräsident Christian Wulff, Ex-Söder-Widersacher Armin Laschet und Sachsen-Anhalts MP Reiner Haseloff (alle CDU) nebst vielen Nicht-Politikern wie dem Maler Markus Lüpertz - den 70. Geburtstag eines einzelnen Mannes: Leslie Mandoki. Und auf diesen umtriebigen Musikproduzenten, Allstar-Bandleader und Ex-Schlagerhelden mit Dschingis-Khan-Vergangenheit hielt er auch eine rundum gelungene, etwas launige Rede. Ja, das kann er bekanntlich auch.
Am nächsten Tag aber, das gab er unumwunden zu, da werde er nicht bei der 500-Jahr-Feier des Staatskapelle sein. Er ahne schon, die "bösen Kommentare", lachte er noch, aber da müsse er zu einem kabarettistischen Zwiegespräch.

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Und das führte Söder, während in München 500 Jahre Musikgeschichte von Orlando di Lasso über Wagner und Strauss und darüber hinaus gefeiert wurden, nach Wargolshausen. Dort war er der Überraschungsgast bei einem Frühschoppen mit dem Titel "Brezel, Bier un domm's Gebabbel" von Fredi Breunig. Dem im Süden Bayerns recht unbekannten Kabarettisten hat er den Bayerischen Verdienstorden mitgebracht, in die Rhön in Unterfranken. Wargolshausen hat ganze 450 Einwohner, vom Baby bis zum Greis.
Was also will uns das sagen? Doch nicht etwa, dass Markus Söder, einige Handvoll sichere Wähler in seiner fränkischen Heimat lieber sind, als eine Oper voller ungewisser im Nationaltheater? Und dass er die Landeshauptstadt als Schlachtfeld für seine Wahlkampftour längst aufgegeben hat? Das wäre doch wenig sportlich - oder zumindest: nicht schön.