Corona-Krise:Alle gegen Söder

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Die bayerischen Intendanten fordern in einem offenen Brief an den Ministerpräsidenten, dass es einen Spielbetrieb vor 200 Zuschauern geben müsse - auch in Corona-Hotspots.

Von Christiane Lutz

Es ist ein fast historischer Akt, so entschlossen und einig, wie die bayerischen Theater auftreten. In einem offenen Brief an Ministerpräsident Markus Söder (CSU) fordern die zehn Unterzeichner nicht nur, sie insistieren sogar. Sie insistieren, den Spielbetrieb vor 200, in der Bayerischen Staatsoper und der Philharmonie vor 500 Zuschauern, auch dann aufrecht zu erhalten, wenn der Inzidenzwert von 100 überschritten wird. "Alles andere käme einem zweiten Lockdown gleich und bedeutet eine Existenzbedrohung für alle Bühnen in Bayern", heißt es in dem Brief vom Freitag. Unterzeichnet haben Intendantin Barbara Mundel (Kammerspiele), die Intendanten Nikolaus Bachler, (Bayerische Staatsoper), Christian Stückl (Volkstheater), André Bücker (Staatstheater Augsburg), Andreas Beck (Bayerisches Staatsschauspiel), Josef E. Köpplinger (Gärtnerplatztheater), Jens Daniel Herzog (Staatstheater Nürnberg), sowie Hans-Jürgen Drescher (Präsident der Theaterakademie August Everding), Max Wagner (Geschäftsführer des Gasteig) und, als Stellvertreter der freien Szene, Till Hofmann.

Söder hatte am Mittwoch zwar erweiterte Hilfen für den Kulturbetrieb versprochen, aber auch angekündigt, ab einem Inzidenzwert von 100 nur noch 50 Zuschauer bei Veranstaltungen zuzulassen. Die Theaterchefs und Veranstalter sehen diesen drastischen Schritt nicht begründet. Sie hätten "nachweislich greifende Hygienekonzepte für den laufenden Spielbetrieb", schreiben sie. "Es besteht keine Infektionsgefahr, da der Mindestabstand von 1,50 Metern und der Frischluftaustausch im Zuschauerraum bei uns allen gewährleistet ist." Weiter heißt es: "Bisher hat es keine nachweisliche Infektion durch einen Theaterbesuch gegeben."

Tatsächlich ist bis heute kein Fall bekannt, in dem sich eine Infektion mit dem Coronavirus auf einen Theater- oder Konzertbesuch zurückzuführen ließ. Die Theater haben sich gewissenhaft auf die neue Situation eingestellt: Zwischen den Sitzen ist reichlich Platz, die Wegführung ist gut organisiert, moderne Belüftungsanlagen schaffen etwa in den Kammerspielen einen kompletten Luftaustausch in acht Minuten. Dazu kommt, dass Menschen im Theater wesentlich weniger sprechen als etwa beim Restaurantbesuch. Kurz: Wenn Hygienekonzepte irgendwo nachweislich funktionieren, dann in Theatern. Seit Beginn der Pandemie klagen Theatermacher über die Ungleichbehandlung der Kunst gegenüber der Gastronomie oder dem ÖPNV. So waren die Theater mit die ersten, die den Betrieb einstellen mussten und mit die letzten, die wieder öffnen durften. Kunstminister Bernd Sibler zeigte zwar Verständnis für das Anliegen, verwies aber auf die hohen Infektionszahlen: "Darauf müssen wir mit Blick auf unsere gesamte Gesellschaft umsichtig und vorsichtig reagieren, jeder ist gefragt. Ich bin bereits in Gesprächen mit den Intendanten, um die momentane Situation gemeinsam zu analysieren." Söder selbst hat sich noch nicht geäußert, am Mittwoch aber sagte er: "Kultur ist mehr als eine Dienstleistung, sie gibt Hoffnung und Freude." So endet der Brief der zehn auch mit der schnörkellosen Forderung: "Wir brauchen Sonderkonditionen für unsere besondere Kunst."

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