Kolumne: Das ist nicht schön:Der Rat rät zur Beratung

Bayerischer Ethikrat zu Kunst und Kultur: Landesregierung soll nach Corona Runden Tisch einrichten. Die wird sich freuen. Den hat sie schon.

Von Susanne Hermanski

Die Aufgabe des Bayerischen Ethikrats ist es, die Staatsregierung zu beraten. Eingesetzt hat dessen Mitglieder eben diese im Oktober 2020. Bislang hat das Gremium erst einmal Schlagzeilen gemacht: Als sein 18. Mitglied, der Wirtschaftsethiker und TU-Professor Christoph Lütge - ähnlich der bösen 13. Fee in Dornröschen - wieder ausgeschlossen worden ist. Der Grund: Er, nicht die Fee, vertrat einigermaßen rüde wie öffentlich die Meinung, die staatlich verordneten Corona-Maßnahmen seien in Teilen übertrieben.

Die übrigen 17 Ethikräte haben nun eine "Stellungnahme zu Kunst und Kultur in der Post-Corona-Zeit" abgegeben. Veröffentlicht in einem Moment, da sich schon wieder die nächsten Restriktionen für die Kultur, wenn nicht der dritte Lockdown, abzeichnen. Der Ethikrat schreibt, die Corona-Krise habe gezeigt, dass Teile der Kulturszene "von einer besonderen Vulnerabilität" sind. Das sei doppeltes Elend, weil Kunst und Kultur nicht nur einen wichtigen ökonomischen Faktor darstellten. (Der Rat zitiert den Monitoring-Bericht für Kultur- und Kreativwirtschaft, der den Umsatz dieses Markts 2019 mit seinen etwa 260 000 Unternehmen und 1,7 Millionen Mitarbeitern auf mehr als 170 Milliarden Euro beziffert.)

Kunst, Kultur und Kultus (die Vorsitzende des Rats ist Ex-Regionalbischöfin) seien auch dazu geeignet, Menschen mit der Erfahrung zu versorgen, "Teil einer Gemeinschaft zu sein und die eigene Begrenztheit überwinden zu können". Doch wo keine Kultur, da eben auch das nicht. Ferner könnte sie helfen, "traumatische Erfahrungen zu verarbeiten und zugleich die Erinnerung an sie wach zu halten". Auch an die Erfahrungen der Pandemie also. Die Künstler seien es, die Post-Corona "Ängste, Trauer und Verunsicherung kreativ verarbeiten könnten. Ebenso die "offenbar gewordenen Probleme wie Pflegenotstand, Alterseinsamkeit, soziale Benachteiligung oder häusliche Gewalt". Und irgendwer wird es ja machen müssen.

Daher empfehle der Ethikrat also der Staatsregierung noch vor der Unterstützung von Online-Formaten und einer Auszeichnung für das "beste künstlerische Engagement während der Krise": "Einen Runden Post-Corona-Tisch mit Vertretenden der Staatsregierung, des Landtags und Repräsentanten der Kunst- und Kulturszene". Söder und seine Minister wird dieser Rat als Bestätigung ihres Tuns wohl freuen. Denn auf diese Idee ist das Kunstministerium längst selber gekommen. Was die Beteiligten lässig "Runder Tisch" nannten, hieß seit Dezember 2020 offiziell "Begleitausschuss". Drin saßen viele bayerischen Kultur-Verbände und einzelne verdiente Kulturschaffende. Wenn der Rat nun also zum weiteren Rat rät, können Söder und seine Minister sich entspannt zurücklehnen und sagen: "Das ist doch schön." Oder nicht?

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