Auch wenn sie alle den goldenen Apfel haben wollen, am Ende siegt doch die Frauensolidarität. Venus gewinnt den Preis, also den Apfel, weil Paris von ihr hingerissen ist, sie zerteilt ihn, Juno und Pallas Athene erhalten je ein Drittel. Und diese macht Venus dann mit einem Schnitzelklopfer platt. Daraufhin feiert die göttliche Frauen-WG.
1742 komponierte Thomas Arne (von ihm stammt das One-Hit-Wonder „Rule Brittania“) seine ebenso reizende wie kompakte Oper „The Judgment of Paris“, Teil des Versuchs der nationalen Emanzipation in England gegenüber der Dominanz der italienischen Oper. Die Regisseurin Bettina Bruinier geht da gleich zu Beginn noch weiter: Die Singenden sprechen in ihrer Heimatsprache. Und da Oper, natürlich auch unter Studierenden, ein sehr internationales Geschäft ist, hört man Portugiesisch, Deutsch, Koreanisch und Litauisch. Die, die hier singen, gehören alle zum Masterstudiengang Operngesang an der Bayerischen Theaterakademie. Und dort, im Studio, hat Bruinier ihre wundervoll leichte, von nur drei Instrumenten völlig ausreichend begleitete und pointiert ein wenig ins Heute geschobene Inszenierung herausgebracht.
Die Geschichte: Zeus drückt sich vor der Verantwortung, schickt Merkur (Henrique Lencastre) zum Hirten Paris (Mose Lee), damit der entscheide, welche der drei zankenden Göttinnen Juno (Rusnė Tušlaitė), Pallas Athene (Alina Berit Göke) oder Venus (Beatriz Maia) die schönste sei. Lencastre ist ein verheißungsvoller Tenor, der auch die hier geforderte Baritonlage bewältigt, Lee ist passend verdutzt überfordert von der mit handfesten Argumenten auf ihn eindrängenden Weiblichkeit.
Rusnė Tušlaitė kann man sich mühelos bald als eine Richard-Strauss-Heroine vorstellen, Alina Berit Göke ist eine prächtig agile Sängerdarstellerin, Beatriz Maia eine umfassende Verheißung. Sie wirkt stimmlich schon sehr reif, herrlich frei in den höchsten Lagen, souverän und darstellerisch herrlich präsent. Wer das Personal für eine Zukunft von Oper sucht, hier kann man es finden.

