Bayerische Staatsoper:Dünner Plan für ein dickes Ding

Bayerische Staatsoper: Es sei ein "Opern-Nerd", sagt der Berliner Axel Ranisch.

Es sei ein "Opern-Nerd", sagt der Berliner Axel Ranisch.

(Foto: Dennis Pauls)

Der Impro-Filmer Axel Ranisch inszeniert an der Staatsoper

Von Jean Dumler

Das Medium ist die Botschaft, sagte Marshall McLuhan im berühmten Buch "Understanding Media". Das zeigt sich derzeit auch im Kulturgenuss. Pompöse Bühnenbilder und fantastische Inszenierungen verlieren als abgefilmter Stream an Wirkung. Bewundernswert ist, wie die Bayerische Staatsoper sich seit der Schließung im November mit dem wöchentlichen "Montagsstück" in der Erprobung neuer Digital-Formate beweist. Nun wurde der Filmregisseur Axel Ranisch beauftragt, Ermanno Wolf-Ferraris Einakter "ll segreto di Susanna" zu inszenieren - ein leichtfüßiges Eifersuchtsdrama von 1909.

Seit seinem Diplomfilm "Dicke Mädchen" von 2011, einer Tragikkomödie, die er in zehn Tagen ohne Filmteam und Budget drehte, etablierte er sich im deutschen Mumblecore, also im Genre günstig produzierter oft improvisierter Filme mit Anspruch. Staatstheater-Intendant Nikolaus Bachler sah 2013 Ranischs ersten Kinofilm "Ich fühl mich Disco" und holte ihn sogleich in die Oper. "Seitdem ist sie wie mein zweites Zuhause", sagt Ranisch. Seine Filme leben von der Energie der Musik, seine Operninszenierungen von seiner kindlichen Faszination zur Klassik und seiner Kompetenz als Medienpädagoge und Improvisateur. "Ich bin Filmemacher und seit der Kindheit Opern-Nerd, für mich gibt es keine schönere Kombi, als beides miteinander zusammenzubringen."

Der Berliner filmt bei seinem Montagsstück keine Theatersituation ab, er produziert es für das Medium, den Livestream. "Die Inszenierung würde mit seinen verschiedenen Spielebenen im Haus und den aufgenommen Drehszenen in einer Villa am Nymphenburger Schloss überhaupt nicht mit Publikum funktionieren", sagt er, "es kommt tatsächlich erst zur Premiere alles zusammen, das Orchester, die Kameras und der Film. Letztendlich sehe ich erst da, ob mein Plan aufgeht oder nicht."

Zwischen Idee und Premiere war wenig Zeit. "Wir hatten für die Inszenierung eineinhalb Wochen, letzte Woche haben wir drei Tage in der Villa gedreht bis das Licht ausging, nachts musste geschnitten werden." Ranisch schwärmt vom leidenschaftlichen Ensemble. "Der Dirigent war immer beim Dreh dabei, hat auf die Anschlüsse geachtet und wollte die ganze Zeit weitere Aufgaben bekommen." Alle arbeiteten nur mit dem, was da war: "Was steht im Fundus rum, welche Kostüme können wir benutzen? Das ist genauso wie damals bei ,Dicke Mädchen'."

"ll segreto di Susanna" ist bezaubernde Unterhaltung mit großen musikalischen Zitaten, wunderschönen Arien und schillernden Farben. "Es ist recht unbekannt, ich selbst habe nicht viel von Ermanno Ferrari gekannt, umso mehr war ich begeistert, als die Staatsoper mir das Stück vorschlug. Ich mag Stücke, in denen es nicht viele Referenzen gibt, da kann man sich mehr Dinge auszudenken", sagt Ranisch. "Es hat auch mein Nerd-Herz glücklich gemacht, als ich erfuhr, dass das Stück im selben Haus sogar erstaufgeführt wurde, ich finde es schön, meine zeitgenössische, weniger prüde Adaption in der Staatsoper vorstellen zu können." Vom hohen Anspruch des Hauses lässt sich der Regisseur nicht einschüchtern, im Gegenteil: "Manchmal wünscht man sich ja fast, dass noch etwas schiefgeht. Dass wer eine Textstelle vergisst und alle dadurch einfach rumimprovisieren müssen. Auf solche Momente freue ich mich am meisten."

Il segreto di Susanna, Bayerische Staatsoper, Mo., 26. Apr., 20.15 Uhr, staatsoper.de/montagsstuecke

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