Süddeutsche Zeitung

Bayerische Junior Ballett München:Federleicht zur eigenen Persönlichkeit

Das Bayerische Junior Ballett München zeigt bei den Montagsstücken der Staatsoper einen Dreiteiler als Premiere

Von Eva-Elisabeth Fischer

Demnächst gibt es wieder ein Vortanzen beim Bayerischen Junior Ballett München. Gesucht werden Tänzerinnen und Tänzer zwischen 17 und 20, mindestens 1,68 beziehungsweise 1,80 groß, die firm sind im klassischen und modernen Tanz. Wer da reinkommt, genießt, gepampert und weiter geschult, eine atemlose Atempause zwischen Tanzakademie und Engagement, kreiert Rollen in oftmals maßgeschneiderten Choreografien. Damit reist die Truppe dann um die Welt, wenn nicht gerade eine Pandemie alles lahmlegt. Denn Bühnenerfahrung zu sammeln in allen Fällen und sich selbst dem Härtetest des Profi-Tanzalltags zu unterziehen, das ist der Sinn dieses Karrieresprungbretts.

Der große Brocken kommt zuerst. Für den dreiteiligen Ballettabend, der nun bei den Montagsstücken Premiere hatte und noch an diesem Mittwoch um 19 Uhr als Video-on-Demand auf staatsoper.tv zu sehen ist, steht zuerst einmal gediegene Neoklassik aus der Werkstatt von Jörg Mannes für zehn Tänzerinnen und Tänzer auf dem Programm. Im Orchestergraben versammeln sich nach der auch diesmal pointierten Einführung von Dramaturg Serge Honegger die Musiker, allen voran die fantastische junge Pianistin Julia Hermanski. Sie bewältigt ihren mächtigen Part mit stupender Technik und wundersamer Finesse. Mannes' "Unsterbliche Geliebte" nämlich basiert auf Beethovens viertem Klavierkonzert, Musik zum Mitsingen sozusagen, welche die grandiose Folie für ein balanchinesk in Blau ausgeleuchtetes leeres Tableau von vier Solisten und einem sechsköpfigen Corps in Susanne Stehles schlichten schwarzen Zweiteilern ausbreitet. Mannes fällt einiges an überraschenden Varianten ein speziell zu den vertikalen Reihen als wiederkehrendes strukturierendes Element. Die Paarungen der Solisten inszeniert er als flottes, artistisches Bäumchen-wechsel-dich-Spiel.

Blau beherrscht auch Maged Mohameds galaktisches "Stimmenstrahl Trio"- zumindest bei den Kostümen. Eine Dame und zwei Herren folgen da in ihren Scheinwerferspots wie die Planeten ihrer Bahn, kühle Präsenzen in einem möglichen erotischen Versprechen. Und man erkennt auch hier: Es geht um weit mehr als um Gardemaß. Es geht darum, Persönlichkeit zu zeigen. Und da sind bei den Junioren schon ein paar dabei, die man sich gut auf der professionellen, auch der großen Tanzbühne vorstellen kann. Das zeigt sich auch beim zweifellos originellsten und dabei emotionalsten Stück des Abends: "UnHeaven", ein Tanztheater der Italienerin Martina La Ragione. Barfuß auf mit weißen Federn bedeckter Bühne, offenbaren die elf Tänzerinnen und Tänzer, taumelnd oder in Fliegerpose gestreckt, kreiselnd und sich immer neu formierend, dramatisch wechselnde Gefühle. Da will man mehr davon.

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SZ vom 03.02.2021/van
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