Süddeutsche Zeitung

Bauprojekt:555 Fahrer starten künftig vom "Hybrid.M"

In Moosach entsteht derzeit ein gewaltiger Betriebshof für Busse. Auf dem Areal wird es nicht nur Stellplätze und E-Ladestationen geben - sondern auch reichlich Platz für Büros

Von Miriam Steiner

Was bei der Baustelle des neuen Moosacher Busbetriebshofs zuerst ins Auge fällt, ist nicht der Busbetriebshof selbst - sondern das riesige Drumherum: In einer L-Form umklammert ein sechsstöckiger Rohbau das Gelände. Nackter Beton blitzt durch die Gerüste hindurch, es riecht nach Sägespänen und Eisen. Männer in knallgelben Warnwesten rufen sich gegenseitig Anweisungen zu. Zusammen mit den froschgrünen Kränen bilden sie die einzigen Farbkleckse im Grau-in-Grau der Baustelle. Und dennoch: Dass hier im kommenden Jahr Busse ein- und ausfahren werden, kann man sich schon gut vorstellen.

Der Betriebshof ist ein Großprojekt der Stadtwerke München (SWM) und der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG). 40 000 Quadratmeter umfasst das gesamte Areal an der Ecke Hanauer Straße und Georg-Brauchle-Ring. Knapp 200 Busse sollen hier vom Frühjahr 2021 an einen Stellplatz finden, insgesamt 555 Busfahrer sollen dann am Betriebshof zum Dienst antreten und von dort ausrücken. Die Kosten des Neubaus liegen bei 178 Millionen Euro.

Der gewaltige Komplex umfasst zudem ein Bürogebäude: 400 Meter lang, sechs Stockwerke hoch. Auf 19 000 Quadratmetern entstehen mietbare Büroflächen für bis zu 900 Arbeitsplätze. Zusammen mit einer Hochgarage für 320 Parkplätze soll dieser Teil des Neubaus den Betriebshof zur Straße hin abschirmen.

SWM-Immobilienchef Werner Albrecht will mit dem Projekt "dem Stadtteil Moosach einen modernen Stempel aufdrücken", wie er beim Richtfest am Mittwoch sagte. Die Fassade, durch deren große Öffnungen jetzt noch der Wind pfeift, soll später mit gestaffelten, bodentiefen Fenstern versehen werden. Ähnlich wie Fischschuppen soll das dann aussehen. Alle Dächer sollen begrünt werden. Aufgrund der unterschiedlichen Nutzungsbereiche für Mensch und Bus sprechen MVG und SWM von einem "Hybridkonzept" - daher auch der Name des Komplexes: "Hybrid.M".

Mit dem neuen Busbetriebshof wollen Verkehrsgesellschaft und Stadtwerke der wachsenden Nachfrage nach öffentlichen Verkehrsmitteln nachkommen. Nicht zuletzt durch das Wachstum der Stadt steige die Zahl der Fahrgäste stetig an, heißt es bei der MVG. Im Vorjahr seien erstmals mehr als 600 Millionen Fahrgäste gezählt worden. 2018 waren es 596 Millionen. Die meisten davon nutzten die U-Bahn, so die MVG, etwa ein Drittel den Bus und gut 20 Prozent würden mit der Tram fahren.

Damit auch in Zukunft möglichst wenige Menschen an überfüllten Haltestellen zurückbleiben, braucht der Verkehrsbetrieb schnell mehr Busse. In den kommenden zehn Jahren will die MVG "das Bus-Angebot massiv ausbauen", sagte MVG-Bus-Chef Veit Bodenschatz - und die Flotte von derzeit knapp 500 auf etwa 1000 Fahrzeuge verdoppeln. Zusätzliche Busse wiederum benötigen Stellplätze, daher sei der Busbetriebshof in Moosach "sicher nicht der letzte, der entstehen wird", sagt MVG-Sprecher Matthias Korte.

Hybrid.M in Moosach wird einen bestehenden Busbetriebshof ersetzen: Nach 60 Jahren hat der Betriebshof an der Hans-Thonauer-Straße in Laim ausgedient. Der Abbruch ist beschlossene Sache, Wohnungen sollen hier entstehen. Von einer Steigerung der Kapazitäten kann allerdings vorerst nicht die Rede sein, verfügt doch der bestehende Betriebshof über eine ähnliche Anzahl an Stellplätzen wie auch der künftige Hybrid.M.

Völlig neu hingegen sind die geplanten 56 Ladestationen für E-Busse. Der Busbetriebshof Moosach sei damit "auf Elektromobilität ausgelegt", betont Bus-Chef Bodenschatz - schließlich wolle die MVG eines Tages das gesamte Münchner Busnetz elektrisch betreiben. Bodenschatz sieht darin "einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz". Aktuell sind in München gerade mal sechs E-Busse auf der Linie 100 im Einsatz. 20 weitere wurden bereits bestellt.

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SZ vom 20.02.2020
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