Süddeutsche Zeitung

Messe:Auf der Bauma entscheidet sich die Zukunft der Unternehmen

Susanne Naumann organisiert für die Firma Zeppelin einen 12 000 Quadratmeter großen Messestand auf der Bauma. Weil dort lukrative Geschäfte gemacht werden, betreiben die Firmen einen enormen Aufwand.

Von Pia Ratzesberger

Es ist noch Vormittag, kaum jemand auf dem Weg zur Messe, doch eines fällt auf. Die Farbeimer. Da steht ein Mann neben einer der grauen Säulen und poliert sie mit einem Lappen, bis die dünne Schrift nicht mehr zu sehen ist. Ein kleines Graffito, den meisten wäre das wohl kaum aufgefallen, doch wo man in den nächsten Stunden auf dem Gelände auch hingehen wird - immer wieder wird es nach Farbe riechen. Und das lässt schon erahnen, dass man sich bei der Messe in diesen Tagen auf etwas Großes vorbereitet, auf Bagger in Größe eines Einfamilienhauses.

Auf die größte Baumaschinenmesse der Welt.

Diese Messe findet alle drei Jahre in München statt, und ganz gleich, ob man sich für das Gewicht von Raupenbaggern interessiert oder nicht, man bekommt von dieser Messe in der Stadt etwas mit. Weil in Restaurants noch schwieriger ein Tisch zu kriegen ist. Weil die Hotels ausgebucht sind. Weil die Straßen noch voller sind. Weil Hunderttausende Menschen aus 219 Ländern unterwegs sein werden. Schon Wochen vor der Eröffnung konnte man beobachten, wie die Arbeiter begannen, die Kräne aufzubauen, die großen Pavillons hochzuziehen.

583736 Besucher

aus 216 Ländern kamen zur Bauma im Jahr 2016. Im Schnitt blieben sie zwei Tage. Die Männer waren dabei mutmaßlich deutlich in der Überzahl, auch wenn diese Zahlen nicht erhoben werden. Dieses Jahr nimmt die Bauma von 8. bis 14. April mit den zwei neuen Hallen 614 000 Quadratmeter ein. Das sind rund 20 000 Quadratmeter mehr als 2016.

Die Unternehmen betreiben einen irren Aufwand, damit sich die Kunden möglichst wohl fühlen und möglichst viel einkaufen, viele richten eigene Restaurants ein, mit Leberkäse am Vormittag und Bühnenshow am Abend, auch kleine Firmenzentralen mit Dutzenden Besprechungsräumen - in denen dann die Verträge mit den hohen Summen unterschrieben werden sollen. Auf der Bauma entscheidet sich, welche Firmen in den kommenden Jahren gute Geschäfte machen werden und welche nicht, für viele Unternehmen ist die Messe die wichtigste Woche innerhalb von drei Jahren. Und wenn man wissen will, was das bedeutet, verabredet man sich am besten mit Susanne Naumann.

Sie arbeitet für Zeppelin Baumaschinen, eine Firma mit mehr als einer Milliarde Euro Umsatz im Jahr und mehr als 1600 Mitarbeitern. Die Anfänge reichen bis in die Jahre vor dem Ersten Weltkrieg zurück, gegründet von Ferdinand Graf von Zeppelin, um die nach ihm benannten Luftschiffe zu bauen. Aus diesem Unternehmen sind mehrere Firmen hervorgegangen, und die, zu der Naumann gehört, ist heute nicht mehr in der Luft unterwegs, sondern vor allem in der Erde. Die Mitarbeiter vertreiben Maschinen der amerikanischen Firma Caterpillar. Zweiwegebagger. Großhydraulikbagger. Kettenlader. Schürfkübelbagger. Muldenkipper. Und so steht Naumann nun also vor einem dieser Muldenkipper, Modell 777G, Gewicht 160 Tonnen, und schaut auf ihr Handy. Schon wieder ein Anruf.

Viele Menschen wollen sie in diesen letzten Tagen vor der Eröffnung sprechen, Naumann leitet die Abteilung Messen, organisiert mit den Kollegen von Caterpillar den Stand auf der Bauma. Wobei "Stand" in diesem Fall bedeutet: eine Fläche von 12 000 Quadratmetern. Alleine 8000 Quadratmeter misst die Halle, in der Naumann gerade zwischen Dutzenden Baggern steht und überlegt, welche Maschinen noch nicht in der perfekten Position sind. "Die Erwartungen an die Messe sind sehr hoch, die Unternehmen investieren viel, um herzukommen, und wir tun alles, um den Besucher willkommen zu heißen." Neben einem der Bagger wartet ein Mann mit einem Eimer voller Farbe. Kein noch so kleiner Kratzer soll zu sehen sein, wenn am Montag die Messe öffnet, selbst alle Reifen werden noch einmal schwarz angemalt.

Susanne Naumann, 38, läuft nach draußen, zu dem großen Pavillon. Noch ist es staubig, noch schneiden Arbeiter die Holzpaletten zurecht. Ein Lieferbus fährt vor, ein Mann steigt aus: "So, das ist alles für euch!" Er lädt einen Packen Schilder für die Halle aus. Es sind Tausende von Kleinigkeiten, an die Naumann in diesen Tagen denken muss. Die Genehmigungen für die Einfahrt auf die Messe. Die Computer für die Büros in der Halle. Die Ausweise für die Mitarbeiter. Die Vasen für das Café. Die Gabionen für den Pavillon. Immerhin nicht mehr an die Hotelzimmer.

"Wir haben schon vor der letzten Bauma mehr als 500 für unsere Leute gebucht." Und mit "ihren Leuten" meint Naumann keine Kunden, sondern alleine die Mitarbeiter von Zeppelin, die aus Deutschland und etwa einem Dutzend anderer Länder anreisen, in denen die Firma auch Baumaschinen vertreibt, in Russland oder Usbekistan zum Beispiel. Sie betreuen den Stand von Zeppelin aus mit 700 Leuten, und von Caterpillar sind noch einmal mehr als 200 Leute da. Wie viel Umsatz ihr Unternehmen auf der Bauma macht, will Naumann nicht sagen.

Vor ein paar Wochen sind Hunderte Mitarbeiter extra noch einmal nach Malaga geflogen, dort hat Caterpillar in einem Zentrum die neuen Maschinen gezeigt, damit auf der Messe die Verkäufer auch wissen, was sie verkaufen und was den Schürfkübelbagger 8000 vom Schürfkübelbagger 8750 unterscheidet. Susanne Naumann zieht ihr Handy raus, auch sie war drei Tage dort, am letzten Abend hat sie ein Video aufgenommen. Auf dem Bildschirm sind fünf Bagger zu sehen, die langsam vorfahren, im Hintergrund das Einzugslied von Henry Maskes letztem Kampf im Ring. "Das war das Highlight der Reise!" Manche Kunden von Naumann werden nach der Bauma vielleicht auch solche Videos auf ihrem Telefon haben, werden auch von einem "Highlight" erzählen, zumindest wenn die Tage so verlaufen, wie Naumann das geplant hat.

Susanne Naumann hat noch einen Zeppelin nach München bestellt

In der Halle wird an jedem Abend ein großes Essen stattfinden, an jedem Abend werden Hunderte Leute da sein, die Tische werden zwischen den Baggern stehen. Schon vor ein paar Wochen hat das Unternehmen als Werbung für die Messe Tausende Bierfässer mit Bauma-Aufdruck produziert und an seine Kunden verteilt - Fässer mit jeweils fünf Litern. Auf dem Gelände ist von manch einem zu hören, dass die Bauma manchmal an das Oktoberfest erinnere, und dazu passt, dass auf der Messe in diesem Jahr ein Riesenrad steht, eine andere Firma hat das aufgebaut. Es kommt eben nicht nur darauf an, wer seinen Kunden die besten Baumaschinen zu bieten hat, sondern vor allem auch, wer das beste Erlebnis bietet.

Susanne Naumann hat noch einen Zeppelin nach München bestellt. Mit einem Banner wird der seine Runden über der Stadt ziehen, und manche Kunden werden mitfliegen. Susanne Naumann nicht, keine Zeit.

Sie zieht das Telefon hervor. Es klingelt.

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SZ vom 06.04.2019/smb
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