Süddeutsche Zeitung

Baudenkmal:Er muss lebendig bleiben

Soll der Olympiapark auf die Welterbeliste der Unesco? Im Stadtrat gibt es eine breite Mehrheit dafür, diesen prestigeträchtigen Status für das Areal anzustreben - doch die Hürden dafür sind hoch

Von Wolfgang Görl

Der Olympiapark ein Unesco-Welterbe - eines Tages könnte dies Wirklichkeit werden. Einen ersten Schritt zu diesem Ziel haben am Mittwochmorgen der Wirtschafts- und der Planungsausschuss in einer gemeinsamen Sitzung getan. Mit großer Mehrheit - nur die beiden Vertreter der Bayernpartei votierten dagegen - befürwortete das Gremium den Plan, den Welterbestatus für den Olympiapark anzustreben. Sollte auch der Stadtrat zustimmen, würde sich das Planungsreferat daran machen, die Kandidatur vorzubereiten. Letztlich wäre es Sache des Freistaats, die Aufnahme des olympischen Geländes in die Welterbeliste bei der Unesco zu beantragen. Da auf der bayerischen Vorschlagsliste derzeit bereits zehn andere Kandidaten stehen, würde die Beurteilung des Münchner Antrags voraussichtlich erst im Jahr 2023 erfolgen.

Die Initiative zu dem Vorhaben war von der Linkspartei und der ÖDP ausgegangen, die in einem gemeinsamen Antrag gefordert hatten, die Stadt möge sich um die Aufnahme des Olympiaparks in die Welterbeliste bemühen, weil es sich gemäß den Kriterien der Unesco um "ein Meisterwerk der menschlichen Schöpferkraft" handle. Auch die "Einwohner-Interessen-Gemeinschaft Olympisches Dorf" hatte sich in einer Petition mit 606 Unterschriften für die Bewerbung stark gemacht. Bei einem Hearing, das der Stadtrat im November mit Experten veranstaltet hatte, waren Vor- und Nachteile des Welterbestatus erörtert worden, mit dem Ergebnis, dass dem Vorhaben keine prinzipiellen Hindernisse im Wege stünden. Darüber hinaus haben das Planungsreferat und die Olympiapark-Gesellschaft die Initiative grundsätzlich begrüßt.

Nach dieser Vorgeschichte war es keine Überraschung, dass die Debatte der beiden Ausschüsse weitgehend einvernehmlich verlief, wenn man davon absieht, dass Johann Altmann von der Bayernpartei sowie sein Fraktionskollege Mario Schmidbauer von einer Welterbebewerbung abrieten. Das Beispiel Dresden, sagte Altmann, habe gezeigt, dass der Welterbestatus die Stadtentwicklung behindern könne. Die Unesco hatte den Status des Dresdner Elbtals als Weltkulturerbe aberkannt, weil die Stadt dort die Waldschlösschenbrücke gebaut hatte. Mit ihren Bedenken blieben die beiden Männer von der Bayernpartei allerdings letztlich allein, die Sprecher und Sprecherinnen der übrigen Fraktionen schlugen im Wesentlichen den Ton an, den Brigitte Wolf von der Linkspartei vorgegeben hatte: "Das Welterbe würde Stadt gut anstehen."

Michael Mattar (FDP), der mit anderen Stadträten die Verwaltung mit einem umfangreichen Fragenkatalog beglückt hatte, sprach sogar von "einer großen Stunde des Stadtrats". Das Olympiagelände sei "ein einzigartiges Kulturerbe", nicht zuletzt auch deshalb, weil die Münchner Spiele von 1972 "sicherlich die letzten Olympischen Spiele in Deutschland" gewesen seien. Walter Zöller (CSU) warf - letztlich vergeblich - einige juristische Bedenken am Antragstext ein, wenig später musste sich Zöller, der dienstälteste Münchner Stadtrat, von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) zum allgemeinen Gaudium sagen lassen, er "würde sich wohl am liebsten selber zum Weltkulturerbe erklären lassen".

Keinen Zweifel gab es im Gremium, dass man für das Erreichen des Ziels einen langen Atem brauchen werde. Das Verfahren ist ziemlich bürokratisch, mithin höchst kompliziert. Die Vertragsstaaten, also auch Deutschland, reichen beim Welterbekomitee Vorschläge ein, die diverse Experten prüfen, ob das jeweilige Kulturgut als Welterbe in Frage komme. Welche deutschen Kulturstätten ins Rennen geschickt werden, entscheidet die Kultusministerkonferenz, die ihre Favoriten aus den Vorschlagslisten der Bundesländer auswählt. Gegenwärtig ist die deutsche Bewerberliste beim Unesco-Welterbezentrum in Paris so gut gefüllt, dass sie für neue Anträge geschlossen ist. Für München heißt dies: warten, Geduld haben, hoffen.

Die Aufnahme des Olympiaparks in die Welterbeliste soll nach dem Willen der Stadträte jedoch nur unter der Voraussetzung erfolgen, "dass Veranstaltungen wie bisher weiter durchgeführt und die Veranstaltungsstätten sowie der Olympiapark weiterentwickelt werden können". So will man verhindern, dass die Olympiastätten gleichsam unter eine Käseglocke geraten, unter der jegliches Leben erstarrt. Dies, sagte Stadtbaurätin Elisabeth Merk, sei aber auch nicht das Ziel der Unesco, die Orte wie den Olympiapark als "Living Heritage", als "lebendiges Erbe", betrachte. Als Sportpark bleibe er folglich erhalten.

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SZ vom 19.04.2018
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