Bau der zweiten Stammstrecke:Die Münchner Innenstadt sinkt um einen Millimeter ab

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Für den Bau der zweiten Stammstrecke muss am Marienhof Grundwasserdruck abgelassen werden. Dazu lässt die Bahn den Boden mit 80 Meter tiefen Bohrungen erkunden.

Von Andreas Schubert

In der Innenstadt bewegt sich was. Genauer: Der Untergrund könnte sich im Umkreis des Marienhofs auf einer größeren Fläche um einen Millimeter senken. Das sagt Franz-Xaver Trauner, Ingenieur und Leiter Geotechnik beim Bau der zweiten Stammstrecke, und als solcher beschäftigt er sich aktuell mit dem Grundwasser. Wenn dessen Druck im Untergrund sinkt, kann es zu der minimalen Absenkung kommen. Steigt der Druck wieder, hebt sich der Boden ebenso wieder.

Doch um das geht es Trauner nicht. Er ist dafür verantwortlich, dass in die Baugruben für die Tiefbahnhöfe am Marienhof, am Hauptbahnhof und am Orleansplatz kein Wasser eindringt. Denn Grundwasser ist bei jeder Baugrube ein Problem, wenn auch ein lösbares. Je tiefer in die Erde gegraben wird, desto höher ist der Druck des Grundwassers. Deshalb lässt die Bahn gerade bis zu 60 Meter tiefe Probebrunnen bohren und bis zu 80 Meter tiefe Erkundungsbohrungen vornehmen, um die genauen Verhältnisse im Untergrund zu untersuchen. Diese genau zu kennen, ist laut Trauner wichtig für die Statik des Bahnhofs und der S-Bahn-Röhre.

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Im Münchner Boden gibt es mehrere wassertragende Schichten. Weil der Wasserdruck hoch ist, muss dieser während der Aushubarbeiten gesenkt werden. Dafür wird das Wasser aus der Erde in den westlichen Stadtgrabenbach abgeleitet. Voraussichtlich von Herbst an beginnt die Bahn dann die Schlitzwände zu bauen, die die Baugrube stabilisieren sollen, 2019 beginnt dann der eigentliche Aushub für den Tiefbahnhof. Wenn dieser im Rohbau fertig ist und die Wände stabil sind, darf der Wasserdruck ruhig wieder steigen. Dennoch bleiben Grundwassermessstellen auch nach der Baumaßnahme erhalten.

Gebohrt wird nicht nur am Marienhof. Auch am Hofgraben und in der Schäfflerstraße finden Erkundungsbohrungen statt sowie an der Rosenheimer Straße und am Weißenburger Platz in Haidhausen und am Hauptbahnhof. Die Maßnahmen dauern etwa zwei Monate.

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Am Marienhof sind sie beim Bohren am Montag auf einen alten gemauerten Kanal gestoßen, der lange nicht mehr in Betrieb ist und offenbar auch nirgends verzeichnet war. Ansonsten ist sich Trauner sicher, dass es keine großen Überraschungen geben wird. "Wir wissen, dass wir bauen können, es geht jetzt darum, dass wir bestmöglich bauen." Damit die Anwohner und Geschäftsleute möglichst wenig davon mitbekommen, wird im Sommer am Marienhof ein vier Meter hoher Lärmschutzwall aufgestellt, der Aushub der 40 Meter tiefen Baugrube erfolgt dann unter einem Deckel.

Dass durch die Absenkung des Grundwasserdrucks Gebäude beschädigt werden, schließt Trauner aus. Er nennt das Rathaus als Beispiel. Das habe auch den Ausbau des direkt darunterliegenden U-Bahnhofs Marienplatz überstanden.

© SZ vom 07.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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