Süddeutsche Zeitung

Bars in der Altstadt:Schampus in der Wanne

Gäste müssen ihre Drinks nicht an der Bar einnehmen, sie können sich auch in die Badewanne setzen: Das Masters Home ist anders. Das weiß auch ein englischer Superstar, er hat hier schon ausgiebig beim Tanz auf dem Tresen genossen.

Von Astrid Becker

Die beiden Damen rekeln sich in der Badewanne, in der Hand hält jede ein Glas Champagner. Sie haben gleich eine ganze Flasche geordert. Und wenn man Franco, dem Kellner und Sohn von Wirt Pino Crocamo, so zuhört, dann scheinen die zwei Frauen Stammgäste in der Badewanne des Masters Home zu sein, einer der wahrscheinlich schrägsten Kneipen der Stadt.

Vor 25 Jahren hatte Pino Crocamo, Bruder des H'ugo's-Betreibers Ugo Crocamo, diese Bar eröffnet und viel Aufsehen damit erregt. Denn das Masters Home war und ist anders. Über eine Treppe steigt man von der Frauenstraße in den Keller und kann dort zwischen verschiedenen Räumen wählen, die alle im englischen Kolonialstil eingerichtet sind. Man sitzt in der Bibliothek des Masters, im Schlafzimmer nebst Bett oder eben im Badezimmer samt Wanne. Oder man lässt sich am runden Tresen mit seinen bequemen Holzhockern im Zentrum der Räumlichkeiten nieder.

Hier sollen wilde Partys stattgefunden haben, wie Betriebsleiter Stefan Zeitler ganz gern den weiblichen Gästen erzählt, die hier auf ihre Verabredung warten. Robby Williams zum Beispiel habe mal auf der Bar getanzt, nach einem seiner Konzerte in der Stadt. Die Damen bekommen dann jedes Mal ganz große Augen und vergessen, dass ihr Date mal wieder zu spät beginnt.

Aber Williams hat wohl nicht nur getanzt. Allein die Cocktailkarte ist so groß, dass es schwerfällt, sich auf nur einen Drink zu beschränken - zumal auch die Preise für Münchner Verhältnisse in Ordnung sind: zwischen sieben und neun Euro kosten die meisten Cocktails. Beeindruckend ist die große Auswahl an Whiskys aus Irland, Schottland und Amerika.

Ein Mittdreißiger im dunkelgrauen Anzug bestellt einen Bourbon mit Eis. Sein Kumpel ist lässiger gekleidet, in Jeans und weißem Hemd. Er trinkt ein Guinness und ordert eine Holzofenpizza, die es seit ein paar Jahren hier gibt. Die beiden unterhalten sich über das letzte Fußballspiel, das sie hier in der Bar gesehen haben und darüber, vielleicht auch mal am Wochenende herzukommen, weil da ein DJ auflegen soll und junge, schöne Frauen zu erwarten sind. Nebenan tafeln etwa dreißig Menschen im angeschlossenen italienischen Restaurant. Die Speisenfolge ist ihnen unbekannt. Es wird einfach aufgetragen, und wenn jemand nicht mehr kann, dann hört er auf zu essen oder setzt einen Gang aus.

Es ist mittlerweile 22 Uhr, die Bar ist gut gefüllt. Eine Frau, Anfang vierzig, hat sich alleine an einen Tisch im Schlafzimmer gesetzt. Sie bestellt ein Glas Wein und etwas zu essen - aber bitte aus dem Restaurant, wie sie sagt. Kein Problem, hier wird nicht so scharf getrennt zwischen Bar und Speisebereich. Schon gar nicht, wenn es sich um einen der vielen Stammgäste handelt. Zu denen gehören wohl auch die beiden Damen im Badezimmer. Sie wollen nächste Woche wiederkommen. Aber nur, wenn die Wanne frei ist.

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Quelle:
SZ vom 19.04.2013/dayk
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