Süddeutsche Zeitung

Nachruf auf August von Finck:Tod eines Patriarchen

Der Milliardär und Europa-Gegner August von Finck ist mit 91 Jahren gestorben. Er war Chef eines Imperiums und Strippenzieher zugleich, mit großer Nähe zu Teilen der CSU und auch in rechte Kreise.

Von Roman Deininger und Klaus Ott

Er ist einer der letzten seiner Art gewesen. Milliardär, Patriarch, Herrscher über ein Firmenimperium, öffentlichkeitsscheu, nicht die große Bühne suchend. Gleichwohl machtbewusst und einflussreich, oder zumindest einflussnehmend, gerne im Hintergrund die Strippen ziehend. In seinem Fall Strippen nach rechts, bin hin zu Franz Josef Strauß und Peter Gauweiler, und zeitweise noch weiter rechts.

Am vergangenen Sonntag ist August von Finck im Alter von 91 Jahren in London gestorben, nach kurzer und schwerer Krankheit. Er entstammte einer bayerischen Unternehmerfamilie, die in drei Generationen ein Vermögen zusammengetragen hat, das heute auf fast acht bis neun Milliarden Euro geschätzt wird.

Der Großvater Wilhelm Peter Finck gründete die Versicherungen Allianz und Münchner Rück, übernahm eine Bank und wurde 1905 im Königreich Bayern in den Adelsstand aufgenommen. Der Vater August Georg Heinrich Baron von Finck, NSDAP-Mitglied und "Sponsor Adolf Hitlers" (Manager Magazin), vermehrte die Besitztümer. Nach der Nazi-Diktatur unterstützte der Vater die CSU und die Bayernpartei und suchte die Nähe zu Franz Josef Strauß.

Vom Vater übernahm er die Nähe zur CSU

Als August Georg Heinrich Baron von Finck 1980 starb, übernahm August von Finck, eines von vier Kindern, das längst weitläufige Firmenreich. Dieses umfasste lange Zeit die Hotel- und Restaurantgruppe Mövenpick, Banken und andere Unternehmen. Von einigen Teilen seines Imperiums trennte sich der Sohn, darunter zwei traditionsreiche Münchner Unternehmen, die Privatbank Merck & Finck und die Brauerei Löwenbräu.

August von Finck, der seit Langem auf Schloss Weinfelden im Schweizer Kanton Thurgau lebte, übernahm von seinem Vater auch die Nähe zur CSU. Das drückte sich in Parteispenden aus; und in einer ganz besonderen Beziehung zum Strauß-Bewunderer, Abgeordneten und Anwalt Peter Gauweiler. Die beiden verband ihre Europa- und Euro-Skepsis, und auch finanziell einiges.

Mehr als zwölf Millionen Euro hat der Rechtsanwalt Gauweiler zwischen 2008 und 2015 dem Unternehmer Finck an Beraterhonoraren in Rechnung gestellt. Davon mehr als elf Millionen Euro in der Zeit, als der Politiker Gauweiler für die CSU im Bundestag saß.

Als die SZ das im März 2021 publik machte, hüllten sich die beiden in Schweigen. Finck ließ einen Fragenkatalog unbeantwortet. Gauweiler ließ mitteilen, sowohl das Bestehen eines Mandatsverhältnisses wie auch sämtliche Details eines Mandatsverhältnisses unterlägen der "strikten, gesetzlich geregelten Vertraulichkeit".

"Der Euro wird Sie überleben", sagte Waigel

Von den CSU-Vorderen hat auch Theo Waigel den Milliardär Finck einige Male getroffen und ihn als "bescheiden und liebenswürdig" erlebt. In einem Aufsichtsrat, dem beide angehört hatten, war das gewesen, nach Waigels Zeit als CSU-Chef und Bundesfinanzminister. Nur bei einer Gelegenheit sei man etwas aneinander geraten, erinnert sich Waigel. Finck habe mal gesagt, "der Euro geht kaputt". Da habe er, Waigel, entgegnet, "der Euro wird Sie überleben". Finck sei etwas erschrocken gewesen und habe das Thema fortan vermieden.

Der Europa- und Euro-Freund Waigel erzählt noch, dass ihn später ein Journalist gefragt habe, wie lange die gemeinsame Währung halten werde. "Meine und Ihre Beerdigung wird in Euro bezahlt", antwortete der Ex-Finanzminister. Aber das nur nebenbei. Waigel glaubt zu wissen, warum Leute wie Finck den Euro so scheuen. Angst sei das, vielleicht sogar eine Art Urangst um das erwirtschaftete Vermögen.

Von dem Milliardär und Patriarchen ist der Spruch überliefert, "wenn der Staat so weitermacht, wird er uns alle zum Schluss dann doch vernichten". Vielleicht war es ja diese in sehr konservativen und sehr reichen Kreisen nicht untypische Angst gewesen, die August von Finck dazu veranlasst hatte, in den 1990er-Jahren den vormaligen FDP-Hoffnungsträger Manfred Brunner zu unterstützen. Wenn es um die aus seiner Sicht richtige Richtung ging, konnte Fink großzügig sein.

Der Milliardär ließ Brunner 8,5 Millionen Mark zukommen. Brunner sollte damit den rechtslastigen "Bund Freier Bürger" aufbauen, eine Anti-Euro-Partei, eng angelehnt an das Vorbild von Jörg Haiders FPÖ in Österreich. Aber auch die CSU konnte sich weiter auf Finck verlassen. Die Kanzlerkandidatur Edmund Stoibers 2002 unterstützte er mit mehr als eineinhalb Millionen Euro, den Landtagswahlkampf 2008 mit 820 000 Euro.

Die "Mövenpick-Spende" erregte Aufsehen

Stets war Finck dabei um Diskretion bemüht, er spendete über unbekannte Firmen aus seinem Unternehmensimperium. Mehr Aufmerksamkeit, als ihm lieb war, erhielt 2009 allerdings eine Zuwendung an die FDP, sie wurde als "Mövenpick-Spende" bekannt. 1,1 Millionen Euro flossen damals an die Liberalen, die bei den schwarz-gelben Koalitionsverhandlungen eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Hotelübernachtungen durchgesetzt hatten. Dem Großhotelier Finck konnte das natürlich nur recht sein.

Sorgen dürfte Finck Ende 2009 vor allem die eskalierende Euro-Krise bereitet haben. Aber er hatte einen starken Verbündeten im Bundestag und bei Gericht: seinen Anwalt Gauweiler. Der reichte beim Bundesverfassungsgericht fleißig Klagen ein, vor allem gegen die Euro-Rettung. Gauweiler ließ sich dabei von prominenten Wissenschaftlern mit gut honorierten Gutachten helfen. Mehrere Gutachten bezahlte zunächst Gauweilers Kanzlei, stellte sie dann aber Finck in Rechnung.

Finck konnte, wie so manche seiner Art, beides sein. Knauserig und großzügig. Ende 2020 wurde bekannt, dass die Finck-Familie das Traditionswirtshaus Franziskaner am Nationaltheater in eine Shoppingmall verwandeln wollte, weil die Pacht bislang zu niedrig sei. Es gibt aber auch Leute, die haben einen anderen August von Finck kennengelernt. Einen Mann, der auch mal die Maximierung seines Profits zurückstellen kann.

Der Mieter eines alten, baufälligen Hauses auf einem Finck'schen Anwesen im Münchner Umland hat etwa mal erzählt, dass der Milliardär auf den geplanten Abriss verzichtete. Finck hatte zufällig gesehen, wie der Mieter selbst anpackte, um das Haus wohnlich zu machen; das fand er so sympathisch, dass er es stehen ließ und auch einen sehr fairen Mietpreis gewährte.

Es gibt kaum noch Patriarchen dieser Art

Das erinnert an einen anderen Patriarchen, der sehr eng war mit Strauß und Gauweiler. An Leo Kirch, der von München aus ein Medienimperium erschuf, das später zusammenbrach. Kirch soll Beschäftigten bei der Geburt eines Kindes einen kleinen Goldbarren geschenkt haben. Wer gewissermaßen zur Familie gehört, wer sich nützlich macht, für den fällt etwas ab vom Reichtum.

Milliardäre, die ein Wirtschaftsimperium auf ganz eigene Art und Weise führen, gibt es nicht mehr viele. Leo Kirch ist (lange nach dem Zusammenbruch seines Medienimperiums) vor mehr als zehn Jahren gestorben. Heinz Hermann Thiele, Patriarch des Weltkonzerns Knorr-Bremse und Lufthansa-Großaktionär, starb in diesem Jahr. Beide waren übrigens ebenso wie Finck Mandanten von Gauweiler. Insbesondere für Kirch hat Gauweiler spektakuläre Prozesse geführt. Aber auch das nur nebenbei.

Die Finck'sche Vermögensverwaltung ist übrigens ganz in der Nähe von Gauweilers Kanzlei ansässig, am Promenadeplatz in München. Dort hat auch eine Goldhandelsfirma ihren Sitz, die hauptsächlich einem Sohn von August von Finck gehört und von der eine kräftige Spur nach noch weiter rechts führt. Einer der Goldhandelschefs hält wenig von der parlamentarischen Demokratie. Er steht einem Verein vor, der gegen den "Merkelismus" zu Felde zieht, vor "Kollektivismus" warnt und "Zensur und Überwachung" wittert. Dieser Goldhandelschef war auch schon mal für eine AfD-Veranstaltung als Gast angekündigt worden. Es ist kein einfaches Erbe, das August von Finck hinterlässt.

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