Bar Ellington in Giesing:Weckers Musikgeist lebt weiter

Lesezeit: 2 min

Pur, Polt, Hildebrandt: In Konstantin Weckers Kaffee Giesing sind schon viele Künstler aufgetreten. Nun hat dort das Ellington eröffnet. Der Charme des verlebten Musikklubs hat durch die Renovierung gelitten, doch der Musikgeist lebt weiter.

Von Philipp Crone

Wie geht man so ein Kneipenerbe an? In der Bergstraße 5 am Grünwalder Stadion war bis zum vergangenen Sommer das Kaffee Giesing beheimatet, das der Münchner Musiker Konstantin Wecker 28 Jahre zuvor eröffnet hatte. Auf der Bühne waren Größen wie Pur, Hubert von Goisern, Gerhard Polt oder Dieter Hildebrandt aufgetreten. Und ganz hinten, wo im nun seit zwei Wochen eröffneten Ellington die Billardtische stehen, da war Weckers Studio. Das Café mit seiner Bühne und den Aufnahmeräumen Tür an Tür, nirgendwo sonst konnte man sich als Gast wohl so sehr wie ein richtiger Musiker fühlen. Das ist das Erbe.

Das Ellington hat auch weiterhin eine Bühne, wo regelmäßig musiziert wird, und seien es nur eine halbe Stunde Pop-Klassiker am Flügel. Ansonsten hat sich vom Ambiente her wenig verändert. Eine neue Bar, neuer Boden, neue Decke. Der Klinker an den Wänden ist nun ganz freigelegt. Das Lokal lässt sich in mehrere Unterkategorien aufteilen.

Am Eingang empfängt einen die Kleinkunstbühne, wo man an Stehtischen aus dunklem Holz und an der Theke den Künstlern lauschen kann. Der größte Teil des Gasthauses erinnert an die quirligen Bahnhofscafés im Film Hugo Cabret. Eine Turmuhr prangt an der Wand, die Gespräche der Gäste an den dunklen Holztischen hallen von den Steinwänden.

Hier sitzen Frauenrunden an ihrem Tee-Service, da knallen bei einer Studentengruppe die Schafkopfkarten auf den Tisch. In einer Familienrunde bespaßen die Freunde das Kind im Kinderwagen, während der Papa in Ruhe sein Schnitzel essen darf.

Charme des verlebten Musikklubs hat gelitten

Die dritte Unterkategorie ist, ganz hinten, der Saloon-Bereich. In zwei kahlen Räumen stehen mit blauem Stoff bespannte Billardtische in diesigem Licht, und man hat das Gefühl, jederzeit könnte Tarantino um die Ecke kommen und die Westernszene noch einmal neu drehen wollen.

Es ist ein bewährtes All-in-One-Konzept, wie es zum Beispiel in Großraumlokalen wie dem Zoozie's, dem Fürsten- und dem Ysenegger schon lange praktiziert wird. Eine Speisekarte mit möglichst großer Bandbreite, von der Pasta (Linguine mit Scampi, 11,60 Euro), über das unvermeidliche Club-Sandwich bis zu Salaten, Wraps, Käseplatten und dem Burger (8 Euro). Dazu das gleiche Getränkeprinzip: Tegernseer Helles vom Fass (3,30) steht auf der Karte, "Cola Weizen" (für Nichtbayern), Weine und ein feiner Kaffee aus der großen Siebträgermaschine. Und, das braucht es offenbar heute, fünf verschiedene Mineralwassersorten. Das Ellington als Treff für alle.

Und auch wenn der Charme des verlebten Musikklubs durch die Renovierung gelitten hat, der Musikgeist lebt weiter. Beide Betreiber haben Musik studiert und setzen sich ab und zu an den Flügel. So wie es Konstantin Wecker zu Zeiten des Kaffee Giesing auch gemacht hat.

© SZ vom 15.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: