Bar "Das Reichenbach":Bitte klingeln

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Gehobene Cocktailpreise, Ü-30-Publikum und eine exklusive Gin-Flatrate: Im neuen "Das Reichenbach" zeigt sich, was eine Bar heute auch bieten muss - möglichst viele Besonderheiten.

Philipp Crone

Eine Bar kann Vieles sein, dreckig, gepflegt, klein, groß, hell, dunkel, laut oder leise. Es gibt nur wenige Konstanten: eine Theke und eine offene Tür. Denn das ist das Grundprinzip der Bar. Sie ist ein öffentlicher Ort. Nun hat vor wenigen Tagen in der Reichenbachstraße 22 "Das Reichenbach" aufgemacht. Täglich geöffnet von 19 Uhr an, mit verschlossener Tür und einer Klingel.

Impressionen aus dem "Reichenbach"
:Teure Drinks und eine Türklingel

Teure Drinks, elitäres Ü-30-Publikum und eine exklusive Gin-Flatrate: Im neuen "Das Reichenbach" zeigt sich, was eine Bar heute auch bieten muss: Möglichst viele Besonderheiten.

Also ein Lokal nur für Auserwählte? Für Eingeweihte? Für die Schönen und Reichen? Nein, sagt Betreiber Athanasios Menexes, genannt "AJ". Es dürfe jeder rein. Er möchte den Gästen, wenn er sie am Eingang empfängt, nur erklären, was sie erwartet. Um es vorwegzunehmen, so geheimnisvoll und außergewöhnlich ist es da drin nicht. Doch zeigt diese Erklärklingel ein wenig das Dilemma, in dem neue Lokale oft stecken. Eine Bar ist nicht mehr einfach eine Bar.

Bier und Kumpel am Tresen oder Wein und Freundin am Ecktisch, das war gestern. Der Gast möchte 2012 etwas Besonderes geboten bekommen. Schunkelgesänge in der Schoppenstube, Wichtikos im Schumann's, Nischenmusik im Favorit. Und was könnte in der Stadt, in der das "In ist, wer drin ist"-Prinzip erfunden wurde, besser anlocken als eine verschlossene Tür? Vielleicht noch die Sache mit den sündteuren Tassen.

Da gibt es, unter einer Glashaube auf dem Tresen in Szene gesetzt, zehn handgemachte Silberbecher. Wer ein Gin-Abo kauft, für 10 000 Euro im Jahr, erhält einen eigenen Becher und einen unbegrenzten Gin-Ausschank. Ein Abo ist schon verkauft. Das ist schwer dekadent, aber auch einzigartig. Entscheiden werden die Gäste, ob sie die Bar zu einem Snobschuppen erklären, mit ihrer Wein- und Champagnerkarte, dem Pils für 5,50 Euro und Canapés von Mai an, oder ob sie das Lokal als "speziell, da muss ich mal hin" einordnen.

Impressionen aus dem "Reichenbach"
:Teure Drinks und eine Türklingel

Teure Drinks, elitäres Ü-30-Publikum und eine exklusive Gin-Flatrate: Im neuen "Das Reichenbach" zeigt sich, was eine Bar heute auch bieten muss: Möglichst viele Besonderheiten.

Optisch wirkt das neue Lokal wie ein Salon. 50 Sitzplätze, Samtsofas an den Wänden, schwarze Glaswände und weiße Flächen, dazu einige Bilder und Blumen. Eine Mischung aus Art-Deco und Jugendstil. Zu hören sind Funk-Klassiker in Zimmerlautstärke. Hier soll man sich entspannen, bei einem "Morning Glory Fizz" zum Beispiel, bestehend aus Whisky, Absinth, Zuckersirup, Lemon und Soda. Der ist frisch, spritzig, elegant und ein wenig flüchtig und kostet 12,50 Euro.

Edel statt abgewrackt: Im ehemaligen K&K befindet sich jetzt Das Reichenbach. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Zielgruppe ist damit klar. Gäste Ü 30, die sich beim Ausgehen Ruhe und gute Drinks gönnen wollen. Lange Zeit war hier das K&K beheimatet - eine Abwrackkneipe mit bis zu 500 Leuten pro Abend, fast alle tranken Bier. Jetzt kommen eher 100 Gäste, fast alle trinken Cocktails, oder mal eine Hegauer Löhrpflaume aus Wahlwies aus der Edelobstbrennerei Stählemühle. Noch so ein Gimmick, eines, das sich weitererzählen lässt.

Ein wenig erinnert "Das Reichenbach" neben eher gewöhnlichen Kneipen wie dem "Für Freunde" gegenüber oder dem "Nerd's" ein paar Meter weiter an eine exklusive und abgeschottete Senator-Lounge zwischen lauter schlichten Economy-Wartehallen. Von außen ist nichts zu erkennen. Schwarze Scheiben, kein Schild, nur ein kleiner beleuchteter Kasten verrät, dass Nummer 22 ein Lokal ist.

Doch egal, wie seltsam die Bar anmuten mag, auch sie wird von einer weiteren Konstante dieser Branche abhängig sein: Ob sie sich etabliert, hängt nicht von Gimmicks ab, sondern davon, ob Personal und Gäste eine Atmosphäre erzeugen, in der man sich wohl fühlt.

Reichenbachstr. 22, www.bar-reichenbach.de, täglich von 19 bis 3 Uhr

© SZ vom 27.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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