Süddeutsche Zeitung

Band der Woche:Raketenumschau

Lesezeit: 1 min

Der Münchner Band fällt es schwer, sich einem Genre unterzuordnen. Klar ist aber: Die vier Musiker lieben Schlager

Von Anastasia Trenkler

"Raum- und Zeitpop" — das klingt nach "Rocket Man" von Elton John oder Peter Schillings "Major Tom". Tatsächlich reklamierte die Münchner Band Raketenumschau den Begriff für sich. Wahlweise bezeichnen die Musiker ihre Songs auch als "Post-Schlager". Es würde ihnen schwerfallen, sich nur einem Genre zuzuordnen. "Das ist so eine typische Band-Aussage, doch sie trifft auch auf uns zu", sagt Sänger Leon Frei. Ihre Songs sind von unterschiedlichen Künstlern und Stilrichtungen beeinflusst: Indie, Pop, die Beatles, dadaistische Zeilen à la Bilderbuch und Schlager — von allem ist etwas dabei.

Letzteres bedarf einer Präzision: "Wir finden den alten Schlager gut, das, was man früher darunter verstanden hat", sagt Quirin Schacherl. Er lernte Leon während eines Freiwilligen Sozialen Jahres an den Münchner Kammerspielen kennen. Beide teilen eine ähnliche Vorstellung von Musik: "Unser Anspruch ist Authentizität", sagt Quirin. Mit, wie er ihn nennt, "kommerziellem Plastik-Schlager" könnten sie daher nichts anfangen. Dagegen seien Genregrößen wie Hildegard Knef und Udo Jürgens eine Inspiration für sie. "Nicht allen gefällt die Musik, die wir hören", sagt Leon. Es kam schon vor, dass Freunde auf Partys den Stecker zogen, wenn sein oder Quirins Handy mit den Boxen verbunden war. Nicht so ihre Bandkollegen: Kai Metzner, ehemaliger Bassist von Pictures from Nadira, ist seit der Gründung im September 2019 Teil des Teams. Schlagzeuger Paul Sternagel kam im vergangenen Sommer dazu.

Was sie als Band ausmacht: "Wir alle sind unvoreingenommen gegenüber jeder Musik", sagt Leon. Während andere von bestimmten Musikern und Genres schon von Anfang an nichts wissen wollten, fänden sie in jedem Lied ein Detail, das ihnen gefällt. Coronabedingt spielte die Band in diesem Jahr nur wenige Male live — so beispielsweise bei einer Demo von "Fridays For Future" in Nürnberg. Eine Zuhörerin schrieb ihnen danach, sie sei schon lange nicht mehr bei einem Konzert so häufig überrascht worden. "Ein sehr schönes Kompliment", sagt Leon.

Die veranstaltungsfreie Zeit nutzen die Musiker nun, um neue Songs aufzunehmen. Ihre dritte Single "Nach Hause" erschien Mitte November. Mit Zeilen wie "Ich will an's Meer, ich will raus", "Folge 200 ist lang" und "Steck deinen Kopf in den Sand und versuch' frei zu sein" ist der Song ein perfekter Lockdown-Soundtrack - fröhlich, unterhaltsam und gelangweilt zugleich.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5131346
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 30.11.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.