Band der Woche:May the Tempest

Seit ein paar Tagen ist das Quintett von seiner ersten Tour zurück

Von Rita Argauer

Auf Tour gehen gehört zum Band-Dasein dazu, wie Songs schreiben und ein Album aufnehmen. Einerseits hat das einen ganz pragmatischen Grund. Vor allem in Prä-Internet-Zeiten war das Touren für noch unbekannte Musiker essenziell, um ihre Musik weiterzuverbreiten. Der mediale Verbreitungsweg war viel eingeschränkter und viel mehr von Labels gesteuert. Wer der Welt zeigen wollte, was er machte, musste in die Welt fahren. Oft ging es auf Tour, bevor die ersten Alben veröffentlicht waren. Derzeit steht das Touren jedoch oft eher hinten an. Eine Band oder auch ein einzelner Musiker beginnen Songs zu schreiben. Anschließend produziert man diese, nimmt sie auf und veröffentlicht sie im Netz. Vielleicht springt dann schon ein Label an. Auf Tour zu gehen, dieser Gedanke kommt erst, wenn quasi im Vorfeld schon für Fans gesorgt wurde, die die Konzerte dann besuchen. Wie so oft wird auch hier auf finanzielle Sicherheit gesetzt.

Die Hardcore-Szene ist da immer noch ein bisschen Oldschool. Nicht nur musikalisch wird hier noch in klassischer Gitarre-Bass-Schlagzeug-Besetzung agiert. Hier nehmen Konzerte auch noch einen anderen Platz ein. Sowohl bei den Bands, die den Schritt, einfach mal loszufahren, viel früher wagen. Als auch beim Publikum, das noch auf Konzerte von Bands geht, auch wenn es diese nicht wirklich kennt - man vertraut da auf ein kollektives Geschmacksbewusstsein, dass es in dieser Form sowieso nur abseits des Mainstreams geben kann. Eine solche Erfahrung hat die Münchner Metal-Screamo-Band May the Tempest gerade gemacht. Seit ein paar Tagen ist das Quintett von seiner ersten Tour zurück - nicht etwa durch deutsche Jugendzentren, sondern durch das Baltikum: Estland, Lettland und Litauen. Zwar ergab sich dieser Weg für die Münchner Band nicht ganz aus sich selbst heraus. Sie supporteten die US-Metalcore-Band Miss May I. Doch die Euphorie und der Erfahrungsschatz, vor einem Publikum aufzutreten, dass man nicht persönlich kennt, ist dennoch ungemein prägend. "Es war unsere erste Tour überhaupt und wir haben eine Menge gelernt", sagt Bassist Lukas Schneidt. Im Großen und Ganzen seien sie also nach wie vor "komplett baff" von dem, was sie erlebt hätten, und den Erinnerungen, die sie davon nun mitnehmen. Das Publikum habe sie gut angenommen. Bei solcher Musik, die fest in ihrer Szene verankert ist, ist der Schritt in fremde Länder auch aus diesem Aspekt oft einfacher. Das Publikum versteht die Codes. Ob in Riga oder in München.

May the Tempest wollen dementsprechend gerne sofort wieder auf Tour gehen. Doch gerade arbeiten sie erst einmal an ihrem ersten Album. Seit 2014 gibt es die Band. Im Herbst 2015 haben sie ihre erste EP "Siren" veröffentlicht, die Nachfolge-EP "Bitter Taste" folgte 2016. Laute und hektisch-schnell gespielte Musik ist das. Mit dringlich-geschrienem Gesang und in diversen Soli klirrenden Gitarren, so wie einem festen Bass-Schlagzeug-Zusammenspiel. "Das Album wird sich auf jeden Fall deutlich von unseren bisherigen Veröffentlichungen unterscheiden", sagt Lukas zu den neuen Songs, die sie im August aufnehmen wollen. Sie hätten dabei ein besonderes Augenmerk auf die cleanen Passagen gelegt. Also, die kurzen Momente, in denen ihre Musik auch bisher schon plötzlich Melodien entfaltet. "Es geht auf jeden Fall in eine sehr melodiöse Richtung, ohne unsere Härte zu verlieren", sagt er. Für das neue Album soll dann ein Label gefunden werden, das im Idealfall weitere Support-Tourneen organisieren kann. Zunächst treten sie jedoch erst einmal wieder in München auf, am Freitag, 29. Juni, beim Tunix-Open-Air auf dem Königsplatz.

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