Band der Woche:LBT

Das Trio ist im Modern Jazz groß geworden und hat die ganz große Liebe zur Improvisation entwickelt

Von Amelie Völker

Improvisation auf der Bühne ist eine wahre Königsdisziplin. Um als Band live zu improvisieren, verlangt es einiges an Übung, Vertrauen, Kreativität, Risikofreude und musikalischem Mut. Keine Note wird vorher schriftlich festgehalten, die Soundereignisse sind den spontanen Eingebungen und der Inspiration der Musiker zu verdanken. Konzerte, in denen improvisiert wird, sind dadurch umso spannender und einzigartiger, für die Musiker, als auch für das Publikum. Um ziemlich viel Intuition und Impro geht es seit jeher beim Jazz. Aber auch in anderen Genres wie dem "Progressive Rock" wurde und wird fleißig damit experimentiert.

Die Musiker des Leo Betzl Trios, kurz LBT , Leo Betzl, Maximilian Hirning und Sebastian Wolfgruber, 25 sind wahre Impro-Könige. Im Modern Jazz groß geworden, hat das Trio seine ganz große Liebe zur Improvisation entwickelt. Die drei haben gemeinsam an der Hochschule für Musik und Theater in München Jazz studiert und in verschiedenen Combos gespielt. Das funktionierte so gut, dass sie 2013 beschlossen, ein Trio zu gründen. Zunächst bewegten sie sich im Modern Jazz, seit diesem Jahr sind sie in einer ganz anderen musikalischen Überraschungsecke unterwegs: dem Techno. Ihren Musikstil beschrieben die drei selbst als "für Jazzmusiker ganz schön cool".

Akustische Instrumente wie Klavier und Schlagzeug kommen dem Zuhörer im Techno bekannterweise nur selten auf die Ohren. Anders beim Leo Betzl Trio. Ein Klavier, ein Kontrabass und ein Schlagzeug. Herauskommt: lebendiger Techno, ausschließlich akustisch erzeugt. Ohne Computer oder Synthesizer, dafür mit umso mehr Variationen und vor allem: Improvisation. Techno und Impro? "Da wir bei den meisten Stücken einen prominenten Improvisationsteil haben, entfernen wir uns ja vom harten, kühlen Techno und versuchen dabei aber durch Solo-Konzepte oder Klangimprovisationen im Genre zu bleiben."

Von lyrisch bis minimal, von deep bis industriell: Der Sound von LBT ist bunt. Konstante ist eine stets pulsierenden Kickdrum, deren Vibes den Zuhörer kaum ruhig halten lassen. LBT lädt ein auf eine Reise ins Ungewisse, voll von Überraschungen und unerwarteten Klangwelten. Die Musik ist zum entspannten Träumen genauso geeignet wie zum ekstatischen Tanzen. Da wird der Bass sanft gestrichen oder schier zerfetzt, mal zart und harmonisch das Klavier betont oder die Saiten mithilfe eines Plektrums bearbeitet, wie in ihrem Song "Plectral Comfort Zone", oder die Bandbreite des Schlagzeugs von feinem Rascheln bis zu mächtigem Groove voll ausgeschöpft: "Grenzen, die man sich selbst auferlegt, machen zwangsläufig kreativ. Es ist wirklich spannend, wie viel man an herkömmlichen Instrumenten rumprobieren kann und doch immer wieder auf Neues stößt", sagt Maximilian.

Doch liegen zwischen ihren beiden Genres wirklich so riesige musikalische Welten, wie man zunächst annehmen würde? Wie viel Techno pulsiert vielleicht sogar im Jazz oder andersherum? "Jazz beziehungsweise Swing war angesagte Tanzmusik - Techno ist es heute. Das verbindet die beiden. Es gibt also Musik, die sich, vielleicht nicht in der tonalen, aber vor allem in der klanglichen Ästhetik am Jazz bedient", sagt Maximilian.

LBT hat bisher zwei Alben veröffentlicht: "Levitation" (2016) und "Way up in the Blue" (2018). Zwei Alben, zwei Genres. Die Kompositionen auf "Levitation" stammen fast ausschließlich aus Leos Feder und sind dem Modern Jazz zuzuordnen. Bei "Way up in the Blue" hat Maximilian das Techno-Set komponiert. Zwei Stile können Fans erschrecken. Und doch hat diese Wandlungsfähigkeit einen Vorteil. Ihre Musik ist nun nicht nur genre-, sondern auch generationenübergreifend: "Das Schöne ist, dass wir inzwischen vor betagtem Jazz-Publikum, als auch vor jungem Festivalpublikum spielen können und unsere Musik zum Glück in beiden Kontexten funktioniert."

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