Band der Woche:Herzog Ernst

Die einstige "Fertig, Los!"-Bassistin Julia Viechtl hat ein Retro-Synthiepop-Projekt aus der Taufe gehoben

Von Amelie Völker

Die Männerdomäne Popmusik - Schlagworte wie diese hielten sich hartnäckig in den vergangenen Jahren. Im "Datenreport zur Kultur- und Kreativwirtschaft der Landeshauptstadt München 2016" wurde auch die Frauenquote in den einzelnen Bereichen ausgewertet. Die Autoren erklärten, dass in Teilen der Kultur- und Kreativwirtschaft hinsichtlich der Frauenquote noch Nachholbedarf sei. Gegenwärtig scheint es jedoch so, als würde sich hier einiges tun, in Sachen Frauen und Pop. Zumindest, was viele junge Frauen auf den Münchner Bühnen angeht, die starke Popmusik machen. Man denke beispielsweise an Victoryaz, Elena Rud, LORiiA, Umme Block oder Seda.

Band der Woche: Julia Viechtl.

Julia Viechtl.

(Foto: Sophie Kindermann)

Auch Julia Viechtl ist eine von ihnen. Am 31. März hat sie ihr eigenes, ganz persönliches Popmusikprojekt veröffentlicht. Es trägt den charmanten Namen Herzog Ernst. Julia kennt man unter anderem aus ihrer achtjährigen Zeit als Bassistin der Indie-Pop-Band Fertig, Los!. Von Bass zu Gesang, war das schon immer Julias heimliches Ziel? "Ich habe mich selbst nie so wirklich als Sängerin gesehen", sagt Julia, "aber ich habe gemerkt, dass Singen mir guttut. Ich sehe mich allerdings weiterhin eher als Bassistin." Nach der Auflösung der Band habe sie langsam begonnen, sich zu trauen, eigene Lieder zu schreiben. Sie widmet sich über einen langen Zeitraum hinweg immer sonntags in ihrem Proberaum in einer Münchner Schreinerei den Vorproduktionen. Erst im Sommer 2018 entschließt sie sich dazu, ihre Songs auch zu veröffentlichen. "Davor dachte ich noch, das behalte ich für immer für mich, das muss keiner hören, das ist für mich und meine Seele," sagt sie und lacht.

Das Thema Musik ist Julias treuer Begleiter, auch was ihre Ausbildung und ihren beruflichen Werdegang angeht. Nach ihrem Bachelor in Musik für Lehramt, knüpfte sie mit einem Masterstudium des Kultur- und Musikmanagement an. Ihre Masterarbeit schrieb sie über die Stadt München und ihren Weg zur "Music City". Heute ist sie Leiterin der Münchner Fachstelle Pop. Seit 2016 organisiert sie außerdem das Club-Festival "manic street parade". Weiß Julia also, was München in Sachen Pop gerne hört? "Nein, der Pop, den München hört, ist sehr divers. Und Herzog Ernst ist ja auch zunächst gar nicht unbedingt für potenzielle Hörer entstanden," sagt sie.

Herzog Ernst

Stil: Retro-Synthiepop

Besetzung: Julia Viechtl (Gesang, Musik, Text)

Aus: München

Seit: 2019

Internet: https://www.instagram.com/herzog_ernst/

Für ihr Musikprojekt hat Julia mit einigen befreundeten Münchner Musikern zusammengearbeitet. Gemeinsam mit Nicolas Sierig wurde der Sound kreiert, der Münchner Produzent Willy Löster war für das Mastering zuständig. Für den kompakten, schlichten und sehr eingängigen Retro-Synthiepop-Sound wurde mit verschiedensten Synthesizern gearbeitet, mit Rhythm-Makern und mit der Einspielung von echten Instrumenten wie Geige, Bass oder Gitarre. Über allem liegt Julias klare und authentische Stimme, die an Judith Holofernes von Wir sind Helden oder Stefanie Kloß von Silbermond erinnert.

Bei den Lyrics bekam sie Hilfe von Emanuel Pavel und ihrem ehemaligen Bandmitglied Philipp Leu von Fertig, los!. Textlich bewegt sich Herzog Ernst ganz klar Richtung melancholische Lovesongs. Laut Julia sind die Texte alle autobiografisch und es sei alles "leider" so passiert. "Leider", da es überwiegend um Trennungsschmerz und das Ende einer Beziehung geht: Doch du schwimmst mit der Strömung, Lässt kein Ufer an Dich ran. Schluckst gierig all das Wasser, Auch wenn nichts Dir helfen kann. "Ich finde es spannend, Lieder über Herzschmerz zu schreiben. Denn in der Gesellschaft gilt oftmals das Motto "Liebeskummer lohnt sich nicht, my Darling," sagt Julia. "Aber dass Trennungsschmerz etwas ist, was Menschen in sehr schwierige Lebensumstände bringen kann, wird noch nicht so wirklich akzeptiert."

Was hat nun jedoch Herzog Ernst aus dem Hause Wittelsbach mit Popmusik zu tun? Gar nichts! Laut Julia ist ihr Bandname mehr eine zufällige Verbindung von zwei Wörtern. Der Name soll zeigen, dass man auch aus negativen Dingen wie Liebeskummer, herzoglich Positives hervorbringen kann.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: