Band der Woche:Hail To Holly Temper

Jeder Song auf "Munich III" transportiert eine ganz eigene Stimmung, lässt einen gesonderten Raum mit speziellem Ambiente entstehen

Von Anastasia Trenkler

Elektronische Musik mag nicht jedem gefallen. Vor allem in einem gewissen Mainstream-Publikum treffen digitale Sound-Bilder auf zweifelnde Gesichter. Electro ist dann oft automatisch monotones Boom-Boom-Boom. Musik, die für Club-Druffies im schwarzen Dress-Code produziert wurde. Doch gerade innerhalb einer so vielfältigen Sparte wie der der elektronischen Musik gibt es eine Menge Sub-Genres, die zeigen, dass es eben nicht immer die 160 Beats per minute sein müssen. Die strikte Trennung zwischen analog und digital ist schon lange überholt. Die Vermischung unterschiedlicher Stile und akustischer sowie am Computer produzierter Elemente verfolgt eine lange Tradition. Musiker befassen sich auf ihrem Werdegang mit mehr als nur einem Genre. Das jeweilige Schaffen ist immer ein Puzzle aus diversen Einflüssen, abhängig von der individuellen Entwicklung des Künstlers.

Johannes Wimmer ist zwar ein Kind des Indie und Britrocks, bewegt sich aber als DJ der Band Exclusive zwischen mehreren Musikrichtungen. Der Stil von Exclusive ließ sich in der Vergangenheit von Platte zu Platte neu interpretieren. "Ich habe mit Exclusive einige Grenzen durchbrochen", sagt der 26-Jährige, "das hat mich sehr geprägt. Durch die Band habe ich viel gelernt, musikalisch, über die Industrie, aber auch über mich selbst." Nun startet der Münchner mit Hail To Holly Temper ein Soloprojekt, das sich der elektronischen Musik widmet . Er selbst bezeichnet seinen Stil als Alternative-Electro. Den Tracks lassen sich Merkmale von Electro House, Indie, aber auch Future Bass zuordnen. "Ich produziere nun seit acht Jahren Musik. Bei Exclusive nehme ich meine Arbeit ebenso ernst wie bei meinem Solo-Projekt. Der Unterschied liegt in der Summe der Musiker, mit denen ich zusammenarbeite. Wir sind fünf Bandmitglieder. Unsere Musik ist geprägt von Kompromissen. Hail To Holly Temper spiegelt dagegen einzig meine eigene Meinung wieder", erklärt Johannes.

Vergangenen Freitag erschien sein erstes Album "Munich III". Eine Platte, die sich durch Vielfältigkeit auszeichnet. Kein Track ist wie der andere. Johannes schickt den Hörer auf eine Klangreise. Jeder Song transportiert eine ganz eigene Stimmung, lässt einen gesonderten Raum mit speziellem Ambiente entstehen. Der Songtitel "Grillen im Schnee" scheint nicht so recht auf den sommerlichen Sound der entspannten Gitarren-Riffs zu passen. Die Klangbilder sind vom Exclusive-Sound inspiriert und gerade wegen ihres akustischen Charakters alltagstauglich. "Electrosaurus" versetzt den Hörer in Tanzstimmung. Ein treibender Beat und futuristische Klangmuster gepaart mit Vocal-Samples und organischen Sounds ergeben ein wunderbares Spiel zwischen gegensätzlichen Dynamiken. Neben markanten Bass-Lines zieht sich ein solcher Dualismus durch so gut wie alle Tracks der Platte. Schrill trifft auf Chill-Out. Akustik verbindet sich mit Digitalem. Klassische Indie-Elemente wechseln sich mit spacigen Sounds ab. Eben die Art Musik, die auch im breiten Mainstream-Publikum Anhänger finden kann. Jeder Track öffnet eine neue Tür und zeichnet jedes Mal ein ganz anderes Stimmungsbild. Dabei ist die Mischung weder zu anstrengend, noch ist sie gewöhnlich. "Der Titel des Albums steht für die vergangenen drei Jahre, die sich für mich und viele Leute um mich herum sehr intensiv gestaltet haben", erklärt Johannes. In Zukunft sollen EPs folgen, die inhaltlich strukturierter sind, sich aber von Projekt zu Projekt stilistisch unterscheiden sollen.

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