Trojas Untergang, das ist Cinemascope, Breitwand-Antike, Heldendämmerung, alles „larger than life“ in den Epen Homers, der Archetypus des Krieges und seiner Folgen. Andonis Foniadakis ist auf Kreta geboren, der griechische Choreograf blickt jetzt in seinem neuen Stück „Troja“, das am 28. Juni am Gärtnerplatztheater Premiere hat, auf die Stadt nach der Zerstörung. Die Überlebenden dieser menschengemachten Katastrophe, die Hinterbliebenen der toten Helden, es sind die Frauen. Andromache, Hekabe, Kassandra, Helena. Trophäen der Sieger sind sie geworden, Verschleppung, Vergewaltigung, Versklavung, das ist das, was sie erwartet, das allgegenwärtige Schicksal weiblicher Körper im Krieg. Der rastlose Foniadakis, der 2023 mit seinem Tanzstück „Urlicht“ am Staatstheater Kassel bereits einen Abgesang auf die Bestie Mensch vorgelegt hat, erzählt das Geschehen, inspiriert von Euripides Drama „Die Troerinnen“. Interessant die Musik: Die Gärtnerplatz-Compagnie tanzt zum elektroakustischen Sound von Julien Tarride, zu Arvo Pärts asketischen Klängen und zu Kompositionen von Bryce Dessner, der zwischen Klassik und Rock operiert.

Es war eine arbeitsreiche, spannende Spielzeit für die Tänzerinnen und Tänzer des Bayerischen Staatsballetts. Bevor sich die internationale Truppe in die Theaterferien begibt und in alle Winde verstreut, zeigt die Compagnie noch einmal – im Rahmen der Münchner Opernfestspiele – Höhepunkte der Saison, Werke ganz unterschiedlicher Tanzsprachen, das Choreo-Triple „Duato/Skeels/Eyal“ (10. 7.) oder John Crankos Klassiker „Onegin“ (19.7.). Eine besondere Erfahrung war für die Staatsballett-Mitglieder das Einstudieren von Angelin Preljocajs „Le Parc“(3.7.) mit Ballettdirektor Laurent Hilaire, war er es doch, der 1994 an der Opéra de Paris eine der Hauptrollen getanzt hatte.
Angelin Preljocaj, Jahrgang 1957, wird nun auch den Schlusspunkt setzen in dieser Spielzeit. In der Reihe „Sphären/02“ hat er zwei junge Choreografinnen und Choreografen eingeladen, neue Werke für das Staatsballett zu schaffen: Edouard Hue, 33, zeigt seine Arbeit „Skinny Hearts“, Émilie Lalande, 41, präsentiert „Le Spectre de la Rose“. Sie gehen in Dialog mit Angelin Preljocajs „Un Trait d’Union“ aus dem Jahr 1989. Premiere ist am 18. Juli im Cuvilliéstheater. Wer mehr über ihre Arbeit für das Sphären-Projekt wissen möchte, erfährt dies direkt von Hue und Lalande beim Gespräch in der Reihe „Ballett extra“ am Freitag, 5. Juli, 19 Uhr, Salon Luitpold. Dort geht es um nichts weniger als den Tanz der Zukunft.
Den man womöglich anderswo schon finden kann. Nicht in den großen Häusern und staatlichen Compagnien, sondern in den Probenstudios und Aufführungsorten der freien Szene. Im Schwere Reiter zum Beispiel. Dort gibt es am Freitag, 21. Juni (20.30 Uhr), die Uraufführung von Johanna Richters Tanztheater „see the music – and dance!“. Angekündigt ist hier ein „gelebtes Experiment“, das sich die Frage stellt: „Ist es möglich, Musik durch Bewegung und Tanz zu sehen, Geschichten zu erzählen, die Musik in unserer Fantasie auslösen kann, und schließlich, durch das unmittelbare Erlebnis physischer Performance, mit immer mehr sich steigernden Beats, gemeinsam in Bewegung zu kommen?“
Helfershelfer der Tänzer bei diesem Projekt sind der Pianist Zoran Imširovic und der Klangkünstler Conrad Hornung, live werden sie Stücke von Arvo Pärt über John Cage bis Steve Reich mit modernen Beats fusionieren. Ganz ausdrücklich ist Publikum mit eingeschränktem Hörvermögen zu diesem Musik-Tanztheater eingeladen. Weitere Vorstellungen sind am 22. Juni, 20.30 Uhr, und am 23. Juni, dann beginnt die Vorstellung bereits um 20 Uhr. Anschließend, Stichwort „gemeinsam in Bewegung zu kommen“, gibt’s im Foyer die EM-Fußballübertragung des Spiels Deutschland – Schweiz.