Süddeutsche Zeitung

Baile Funk & Munich Bass:Wilder geht's kaum

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Den Münchner Clubgängern sind Schlachthofbronx schon längst ein Begriff. Zusammen mit Gästen aus Berlin und London bringen sie am Freitag die Registratur zum Beben.

Karolyne Thyroff

Welche Begriffe auch immer erfunden werden - "Global Bass", "Tropical", "Outernational Club Music" -, um den leidigen Begriff "Weltmusik" gar nicht erst auftauchen zu lassen, die Musikfans, -verbreiter und -produzenten Sinden, Daniel Haaksman und Schlachthofbronx stehen für das, was sich so schwer in Worte fassen lässt und seit mehr als einem Jahr die Clubs regelrecht zum Explodieren bringt.

Für sie gibt es kein popmusikalisches Zentrum, zumindest nicht geographisch gedacht. Die Impulse kommen aus aller Welt über das Internet, heißen Ghetto Tech, Kuduro, Baltimore Club oder Baile Funk. Der Berliner DJ, Musikjournalist und Produzent Daniel Haaksman, brachte den Baile Funk als Erster nach Europa, jenen mächtigen Hip-Hop-Bass-Hybrid aus den Armenvierteln Brasiliens, den Haaksman selbst "das CNN der Favela" nennt.

Wo scheinbar keine Regeln herrschen, ist musikalisch Neues entstanden - unter Zuhilfenahme von meist billigem Equipment, unter Nichtachtung jeglicher Sample-Rechte und mit großer Freunde an ungezügelten Texten. Fasziniert von dieser so authentischen Stilgeburt, gründete Haaksman 2005 sein eigenes Baile-Funk-Label Man Recordings und ist damit zum Botschafter der brasilianischen Bassmusik geworden.

Während Haaksman in Berlin Pionierarbeit leistete, mischte der Londoner Produzent Graeme Sinden das englische Clubgeschehen auf. Auf vorgeschriebene Genres wollte er sich nie verlassen, kreuzte in seinen DJ-Sets Baile Funk mit angolanischem Kuduro, Southern Hip-Hop und Dancehall. Mit Gleichgesinnten wie Toddla T, Fake Blood und Hervé schloss er sich zum Projekt Machines Don't Care zusammen, mit The Count & Sinden landete er letztes Jahr den kolossalen, genreüberschreitenden Clubhit "Beeper".

Und dann ist da noch die Schlachthofbronx, drei Münchner Bass-Getreue und Begründer des "Munich Bass", wie sie es nennen. Aus dem Münchner Schlachthofviertel haben sie sich mit ihrer Mischung aus den bereits genannten Zutaten und einer Prise lokalem Schmäh bei Auftritten von Amsterdam bis Lissabon Fans auf der ganzen Welt gemacht und für Euphorie in den einschlägigen Musikblogs gesorgt.

Noch bevor sie Ende August ihr erstes Album herausbringen werden, hat auch Sinden schon Gefallen am Munich Bass gefunden und die Schlachthofbronx auf einem seiner Download-Mixtapes verewigt. Vielleicht lässt das erste persönliche Zusammentreffen der Brüder im Geiste auch auf musikalische Zusammenarbeit hoffen. Gerade weil es keine Grenzen gibt, ist die globale Zukunftsmusik für alles offen.

Nur ein dezenter Seitenhieb an die Minimal-Szene, der wird wohl bleiben: In der Bassmusik ist nämlich alles maximal.

Sinden, Daniel Haaksman & Schlachthofbronx: Freitag, 17. Juni 2009, 23 Uhr, Registratur, Blumenstraße 28

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Quelle:
SZ vom 16.07.2009
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