Bahntickets:Die MVG und ihr Zwergtyrann

Werbung der MVG - Schülerticket

Streber mit Nerdbrille und Unsympathen-Frisur: Das neue Werbegesicht der MVG.

(Foto: Screenshot)

Mit dem allzu streberhaft inszenierten Knaben bewirbt die MVG ihr Schülerticket. Da fällt einem nur der drastische bairische Begriff vom "Watschngsicht" ein.

Kolumne von Karl Forster

Es gibt Tausende von Sprüchen zum Thema Kinder. Zum Beispiel "Kinder sind die Brücke zum Himmel"; der Satz stammt aus Persien. Oder "Kinder machen die Seele gesund"; meinte einst Fjodor Michailowitsch Dostojewski. Und natürlich darf da auch William Shakespeare nicht fehlen: "Kinder sind ein Segen Gottes", wobei der Engländer da wohl im Alten Testament abgefeilt hat, wo es im Psalm 127 heißt: "Kinder sind eine Gabe des Herrn."

Von Weisheiten dieser Art mögen sich die PR-Fachleute der Münchner Verkehrsgesellschaft mbH inspirieren haben lassen, als sie über die Werbung für "das beste Ticket für Schüler und Auszubildende im MVV" nachdachten. Das Ergebnis: ein Kind.

Nein, eigentlich zwei Kinder, ein Junge und ein Mädchen, ein bisschen Proporz muss sein. Also blickt den Fahrgast, egal welchen Alters, von allerlei Werbeflächen inklusive dem Netzbetrieb der MVG ein Knabe entgegen, der so streberhaft auftritt, dass einem der alte drastische bairische Begriff vom "Watschngsicht" einfällt. Durch eine deutlich zu große Nerdbrille schaut er uns an, die Augenbrauen hochgezogen, als zweifle er an unserem Verstand, den Mund zusammengekniffen, also wollte er eigentlich sagen: "Ihr seid ja zu allem zu blöd." Das Kinn darunter: durch den verkniffenen Gesamtgesichtsausdruck extrem angespannt und schlaumeierisch nach vorne gereckt.

Über all dem thront ein Haarschnitt, wie ihn unsympathische Fußballspieler gerne tragen: überm Ohr rasiert bis zum Scheitel, und dann die Tolle nach rechts geföhnt. Und natürlich zu alledem passend die rechte Hand, respektive deren Zeigefinger warnend erigiert nach dem Motto: Jetzt wenn du blöder Erwachsener mir nicht sofort ein solches Super-Ticket kaufst, sollst du in der Hölle schmoren. Das weibliche Pendant steht dem allen in nichts nach.

So ungefähr muss Donald Trump ausgesehen haben vor 60 Jahren, als er mit Müh' und Not die vierte Klasse geschafft hatte. Sokrates, der alte Philosoph, kannte zwar weder Donald Trump noch den MVG-Knaben, hat aber schon vor zweieinhalbtausend Jahren festgestellt: "Die Kinder von heute sind Tyrannen." Dass man mit Tyrannen Werbung betreibt, würde ihn wohl etwas überraschen.

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