Bahn-Streik:Alles aus dem Takt

Der Warnstreik der Eisenbahnergewerkschaft EVG legt im Großraum München den Berufsverkehr lahm: Auf der Stammstrecke gibt es nur eine Pendel-S-Bahn, der Flughafen ist vom Schienenverkehr abgeschnitten

Von Andreas Schubert

Bahnstreik in München: Wartende am Montagmorgen am Hauptbahnhof.

Kein Zug in Sicht, kein Hoffnungszeichen auf dem Handydisplay: Wartende am Montagmorgen am Pasinger Bahnhof.

(Foto: Christof Stache/afp)

Der Warnstreik der Eisenbahnergewerkschaft EVG hat am Montagmorgen den Verkehr im Großraum München weitgehend lahmgelegt. Bis auf eine Pendel-S-Bahn auf der Stammstrecke fuhren von vier bis neun Uhr so gut wie keine Züge. Die Folge: Hunderttausende Pendler kamen mit Verspätung zu Arbeit, Ausbildungsplatz oder Schule. Der Flughafen München war stundenlang komplett von der Schiene abgeschnitten. Weder S1 und S8 noch der neue Flughafenexpress aus Ostbayern fuhren den Airport an. Von Feldmoching und Ostbahnhof aus konnte die Bahn nur Taxis als Ersatz anbieten, weil keine Busse zur Verfügung standen. Wer die Möglichkeit hatte, mit dem eigenen Auto zu fahren, kam teilweise auch nur schleppend vorwärts. In Richtung Stadt war der Mittlere Ring in der Hauptverkehrszeit dicht - was die Polizei allerdings als ganz normalen Stau am Montagmorgen wertete. Voll waren auch die U- und Trambahnen, die zumindest die Münchner als Alternativen nutzen konnten. Auch hier gab es nach Angaben der MVG wegen des Andrangs einzelne Verspätungen. Der S-Bahnverkehr im Großraum blieb bis in den späten Nachmittag aus dem Takt. Es kam noch Stunden nach dem Ende des Ausstands zu Ausfällen und Verspätungen.

Die gute Nachricht für Pendler: Am Nachmittag kündigte die EVG an, vorerst auf weitere Streiks zu verzichten. Er sei äußerst zufrieden mit der Streikbeteiligung, sagte der Münchner EVG-Chef Isodoro Peronace. Mindestens 400 Bahnmitarbeiter hätten sich hier an dem Ausstand beteiligt. Bayernweit waren es laut dem EVG-Bezirksleiter Süd, Paul Eichinger, etwa 1000 Mitarbeiter - unter anderem Lokführer, Zugbegleiter und Fahrdienstleiter. Allein in der Münchner Betriebszentrale, von der aus weite Teile des bayerischen Bahnverkehrs inklusive S-Bahnen gesteuert werden, waren nach Angabe Eichingers etwa 40 bis 50 Mitarbeiter am Streik beteiligt. Weil Letztere für die Sicherheit und die Abwicklung des Verkehrs auf den Schienen verantwortlich sind, waren auch die Züge der privaten Anbieter betroffen. So kam es auch bei der Bayerischen Oberlandbahn (BOB), der Bayerischen Regionalbahn und dem Meridian zu erheblichen Einschränkungen. Man bedaure sehr, dass die Kunden von den Auswirkungen des Streiks "so massiv in Mitleidenschaft gezogen" würden, erklärte BOB-Chef Fabian Amini.

Wie bei der S-Bahn kam es auch bei der BOB zu Folgeverzögerungen. Der Grund bei beiden Unternehmen: Die Züge mussten nach dem Streik erst wieder in ihre nach Fahrplan vorgesehene Position gebracht werden, was sich über Stunden hinzog. Eine Sprecherin der Münchner S-Bahn wollte den Ausstand am Montag aber nicht kommentieren, das sei Sache der Gewerkschaft. Zuvor hatte die Bahn allerdings den Streik schon als unverhältnismäßig kritisiert, was Paul Eichinger aus Gewerkschaftersicht völlig anders sieht. Nach vier Verhandlungsrunden habe man nun ein Signal setzen wollen. "Wir wollten nicht die Fahrgäste schädigen", erklärt Eichinger. Nun hoffen er und Peronace darauf, dass der Warnstreik auch den erhofften Erfolg bringt. Denn gerade im Raum München könnten sich Bahnangestellte das Leben immer weniger leisten. Die Bahn, so Peronace, werbe regelmäßig um Personal, da könne sie auch "gutes Geld" bezahlen. Er habe bei den Protestaktionen am Hauptbahnhof neben Kritik auch verständnisvolle Reaktionen erlebt, sagte Peronace.

Wer sich etwa am Haupt- oder Ostbahnhof umhörte, erlebte tatsächlich eine vergleichsweise gelassene Stimmung. Zwar waren viele Fahrgäste, die an der Stammstrecke auf ihren Pendelzug oder vor Bahnhöfen auf den Schienenersatzverkehr warteten, wegen der Verspätungen wütend. Einige konnten die Motive der Streikenden aber auch nachvollziehen. Ihrem Ärger machten die Fahrgäste auch in sozialen Netzwerken Luft.

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