Süddeutsche Zeitung

Projekt:Das Flussbad in der Isar wird immer realistischer

  • In München soll ein Flussbad mitten in der Isar entstehen.
  • Eine Machbarkeitsstudie soll klären, wie das Flussbad gestaltet werden und wer es betreiben soll.
  • Der Verein Isarlust plant, im kommenden Jahr einen Gestaltungswettbewerb für Architekten auszuschreiben.

Von Thomas Anlauf

Es war ursprünglich nur eine Gedankenspielerei: Als vor elf Jahren die Isar erstmals nach langer Zeit Badequalität aufwies, ließ Professor Andreas Meck von der Hochschule für angewandte Wissenschaften München seine Architekturstudenten Ideen für ein Flussbad entwickeln. Zehn Jahre später wiederholte er gemeinsam mit seiner Kollegin Silke Langenberg das Studienprojekt, die Ergebnisse sind seit Mittwoch am Fußweg an der Isar südlich der Reichenbachbrücke in einer kleinen Ausstellung zu sehen. Doch mittlerweile sind die Entwürfe keineswegs mehr nur Utopien angehender Architekten: In München wird ein Flussbad entstehen, darin sind sich Experten nun sicher.

Denn die Idee schlägt immer höhere Wellen. Am Mittwoch schaltete sich sogar Rudolf Wienands in die Debatte ein. Der emeritierte Architekturprofessor der TU München und Chef des international tätigen Büros Wienands Plan gilt als ausgewiesener Experte in der Bäder-Architektur, er beschäftigt sich bereits seit 20 Jahren mit der Isar. Er schlägt nun vor, ein Flussbad zwischen Corneliusbrücke und Reichenbachbrücke zu bauen.

Dort, wo sich jetzt ein Überlauf zwischen Großer und Kleiner Isar befindet, könnte auf der Kiesinsel ein Bad aus zwei Längshälften entstehen: ein auf der Überlaufwehrmauer stehender fester Gebäudeteil, der sich mit Sitz- und Liegeterrassen nach Südwesten öffnet; der zweite Teil wäre nach den Plänen ein gegliedertes Schwimmfloß aus Pontons. Toiletten und ein Kiosk würden nach Wienands Entwurf auf dem Balkon der Corneliusbrücke Platz finden.

Der Bäder-Experte, der mit seinem Büro unter anderem Thermal- und Wellnessbäder in Überlingen am Bodensee, in Köln, Aachen und Ljubljana entwickelt hat, sieht als größte Herausforderung für ein Flussbad das regelmäßig wiederkehrende Hochwasser der Isar, die dann oft riesige Baumstämme mit sich führt. Dennoch ist Wienands überzeugt, dass ein Flussbad kommen wird.

"Wir haben uns gefragt, warum es in München eigentlich noch kein Flussbad gibt - in Zürich ist das ganz normal", sagt Professorin Silke Langenberg. Dort werden die zum Teil seit mehr als hundert Jahren bestehenden Bäder, die in Zürich Badis heißen, vom städtischen Schul- und Sport-Departement verwaltet.

Ein Treffpunkt für den Winter

Die Badis werden nicht nur während der Sommermonate genutzt, sondern auch im Winter als beliebte Treffpunkte in den Bars und Restaurants. Es müssten nicht einmal unbedingt Lokale sein, um den Betrieb auch in der kalten Jahreszeit attraktiv zu machen. Auch eine Sauna könnte sich Architekturprofessorin Langenberg an der Isar vorstellen.

Nicht nur, ob ein Flussbad in München möglich ist, sondern auch, wie es gestaltet werden könnte und wer es überhaupt betreiben soll, wird Inhalt einer Machbarkeitsstudie sein, die der Stadtrat im Juli in Auftrag gegeben hat. Diese Fragen sollen bis spätestens Ende kommenden Jahres geklärt werden. Es wäre durchaus denkbar, dass das Flussbad nicht von den Stadtwerken, sondern von einem Verein oder einem Konsortium betrieben wird.

Ein international tätiges Unternehmen mit Sitz in München zeigt sich jetzt schon an dem Engagement des Vereins Isarlust, die Pläne für ein Flussbad in München voranzutreiben, interessiert: die Green City Energy AG, eine Tochter der Münchner Umweltorganisation Green City. Jens Mühlhaus, einer der drei Vorstände von Green City Energy, betonte am Mittwoch: "Wir engagieren uns in diesem Projekt dauerhaft."

Das könne mit technischem Know-how geschehen oder mit Vorschlägen zur Finanzierung eines Flussbads. Das Unternehmen hat sich auf erneuerbare Energien spezialisiert und konzipiert und baut Solaranlagen, Wind- und Wasserkraftwerke, etwa das Praterkraftwerk in der Isar.

"Man muss es nur wollen"

Mühlhaus ist überzeugt, dass eine Bürgerinitiative am geeignetsten wäre, um den Bau eines Flussbads in der Münchner Innenstadt möglichst schnell umzusetzen. Da ein derartiges Bad wahrscheinlich keinen oder kaum Gewinn abwirft - es gibt bereits Überlegungen im Stadtrat, überhaupt keinen Eintritt zu verlangen - könnte sich Mühlhaus durchaus vorstellen, dass die Münchner selbst einen finanziellen Beitrag für das Bad leisten.

Das könnte über Crowdfunding funktionieren, einer Bürgeraktie oder einer Genossenschaft. In Hamburg etwa wurde der Jungfernstieg auch mit Hilfe eines Fördervereins umgestaltet. "München ist eine der reichsten Städte Europas, man muss es nur wollen", sagt Meck, der auch Dekan der Fakultät für Architektur an der Hochschule München ist. Er könnte sich auch vorstellen, sich weiter für das Flussbad-Projekt zu engagieren.

Im kommenden Jahr plant der Verein Isarlust, der sich seit Jahren für ein Bad im Fluss einsetzt einen Gestaltungswettbewerb für Architekten auszuschreiben, Meck wäre da sicherlich ein wichtiger Impulsgeber. "Der Wettbewerb soll aber kein Gegenentwurf zur Machbarkeitsstudie sein", sagt der Isarlust-Vorsitzende Benjamin David. Es geht ihm darum, aufzuzeigen, wie sich insbesondere junge Architekten ein Bad vorstellen könnten, mit dem die Isar in der Innenstadt besser erlebbar würde. Erste Visionen sind bereits jetzt drei Wochen lang in den Frühlingsanlagen südlich der Reichenbachbrücke auf Transparenten zu sehen. Vielleicht wird ja schon in ein paar Jahren eine dieser Visionen Wirklichkeit.

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SZ vom 06.10.2016/amm
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