Bad Tölz:"Der Preis hat mich beflügelt"

Nach zwei leichtfüßigen Projekten hat die Corona-Pandemie Florian Hüttner ausgebremst, nun arbeitet er am Katalog "bad"

Interview von Petra Schneider, Bad Tölz

Bad Tölz: Die Ausstellung „schlecht/bad Tölz“ in der Wandelhalle.

Die Ausstellung „schlecht/bad Tölz“ in der Wandelhalle.

(Foto: Manfred Neubauer)

Am Tag nach der Verleihung des Tassilo-Preises vor drei Jahren ist Florian Hüttner nach Georgien gefahren. In Tiflis hat er die Arbeiten eines Hamburger Kollegen präsentiert, als inszenierten Raum "Bar Mezzogiorno" in einer Galerie. Landschaften, urbane Räume und deren gesellschaftlich-politische Implikationen sind die Kunstfelder, in denen sich Hüttner bewegt. Kristallisationspunkt seiner Arbeit in Bad Tölz ist die Wandelhalle, die der 56-Jährige seit fast zehn Jahren mit ebenso anspruchsvollen wie anregenden Ausstellungen bespielt. In Zusammenarbeit mit der Hamburger Galerie für Landschaftskunst (GFLK) hat er Künstler wie den New Yorker Mark Dion, die renommierte Fotokünstlerin Katharina Sieverding aus Düsseldorf oder die Hamburger Konzeptkünstlerin Ina Arzensek nach Tölz geholt. Hüttner selbst konzipierte in seiner Werkschau "super/bad Tölz" die Wandelhalle als begehbare Landschaft mit Zäunen und Aussichtspunkten. Nun ist seit fast zwei Jahren Kunstpause.

SZ: Herr Hüttner, erst der Tassilopreis, dann Corona. Wie hat sich das für Sie ausgewirkt?

Hüttner: Also zunächst einmal hat mich der Tassilopreis beflügelt. Dass die SZ die Augen aufmacht für Dinge, die in der Region künstlerisch passieren, das freut mich. Ich habe die Preisverleihung wie ein Spiel empfunden, bei dem ganz verschiedene Ideen und Ansätze zum Vorschein kamen. Und das Preisgeld von 500 Euro ist natürlich eine schöne Anerkennung, hat mich aber auch nicht rausgerissen. Damit sind irgendwelche Löcher gestopft worden.

Wie sah die Beflügelung aus?

Wir haben Ende 2018 das große Projekt "Ein Brunnen für alle!" mit sechs Künstlerinnen und Künstlern aus dem In- und Ausland gemacht, das von der Quelle im Herderpark ausging. 2019 dann eine Ausstellung mit der Malerin Anna Schapiro, die mit ihren Bodenbildern die gesamte Wandelhalle bedeckt hat.

Und die wunderbare Inszenierung "Plus-Minus-Null" von Ina Arzensek, die in dem monumentalen Raum mit schwebenden Pappelsamen neue Koordinaten gesetzt hat.

Ja, genau. Das waren zwei sehr leichtfüßige Projekte. Dann kam Corona, und dann ging erst mal nichts mehr. Ich habe die Zeit genutzt und letztes Jahr den Katalog "bad" zu meiner Werkschau gemacht.

Ein 160-seitiges Buch, das die Ausstellung in der Wandelhalle und Ihren Arbeitsprozess sehr eindrücklich dokumentiert. Also war es eine gut genutzte Zwangspause?

Ja, denn den Katalog wollte ich schon lange machen, habe es aber vor mir hergeschoben. Für nächstes Jahr planen wir wieder eine Ausstellung in der Wandelhalle: Wahrscheinlich eine Fortsetzung des Brunnenprojekts, weil wir finden, dass das Thema Wasser noch nicht erschöpft ist. Dessen Wert und die Frage nach dem Eigentum von Grund und Boden, die wir noch mal stellen wollen, weil sie unserer Meinung nach noch nicht ausreichend gehört worden ist. Dafür müssen wir wieder eine Finanzierung beschaffen, und da sind wird gerade dran.

Florian Hüttner in Bad Tölz, 2018

Florian Hüttner studierte an der Akademie in München und an der Kunsthochschule Hamburg. Die Wandelhalle in seiner Heimatstadt Bad Tölz hat er in einen ausgefallenen Ausstellungsort verwandelt.

(Foto: Manfred Neubauer)

Gilt die Vereinbarung über die Nutzung der Wandelhalle mit Jodquellen-Chef Anton Hoefter noch?

Ja, wir sind nach wie vor Gast. Wir hatten ursprünglich einen Deal für vier oder fünf Jahre. Da sind wir längst drüber. Die Wandelhalle wurde 1929 zum Kuren, Wandeln und Wassertrinken gebaut. Dort Ausstellungen zu machen ist nicht einfach, aber eine tolle Herausforderung. Alle Künstler, die wir bisher eingeladen haben, waren begeistert. Wir haben unser Atelier und Lager hier und genießen das. Aber wir haben kein Dauerrecht, das war immer klar. Wenn es Pläne für eine andere Nutzung gibt, was sich aktuell aber nicht abzeichnet, würde ich mich wieder stärker nach Hamburg orientieren, zumindest beruflich. Mit der GFLK bin ich seit meinem Studium an der Hamburger Kunsthochschule eng verwurzelt. Aber ich bin in Tölz geboren und lebe mit meiner Familie hier. Und das würde auch so bleiben.

Wie tief ist Ihr Corona-Blues?

Das schlägt sich natürlich schon aufs Gemüt, weil der gesamte Kulturbetrieb eingeschlafen ist und man nur schwer an Aufträge kommt. Ich zeichne momentan viel und plane mit Till Krause von der GFLK das Projekt für nächstes Jahr. Und was ich natürlich immer noch super fände, ist die Idee einer "Kunsthalle Tölz". Aber dazu braucht man Leute, die das wirklich mit einem wollen.

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